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Landeshauptstadt: Werkstattverfahren in der Kritik

Linke fordern erneut Bürgerbefragung zur Zukunft des Mercure. Auch die SPD geht auf Distanz

Innenstadt - Die Abrissdebatte zum Hotel Mercure nimmt wieder Fahrt auf. Anlass sind die Entwürfe von sieben Architekten, die am Montag im Werkstattverfahren zur Neugestaltung des Lustgartens vorgelegt worden sind – und die alle ohne den 17-Geschosser planen. Die linke Opposition im Stadtparlament ist darüber verärgert, auch die SPD reagierte verhalten. Kritik kommt auch von der Weissen Flotte. Dagegen verteidigt die Stadtverwaltung das Verfahren.

Nicht überrascht von dem Ergebnis zeigte sich Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg: Angesichts der bekannten Vorbehalte von Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gegen den DDR-Bau sei zu vermuten gewesen, dass das gesamte Verfahren nur dazu diene, das Mercure für überflüssig zu erklären. Spätestens jetzt sei es an der Zeit, diese zentrale städtebauliche Frage mittels einer Bürgerbefragung zu erklären. Einen entsprechenden Antrag der Linken hatten die Stadtverordneten vor der Kommunalwahl mit Mehrheit – unter anderem mit Stimmen von SPD, CDU und Grünen – abgelehnt und auf das nun laufende Verfahren verwiesen. Insgesamt überzeugten ihn sämtliche vorgelegten Entwürfe nicht – geradezu abenteuerlich sei es, dafür 520 000 Euro auszugeben.

Das Geld kommt laut Stadtverwaltung „zu 100 Prozent aus Mitteln der Städtebauförderung“. Dennoch kommentierte Linke-Kreischef Sascha Krämer sarkastisch: „Das nenne ich hervorragend angelegtes Geld, in einer Stadt, in der permanent gesagt wird, sie habe keines.“ Da die Stadt auch keinen Zugriff auf das Mercure habe, seien die Entwürfe – jedes Architekturbüro erhält 20 000 Euro – nicht realisierbar, so Krämer. André Tomczak, Stadtentwicklungssprecher der linksalternativen Wählergruppe Die Andere, teilte mit, mit den Entwürfe würden alle Bürger übergangen, „die sich für den Erhalt des Gebäudes aussprechen“. In dem Verfahren stünden nicht die Funktionen des Lustgartens im Vordergrund, sondern eine lang vorbereitete Korrektur des Stadtbildes.

Auch die Sozialdemokraten gingen auf Abstand zum Werkstattverfahren. „Man muss aufpassen, dass man in dieser Stadt keine Fantasiediskussion führt“, sagte SPD-Chef Mike Schubert. Unter anderem verwies er auf Millionenkosten, sollte die Stadt das Hotel kaufen und abreißen. Zugleich verwies er darauf, dass im aktuellen Bürgerhaushalt die Forderung gewonnen habe, gerade kein städtisches Geld für den Mercure-Abriss auszugeben. „Man darf den Potsdamern jetzt auch nicht suggerieren, dass es um die kurzfristige Umsetzung dieser Entwürfe geht“, so Schubert.

Von „sehr einseitigen“ Planungen sprach Jörg Winkler, Geschäftsführer der Weissen Flotte. So sei in sämtlichen Entwürfen nur unzureichend berücksichtigt, dass das Havelufer des Lustgartens seit Jahrzehnten als Hafen für die Fahrgastschifffahrt diene. Dafür stehe der historische Lustgarten zu stark im Mittelpunkt, insofern seien die Planungen rückwärtsgewandt. Persönlich glaube er auch, dass die jetzigen Planungsergebnisse bei einem Abriss des Hotels in 20, 30 Jahren wertlos sein könnten.

Zustimmung kam am Dienstag von der CDU. Deren Fraktionschef Matthias Finken sagte den PNN, das Mercure-Hotel passe einfach nicht zur wiederentstehenden Potsdamer Mitte: „Es wirkt wie ein Fremdkörper.“ Insofern sei das Ergebnis des Verfahrens auch für ihn wenig überraschend. Die Frage der Finanzierung stelle sich gleichwohl derzeit nicht, angesichts der anstehenden Investitionen in Schulen und die Verkehrsinfrastruktur. „Man darf aber durchaus Visionen entwickeln, wie Potsdam in einigen Jahrzehnten einmal aussehen soll“, so Finken.

Potsdams Baudezernent Matthias Klipp fühlt sich durch die Vorschläge der Planungsteams in seiner Sicht bestätigt. Er habe eine kritische Auseinandersetzung mit dem Hotel erwartet. Schließlich sei das Hotel bereits in den vorbereitenden Untersuchungen für das Sanierungsgebiet Potsdamer Mitte als städtebaulicher Missstand und Fehlnutzung des Lustgartens beschrieben, so Klipp. „Dass keines der Büros einen Vorschlag machen konnte, wie der Lustgarten perspektivisch mit Hotel aussehen könnte, ist trotzdem bemerkenswert“, so Klipp.

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