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Die von der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye herausgegebene Aufnahme zeigt einen Seenotretter, der zu einem Flüchtlingsboot schaut. Potsdam will den Verein nun unterstützen.

© dpa

Vor Flüchtlingskonferenz: Potsdam übernimmt Patenschaft für Seenotretter

Die Stadt Potsdam wird kurzfristig eine Patenschaft für Seenotretter im Mittelmeer übernehmen. Diese wird Oberbürgermeister Mike Schubert in wenigen Tagen in Palermo besiegeln. Einen Disput dazu gab es mit der AfD.

Potsdam - Die Stadt Potsdam wird eine Patenschaft für Missionen der zivilen Seenotrettung der Hilfsorganisation Sea-Eye übernehmen. Das haben die Stadtverordneten in ihrer Sondersitzung am Mittwoch mit deutlicher Mehrheit beschlossen - Widerstand gab es allerdings aus der AfD.

Eine teils polemisch geführte Debatte

Die Debatte mit den Fraktionsmitgliedern der als teilweise rechtsextrem geltenden Partei zeigte die tiefe Spaltung, die es auch im Stadtparlament beim Umgang mit Flüchtlingen gibt. So sagte der AfD-Mann Sebastian Olbrich, seine Familie und er würden eben den Menschen helfen, wo sie auch wohnen. Seine Ablehnung, Flüchtlingen auch hierzulande zu helfen, begründete er damit, weitere Vergewaltigungen und Morde verhindern zu wollen. Schließlich entzog Stadtpräsident Pete Heuer (SPD) dem AfD-Vertreter das Wort, wegen diskriminierender Äußerungen. Ebenso untersagte er es dem Bundestagskandidaten der AfD in Potsdam, Tim Krause, die Redebeiträge weiter zu filmen – schließlich werde die gesamte Sitzung schon im Internet übertragen. Von der Fraktion Die Andere attackierte wiederum Carsten Linke die AfD als „die eigentliche Schande“, die in der Debatte gezeigte Menschenfeindlichkeit sei geradezu „unerträglich“. Rathauschef Mike Schubert (SPD) kritisierte, dass von der AfD vertretene Weltbild eines Europas der Völker habe den Kontinent mehrfach ins Verderben gestürzt.

20.000 Euro für die Patenschaft

Laut dem Beschluss ist die Patenschaft zunächst für zwei Jahre vorgesehen, in dem Rahmen will Potsdam mit insgesamt 20.000 Euro den Verein mit Sitz in Regensburg unterstützen. Damit solle das Thema Seenotrettung in der Öffentlichkeit bekannter gemacht werden, etwa mit gemeinsamen Veranstaltungen, hieß es. In früheren Beschlüssen hatten die gewählten Stadtverordneten bereits für die freiwillige Aufnahme von geretteten Flüchtlingen votiert: Seit Ende 2018 waren so rund 80 Personen zusätzlich in Potsdam aufgenommen worden. Der für die Patenschaft auserkorene Verein Sea-Eye e. V. ist nach eigenen Angaben eine zivile Hilfsorganisation, die sich 2015 gegründet hat, „um dem Sterben im Mittelmeer nicht länger tatenlos zuzusehen“. Das Agieren sei „eine Antwort auf die gescheiterte Migrationspolitik der Europäischen Union, die sich ihrer Verantwortung für die tausenden Todesfälle im Mittelmeer verweigert“, so der Verein. Die italienischen Behörden hatten zuletzt ein Schiff der deutschen Seenotretter gegen deren Willen im Hafen der sizilianischen Stadt Palermo festgesetzt – nachdem man nach eigenen Angaben 408 Bootsmigranten aus dem zentralen Mittelmeer gerettet und sie nach Pozzallo auf Sizilien gebracht hatte. Allerdings gibt es auch in Italien eine unterschiedliche Sicht auf Seenotretter: Der Bürgermeister der Stadt Palermo, Leoluca Orlando von der Anti-Korruptionspartei „Italia dei Valori“, ernannte die Schiffscrew nach der aktuellen Aktion wegen ihres Engagements zu Ehrenbürgern.

Konferenz in Palermo

Die am Mittwoch im Stadtparlament beschlossene Seenotretter-Patenschaft ist kein Zufall. Denn am Donnerstag (7.6.) reist Oberbürgermeister Schubert nach Palermo – zu dem internationalen Treffen „From the Sea to the City – Eine Konferenz der Städte für ein einladendes Europa“. Das Treffen ist laut Schubert ein Schritt zur Schaffung eines europäischen Netzwerks von Städten und Gemeinden, die aus Seenot gerettete Geflüchtete aufnehmen. Dem würden sich noch mehrere größere Städte anschließen. Allein in Deutschland seien mittlerweile 100 Kommunen so organisiert, demokratisch legitimiert durch ihre gewählten Gemeindevertretungen. Miteinander wolle man sich für eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen in Europa einsetzen, so Schubert. Begleitet wird er laut Angaben der Stadtverwaltung von der Rathaus-Bereichsleiterin für Partizipation und Tolerantes Potsdam, Maria Pohle, sowie einer Referentin für Städtepartnerschaften und internationale Beziehungen. Abflug ist Donnerstagmorgen, Rückkehr am Samstag. Die Seenotretter-Patenschaft soll direkt in Palermo geschlossen werden. „Seenotrettung ist eine humanitäre Pflichtaufgabe, egal aus welchem Grund die Menschen in Seenot geraten sind“, sagte Schubert in einer Mitteilung.

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