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Die Missbrauchsvorwürfe gegen den Jugendpfarrer Uwe D. erschütterten die evangelische Kirche in Potsdam.

© P. Pleul/dpa

Vorwurf: Sexuelle Belästigung von Minderjährigen: Neue Vorwürfe gegen Potsdamer Jugendpfarrer

Ein Disziplinarverfahren gegen den Potsdamer Jugendpfarrer Uwe D. wegen sexueller Belästigung von Minderjährigen wurde 2013 ergebnislos beendet. Jetzt meldet sich ein mutmaßliches Opfer bei den PNN. Wird der Fall noch einmal neu aufgerollt?

Potsdam - Gegen den früheren Jugendpfarrer Uwe D. gibt es weitere Vorwürfe der sexuellen Belästigung von Minderjährigen. Damit könnte ein vor Jahren ergebnislos beendetes Disziplinarverfahren der Kirche gegen den heute 83-jährigen Potsdamer wieder aufgerollt werden.

Pfarrer Uwe D. sei manchmal "komisch mit Jungs"

An die PNN hat sich in dieser Woche ein mutmaßliches Opfer des Gottesmannes gewandt. Aron A. (Name geändert, ist der Redaktion allerdings bekannt) ist heute 54 Jahre alt und lebt in Budapest. Bei Recherchen im Internet stieß der heutige Übersetzer auf die schon vor Jahren erhobenen Missbrauchsvorwürfe gegen D., die zwischen 2010 und 2013 die evangelische Kirche in Potsdam erschüttert hatten. Die Schilderungen, die Aron A. las, erinnerten ihn an seine Erlebnisse mit dem Pfarrer. Demnach waren beide Familien befreundet und der damals 14-Jährige durfte mit dem Kirchenmann und dessen damaliger Frau in die Ferien auf die Insel Rügen fahren. Dabei habe ihn ein Onkel vorher gewarnt: D. sei manchmal „komisch mit Jungs“.

Doch erst im Ferienhaus verstand A., was damit gemeint war – als D. mit dem Jungen in einem Bett nächtigen wollte. „Ich musste in einem Doppelbett mit ihm schlafen, seine Frau schlief im selben Zimmer auf einem Klappbett am Fuß des französischen Bettes.“ In einer Nacht habe der Pfarrer dann in erregtem Zustand versucht, sich an ihm zu befriedigen. „Ich habe ihn damals nicht merken lassen, dass ich aufgewacht war – sondern drehte mich um, damit ich von ihm loskomme“, erzählt Aron A. Das Ganze sei anschließend nicht angesprochen worden und glücklicherweise nur einmal vorgekommen. Dennoch hätten ihm die Erinnerungen daran noch über Jahre hinweg zugesetzt, sagt Aron A. heute. Gleiches gelte für Besuche mit D. und dessen Frau an einem FKK-Strand. Diese seien für ihn ungewohnt gewesen und er habe sie als unangenehm empfunden.

Wird das beendete Disziplinarverfahren wieder aufgenommen?

Er prüfe nun, ob und wie er heute noch gegen D. vorgehen könne, sagte A. den PNN. Auch an die Kirche in Potsdam hat er sich inzwischen gewandt – vor allem an Superintendent Joachim Zehner, der schon im Frühjahr 2010 gegen Uwe D. eine Strafanzeige stellte, nachdem er mit einem mutmaßlichen Opfer des Pfarrers gesprochen hatte. Zehner sagte am Rande der derzeitigen Frühjahrssynode des Potsdamer Kirchenkreises auf Anfrage, nun müsse geprüft werden, ob das 2013 folgenlos beendete Disziplinarverfahren gegen D. wieder aufgenommen werden könne. Damals war ein Zeuge, der noch drei Jahre zuvor gegenüber der Staatsanwaltschaft schwere Vorwürfe gegen D. erhoben hatte, nicht mehr bereit gewesen, seine Geschichte gegenüber der Disziplinarkammer der Evangelischen Kirche noch einmal zu wiederholen.

Damals hatte D. die Kürzung seiner Pension gedroht. Versuche der Potsdamer Kirchenleitung, ihm seine günstige Gemeindewohnung in der Innenstadt zu nehmen, waren zuvor schon aus rechtlichen Gründen gescheitert. Strafanzeigen, auch zu Missbrauchsvorwürfen von einstigen Schützlingen gegen den Mann, wurden nicht weiter verfolgt, weil die Vorfälle bis zu 30 Jahre zurücklagen und damit laut Staatsanwaltschaft bereits verjährt waren. So hatte ein früherer Potsdamer den PNN 2010 erzählt, dass D. ihm Ende der 1970er-Jahre bei einer Jugendreise nachts gegen seinen Willen an die Genitalien gefasst habe.

Schon Jahre vorher gab es Vorwürfe

Der Fall hatte auch für innerkirchliche Auseinandersetzungen gesorgt: Nach einem Streit über den Umgang mit den Missbrauchsvorwürfen hatten Zehner und die Landeskirche den Gemeindekirchenrat der Heilig-Kreuz-Gemeinde wegen mehrfacher Amtspflichtverletzung auflösen lassen, weil das Gremium den Anschuldigungen gegen den früher in der Gemeinde tätigen Pfarrer nicht sorgfältig genug nachgegangen sei. Hinweise auf Vorwürfe gegen Uwe D. habe es schon Jahre vorher gegeben, lautete ein Vorwurf. So gelte für D. auch weiterhin ein Betretungsverbot für den Kindergarten der Gemeinde. Eltern, deren Kindern die Einrichtung besuchten, hatten D. 2010 wegen Misshandlung angezeigt, später wurden auch diese Ermittlungen wieder eingestellt.

D. hatte die von mehreren Seiten erhobenen Vorwürfe stets bestritten und sich als Opfer einer Rufmord-Kampagne gesehen, da er entgegen der Kirchenlinie gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche agitiert habe. Auch die neuen Vorwürfe von Aron A. weist er zurück. Bevor sich A. an die PNN wandte, hatte er den Pfarrer per E-Mail angeschrieben und mit seinen Erinnerungen konfrontiert, ihm auch mit rechtlichen Konsequenzen gedroht. Uwe D. antwortete Aron A., dieser verunglimpfe ihn auf abscheuliche Weise: „Du wirst keinen ,Erfolg’ haben, weil dir keiner glauben wird und kann.“ Er habe nie pädophile Neigungen gehabt – und er sei in Potsdam gut bekannt als „erfolgreicher Pfarrer“. Ob der Junge damals, 1977, in seinem Bett geschlafen habe, wisse er nach vielen Jahrzehnten freilich nicht mehr, er halte „das aber für höchst unwahrscheinlich, weil ich so etwas niemals wollte“. Doch genau dieses Leugnen brachte A. dazu, den Fall öffentlich zu machen: „Hätte Uwe D. sich entschuldigt, auch bei den anderen Opfern, hätte ich die Geschichte ruhen lassen.“

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