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Großes Interesse, heftige Vorwürfe und Emotionen: Am Montagabend fand die erste Podiumsdiskussion zum Thema Uferstreit am Griebnitzsee statt. Moderator der 90-minütigen Runde im Truman-Haus war PNN-Chefredakteur Michael Erbach.

© Andreas Klaer

Von Henri Kramer: Emotionen statt Argumente

Erste öffentliche Podiumsdiskussion zum Uferstreit: Ein Lehrstück, wie Gegner aneinander vorbeireden

Der Satz sitzt. „Ein nicht existierender Weg lässt sich nicht sperren“, sagt Christoph Partsch am Montagabend. Der Anwalt lässt den Satz nicht irgendwo fallen, sondern vor rund 150 Zuschauern. Sie sind ins Truman-Haus zur ersten öffentlichen Podiums-Diskussion zum Uferstreit gekommen. Und fragen sich, wie es weitergehen soll, nachdem vor einem Monat der physisch freilich existente Uferweg am Griebnitzsee von Anrainern gesperrt worden ist. Von einigen dieser Anwohner ist Partsch der Anwalt – der diesmal jedoch Wert darauf legt, nicht in dieser Funktion zu sprechen, sondern als Privatmann, der aber ein „kleines Flurgrundstück“ am Ufer besitzt. Für seine juristisch exakt klingende „Es-gibt-keinen- Weg“-Argumentation erntet er gleich zu Beginn der Runde provoziert-entrüstetes Murren aus den Publikumsreihen.

Oft bestimmen Emotionen diesen von der Friedrich-Naumann-Stiftung organisierten Abend, an dem die große Mehrzahl der Zuschauer eindeutig pro Uferpark eingestellt ist. Sie sind das murrende oder klatschende Echo einer Diskussion, die sich vielfach in Details verliert. Denn Partsch und eine Gruppe um Uferweg-Anwohner Wolfhard Kirsch streiten mehrfach mit Potsdams Kämmerer Burkhard Exner (SPD) und „Griebnitzsee für Alle“- Aktivist Walter Raffauf darum, wer wen wann in den Verhandlungen enttäuscht hat, wer die verfahrene Lage verantwortet. So nennt Partsch die „dauernden Rechtskreationen“ der Verwaltung für einen freien Uferweg „nicht hilfreich“. Er kann sich dabei auf erfolgreiche Klagen, zuletzt vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg berufen – und hofft auf die mögliche Niederlage der Stadt beim nächsten Gerichtstermin in einer Woche, wenn geprüft wird, ob der Bebauungsplan für das Ufer zulässig ist.

Überzeugen aber kann Partsch seine Gegner mit seinen Argumenten nicht. Im Gegenteil: Exner beispielsweise sagt, das Verhalten der sperrenden Anrainer grenze an „Spekulation“. Sie hätten im Wissen um den Uferweg ihre Grundstücke vor Jahren zum Vorzugspreis erworben. Und wollten nun, um den Wert ihrer Areale zu erhöhen, eben diesen Weg wegmachen, so Exner: „Es gilt der Grundsatz: Gekauft wie besichtigt.“ Raffauf ätzt einmal in Richtung Partsch, dass der die „Leute veralbert.“ Applaus brandet auf.

In dieser Atmosphäre traut sich Potsdams FDP-Chef Marcel Yon, dafür Verständnis zu zeigen, „wenn Anrainer nicht mehr mit der Stadt reden wollen“. Er warnt vor „signifikanten Entschädigungskosten“ bei einer Enteignung – in einem aktuellen Gutachten ist von einer halben Million Euro je Grundstück die Rede. Yon spricht wegen solcher Summen von „dringenderen“ Problemen, die Potsdam hat, wofür er lieber Geld ausgeben möchte. Die Anregung verhallt, ohne Beifall.

Lieber hören da die Gäste, wie der Professor Hansjörg Elshorst, der auch am Griebnitzsee wohnt, aus dem Publikum heraus Partsch angreift und ihn vor der „Zerstörung der Nachbarschaft“ warnt, falls der Weg dicht bleiben sollte. Auch Naumann-Stiftungsvorstand Rolf Berndt hat im Fall Griebnitzsee längst „sozialpolitischen Sprengstoff“ erkannt. Als Lösung schlägt Berndt vor, den Weg vielleicht nur am Tag und nur eingeschränkt mit dem Fahrrad zu nutzen. Er setze auf Dialog statt auf Enteignungen.

Doch machen solche Gespräche noch Sinn? Zwar hat die Stadt mit Lothar de Maizière (CDU) und Hans Otto Bräutigam (parteilos) zwei bekannte Mediatoren gewinnen können. Ein neuer Verhandlungstermin ist aber fraglich. Entschieden wird das laut Anwalt Partsch erst nach dem OVG-Urteil am 28. Mai zum Ufer-Bebauungsplan. „Wir warten diesen Termin ab, dann sehen wir weiter“, sagt Partsch. Als er später einmal mehr geschliffen seine Rechtssicht doziert, stöhnt eine Zuschauerin in sich hinein: „Gegen den kommt man nicht an.“ Dennoch ärgert sie sich ständig über den Anwalt: „Das stimmt doch alles nicht.“ Eine Weile später, nach der Diskussion, wird Kirsch gesehen, wie er von Raffauf bedrängt wird. „Sie sind doch Stadtverordneter für Babelsberg “ Doch Kirsch will nicht reden, dreht sich weg. Der gemeinsame Nenner der Kontrahenten, so wirkt es in diesem Moment, ist einzig die gewollte Nähe zum Griebnitzsee.

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