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Der Sponsor präsentiert die Trikots: Oliver Enke, Direktor der Weberbank, überreichte gestern die Dienstkleidung an die ersten Grünen Damen, Rosemarie Fromm und Angela Dienst (r.), die im September ihre Arbeit aufnehmen sollen.

© Andreas Klaer

Von Peer Straube: „Grüne Damen“ für die Patienten

Klinikum „Ernst von Bergmann“ setzt künftig verstärkt auf Ehrenamt im Pflege- und Betreuungsdienst

Von Peer Straube

Grün ist die Hoffnung und daher soll dies ihre Erkennungsfarbe sein: Ab September sollen „Grüne Damen“ und „Grüne Herren“ ehrenamtlich die Pflegedienste im Klinikum „Ernst von Bergmann“ verstärken. Nicht unbedingt medizinische Fachkompetenz ist erforderlich, Laien sind willkommen – wichtig ist der Spaß daran, Menschlichkeit weiterzugeben und ein offenes Ohr für die Patienten zu haben, zuzuhören, vorzulesen, Gespräche zu führen – eben all das, was Ärzte und Krankenschwestern nicht in diesem Maße leisten können.

Für Sebastian Dienst, Pflegedirektor des städtischen Krankenhauses, ist das Projekt eine „Herzensangelegenheit“. Am gestrigen Montag hatte er Interessierte eingeladen und die Notwendigkeit, in der Pflege neue Wege zu beschreiten, mit einer Reihe von Daten und Fakten unterfüttert. Bis 2020, so die Prognose, wird der Anteil der über 75-Jährigen in Potsdam um gut 1800 und damit um stolze 61 Prozent steigen – und gleichzeitig auch die Zahl der Pflegebedürftigen. Bereits heute werde deutschlandweit rund die Hälfte der zwei Millionen Betroffenen der Pflegestufen eins bis drei von Angehörigen betreut, die dabei oft an ihre Belastungsgrenzen stießen. Diese müssten dringend entlastet werden, etwa durch zusätzliche Inanspruchnahme professioneller ambulanter Pflegedienste. Oft wüssten die betreuenden Laien gar nicht, dass sich Angebote koppeln ließen und es dafür auch eine Kostenerstattung gebe. Oder, dass man sogar Urlaub machen kann, währenddessen ein anderer die Pflege übernimmt, das Geld also weitergezahlt wird. Würden pflegende Laien entlastet, verbessere sich automatisch deren Betreuungsqualität, was wiederum zur Folge habe, dass die Betreuten nachweislich später in ein Pflegeheim müssten, erklärte Dienst. Steuere man in Potsdam nicht entgegen, steige der Anteil der Pflegebedürftigen bis 2020 um 60 Prozent, warnte der Pflegedirektor.

Als eine erste Maßnahme will das Klinikum daher im Frühjahr 2011 erstmals eine „Pflege-Uni“ für Angehörige durchführen. Die Teilnehmer werden in acht Seminaren geschult, deren Themen sich mit Pflegemöglichkeiten zu Hause befassen, etwa Thromboseprophylaxe. Wer an allen Seminaren teilnimmt, soll vom Klinikum einen Bachelor bekommen. Pflege müsse als zentrales Thema der Gesellschaft etabliert werden, forderte Dienst.

Diese Aufgabe kommt auch den „Grünen Damen“ zu. Rund 20 Stunden monatlich sollten Interessierte zur Verfügung haben, Kraft und Fähigkeit haben, sich mit Alter und Krankheit auseinanderzusetzen sowie liebevoll und nachsichtig mit Kranken umzugehen. Sie werden in drei Seminaren geschult, etwa in Krankenbeobachtung, Hygiene und Datenschutz im Krankenhaus sowie Umgang mit den Patienten.

Ein Team von sechs Frauen hat Dienst schon zusammen – seine Mutter Angela, 60, ausgebildete Krankenschwester macht auch mit. „Ich weiß, dass das gebraucht wird“, sagte sie. Seit gestern ist auch ein „Grüner Herr“ mit im Boot. Michael Ulbrich meldete sich nach dem Vortrag spontan zum Einsatz. Im letzten Jahr habe er eine schwere Herzoperation überstanden, sagte der 69-Jährige. „Da hätte ich auch gerne jemanden gehabt, der sich um mich kümmert.“ Nun wolle er „etwas zurückgeben“ und seinerseits helfen.

Perspektivisch will der Pflegedirektor ein Team von 40 bis 60 „Grünen Damen und Herren“ aufbauen, die die 900 Klinikumsmitarbeiter im Pflegedienst unterstützen sollen. Finanzielle Hilfe erfährt das Projekt durch den Freundes- und Förderkreis des Krankenhauses, dem es gelang, die Weberbank als Sponsor für die grüne Dienstkleidung und einen Teil der Schulungen zu gewinnen.

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