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Lesestadt Waldstadt. Franziska Schulze (oben) leitet seit Ende Dezember die kleine Zweigstelle der Stadt- und Landesbibliothek hinter dem Waldstadtcenter. Ein Leseort, der gebraucht wird, finden auch Lara Drenske, Amelie und Isabell Karrupan (unten, v. l.n.r.).

© r.b.

Waldstadtbibliothek: Die Zweigstellenfrau

Franziska Schulze ist die neue Leiterin der Waldstadtbibliothek. Den Ort kennt sie seit ihrer Kindheit. Jetzt ist es ihr Lieblingsarbeitsplatz

Als die Bibliothek in Waldstadt 1985 eröffnete, war Franziska Schulze vier Jahre alt. Ihre Familie lebte in dem neu entstandenen Wohngebiet. Sie erinnert sich noch gut daran, wie sich das anfühlte, hierher zu kommen, in die kleine, heimelige Lese-Welt mit hohen Bücherregalen und Teppichboden.

Nicht viel anders vermutlich als heute, denn die Zweigstellenbibliothek hat sich, äußerlich jedenfalls, kaum verändert. Franziska Schulze allerdings ist nicht mehr Nutzerin, sondern seit Ende Dezember Leiterin der kleinen Bibliothek. Ihre Ankunft an ihrem neuen Arbeitsplatz sei ein bisschen wie ein Nachhausekommen gewesen, sagt sie: „Es ist schön, wieder hier zu sein.“ Die kleine Bücherwelt hinter dem Einkaufszentrum, ein bisschen abseits, von Kiefern flankiert, von zwei der größeren Waldstadt-Hochhäusern überragt, ist ihr Wunscharbeitsplatz. Sie kennt die Hauptbibliothek im Bildungsforum, dort hatte sie zuletzt eine Stelle für interkulturelle Bibliotheksarbeit inne. Aber dann suchte man in Waldstadt eine Nachfolgerin für die in den Ruhestand gehende Leiterin, und Schulze griff zu. „Ich bin eben ein Zweigstellenmensch“, sagt sie. Sie mag die persönliche Atmosphäre, die übersichtlichen Räumlichkeiten, in denen man schnell Bindungen zu den Besuchern aufbauen kann. Man kennt sich hier in Waldstadt. Die drei Mitarbeiter wissen von den Vorlieben mancher Leser und wer wie oft und wann vorbeikommt. „Dem einen legen wir dann seine Zeitung zurecht und Frau Sowieso bekommt Teil sechs der Nightingale-Schwestern“, erzählt Schulze.

Die 36-Jährige absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Fachangestellten für Medien und Informationsdienste und studierte anschließend Bibliotheks- und Informationswissenschaften, in Potsdam und Leipzig. In Potsdam arbeitete sie eineinhalb Jahre lang in der Zweigstelle am Stern. Dort entdeckte sie ihre Vorliebe für kleine Einrichtungen.

Davon gab es im Potsdamer Stadtgebiet zur DDR-Zeit noch mehr als jetzt. Nur zwei Standorte, Am Stern und in Waldstadt, wurden erhalten. Es sollten wieder mehr werden, findet Schulze: „Potsdam wächst, man muss beispielsweise darüber nachdenken, wie künftig der ganze Norden abgedeckt werden soll.“

Auch wenn der Bedarf da ist und die Besucher das Angebot nutzen – die Herausforderung der kleinen Zweigbibliotheken bestehe darin, zukunftsfähig zu bleiben, sagt Schulze. Trotz kuscheliger Atmosphäre und begrenzter Räumlichkeiten braucht eine Bibliothek heute unbedingt moderne Technik, PC-Arbeitsplätze, W-Lan und aktuelle Zeitschriften. In Waldstadt zählen sie etwa 130 Besucher am Tag, das sei ganz ordentlich. Die größte Nutzergruppe sind die Kinder, dann kommen Erwachsene zwischen 25 und 45 Jahren. Es fehlen: die Jugendlichen. Das sei aber zum Teil ein normaler Trend, sagt Schulze. „Und wer einmal herfindet, der kommt gerne wieder.“ Trotzdem möchte sie mehr für diese Altersgruppe bieten können. Sie wünscht sich eine engere Zusammenarbeit mit Schulen, und nicht nur Grundschulen, um genauer auf deren Wünsche eingehen zu können – etwa wenn es um unterrichtsbegleitendes Material geht. Das ist natürlich alles auch eine Geldfrage. Aber in der Regel bestimmt Schulze selbst, was neu angeschafft wird. Das ist ein Spielraum, den sie bewusst nutzen möchte.

Die Bibliothek muss mit den Veränderungen des Wohngebiets mitgehen, findet die neue Leiterin. „Waldstadt verjüngt sich gerade, viele junge Familien ziehen hierher“, sagt sie. Im Brunnenviertel etwa entstehen Eigentumswohnungen. „Die Homogenität der ursprünglichen Plattenbausiedlung verliert sich“, sagt Schulze. Im Blick behält sie zudem die veränderten Bedürfnisse einer neuen, interkulturellen Leserschaft.

Die drei Mädchen, die es sich an diesem Feriennachmittag in der Kinderleseecke gemütlich gemacht haben, denken über so etwas nicht nach. Sie suchen neuen Lesestoff. Sie wohnen gleich um die Ecke und treffen sich oft in der Bibliothek, die neue Leiterin kennen sie auch schon. „Ich finde es schön, dass die Bibliothek so klein ist, da muss man nicht lange nach seinen Büchern suchen“, sagt Lara Drenske.

Ein paar Meter weiter hat sich Margitta Klein zum Lesen in einen der beiden Ohrensessel am Fenster gesetzt. Die Sessel waren die Spende eines Nachbarn, eine hübsche Abwechslung zwischen den sonst eher praktischen Möbeln. Klein ist eine von etwa sieben ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, die stundenweise aushelfen. „Bücher annehmen, ins Regal einordnen oder DVDs sortieren“, erklärt die Rentnerin. Die Stunden in der Bibliothek seien eine schöne Abwechslung.

Auch Schulze liebt die Abwechslung, sie findet es gut, dass sie hier für fast alles zuständig ist. Wenn Kitagruppen zu Besuch kommen, wird sie zur Vorleserin, wenn sie Graffiti an der Fassade entdeckt, kümmert sie sich um dessen Entfernung. Auch das große Loch in der Decke des Magazins, das den Blick freigibt auf das Innere der Dachkonstruktion, müsse endlich geflickt werden. Vor dem Sommer möchte Franziska Schulze zudem den Lesegarten – eine kleine, eingefriedete Terrasse unter hohen Kiefern – aufhübschen, damit er wieder verstärkt genutzt werden kann. „Das ist der einzige Bibliotheksfreisitz in Potsdam, das gibt es sonst nirgendwo“, sagt sie. Und träumt von einem Kaffeeautomaten, damit man nicht erst weit laufen muss, wenn man zum Buch einen Kaffee braucht.

Hintergrund: Neue Mitarbeiterin in der Waldstadtbiliothek

Auch im Haupthaus der Stadt- und Landesbibliothek (SLB) im Bildungsforum gibt es eine neue Mitarbeiterin: Sandra Schieder gehört seit Januar zum Team des Bereichs Kinderwelt. Die 30-jährige ist Lehrerin für Deutsch und Latein und arbeitete zuletzt an der Universität des Saarlandes als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Fachdidaktik Deutsch Primarstufe. Erfahrungen für die Bibliotheksarbeit sammelte sie als Praktikantin. In der Potsdamer Kinderbibliothek, ein Ort, wo lebenslanges und bereichsübergreifendes Lernen beginnt, so Schieder, ist sie jetzt zuständig für Kinderliteratur, Leseförderung und die Elternbibliothek. In der Kinderwelt finden regelmäßig Vorlese-Veranstaltungen statt, in einer sogenannten Hörbox kann man Geschichten und Musik über Kopfhörer erleben. Rund 30 000 Medien, Bücher, Comics und Mangas, Musik-CDs, Kinderfilme auf DVDs und Blu-Ray-Disc, Zeitschriften, Gesellschaftsspiele und Konsolen- und Computerspiele sind vorrätig. 

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