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Wahlkampf im Frauenzentrum Potsdam: Regieren mit Credo – oder wenn ein Anruf genügt

Einige der Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl stellten sich im Frauenzentrum den Fragen der Wähler. Dabei waren unter anderem Bezahlungen unter Tarif und mangelnde Kitaplätze Thema.

Potsdam - „Was möchten Sie für die Frauen und Mädchen der Stadt Potsdam tun?“ – das wollten die Frauen vom Frauenzentrum am Donnerstag von den Gästen wissen. „Frauen Stimmen Gewinnen – Potsdam wählt eine/n neue/n Oberbürgermeister/in“ lautete das Motto des Abends, bei dem fünf Bewerber – Janny Armbruster von den Grünen, Lutz Boede von der Wählergruppe die Andere, Götz Friederich, CDU, Mike Schubert, SPD und Martina Trauth für Die Linke – um das Amt „auf Herz und Nieren“ geprüft werden sollten. Dabei gab es keine ganz überraschenden Erkenntnisse. Man war sich allerdings einig: Es gibt keine kurzen und einfachen Antworten und alles kostet Geld. 

Moderatorin Verena Letsch vom Frauenpolitischen Rat Brandenburg arbeitete dennoch diszipliniert den straffen Fragenkatalog des gastgebenden Hauses und des Publikums ab. Wenig überraschend ging es um Themen, die vor allem Frauen betreffen: das niedrige Lohnniveau der Pflegeberufe, Kitaplatzmangel, Altersarmut und fehlende Chancengleichheit.

„Die Kitaplatzverteilung in Potsdam ist desaströs“

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss besser werden, so Schubert, dafür wird es bald mehr Kitaplätze geben. „Die Kitaplatzverteilung in Potsdam ist desaströs“, warf eine Zuhörerin ein – von Potsdams vielgerühmter Kinderfreundlichkeit weit entfernt. Sozialdezernent Schubert klagte, man habe ihm vor zwei Jahren, als er das Amt übernahm, einen „gut bestellten Fachbereich“ versprochen. Allerdings sei die Stadt zu schnell gewachsen. „Da müssen wir natürlich nachsteuern“. 

Wenn es mehr Frauen in Führungsebenen und vor allem im Bereich der Stadtplanung gäbe, dann sähe es heute in Potsdam anders aus, sagte Martina Trauth, derzeit Gleichstellungsbeauftrage im Rathaus. „Die Stadt wurde in den letzen Jahren ausschließlich von Männern gebaut.“ Es brauche deshalb mehr Mechanismen zur Förderung von Frauen und am besten eine feste Quote, forderte Armbruster von den Grünen. „Das praktizieren wir seit Jahren mit Erfolg.“

„Das haben wir vor einigen Jahren versucht. Für Aufsichtsräte ist das ist rechtlich nicht umsetzbar“, sagte Schubert. Man werden aber bei der Neubesetzung von etwa 100 Stellen im Rathaus in den kommenden Jahren auf eine paritätische Verteilung achten. „Da liegen Chancen.“ Trauth kann sich auch Führung in Teilzeit vorstellen. Wenn es nur einen Aufsichtsratsposten zu besetzen gibt, könnten sich ein Mann und eine Frau den Posten teilen. „Das wäre mal interessant“. „Es gibt Gestaltungswege, wenn man will“, sagte Götz Friederich. „Grundsätzlich sollten vor allem Qualifikationen zählen.“

Ernst-von-Bergmann-Klinikum zahlt unter Tarif 

Auch dass Frauen häufig in Pflegeberufen arbeiten und zudem am Ernst-von-Bergmann-Klinikum unter Tarif bezahlt werden, sein ein Problem, so eine Zuhörerin. Lutz Boede würde das gerne lösen: „Ein Anruf des OB an den Klinik-Geschäftsführer genügt, und das Klinikum muss zurück in den Arbeitgeberverband und nach Tarif bezahlen.“ Stattdessen habe man Kliniken im Land Brandenburg eingekauft. Auch Götz Friederich würde als Rathauschef diesen Anruf tätigen – solange es finanziell darstellbar ist. Zwei Millionen koste die Rückkehr in den Klinikverband, rechnete Schubert vor. Aber die unterbezahlte Krankenschwester rutscht in die Altersarmut, das kostet die Stadt dann später, konterte Boede.

Auch Bus- und Bahnfahrer werden in Potsdam deutlich schlechter bezahlt als in Berlin, sagte Trauth. „Und wir haben dann hier ein Mobilitätsproblem.“ Als Oberbürgermeisterin möchte Trauth zudem die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten stärken. Davon würden auch Männer profitieren. „Manche Väter trauen sich nicht, Elternzeit zu nehmen.“

Finanzierung des Frauenzentrums

Damit es besser läuft in Potsdam, wünschte sich Armbruster eine faire Gesprächskultur. Friederich möchte die Verwaltung auf Vordermann bringen. „Die Verwaltung muss wieder Dienstleister werden und für die Bürger da sein“. Lutz Boede wünschte sich eine Frau an der Spitze des Kommunalen Immobilienservice. „Da würde manches anders laufen“. Eine auskömmliche Finanzierung des Frauenzentrums hielten alle Kandidaten für wichtig. Im Grunde brauchten auch alle freien Kulturträger längerfristige Förderzusagen. Aber man sei ja schon stolz, dass sie nun Mindestlohn zahlen können, sagte Armbruster.

Das Frauenhaus fragte die Kandidaten zuletzt zu ihrer Motivation: Friederich möchte, bei allen Problemen, die schönen Seiten der Stadt wieder mehr hervorkehren. „Dieses Credo vermisse ich derzeit beim jetzigen OB.“ Janny Armbruster möchte die liebenswerte Stadt gemeinsam mit den Bürger gestalten – und auch Trauth möchte ein Potsdam von allen für alle. Lutz Boede möchte als OB die Ungerechtigkeiten in der Stadt bekämpfen und Mike Schubert den Schwung, mit dem er derzeit den Fachbereich Soziales leitet, mitnehmen in den neuen Job. „Eigentlich wären Sie alle gemeimsam ein nettes OB-Team“, sagte abschließend Jenny Pöller vom Frauenhaus.

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