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Von Hella Dittfeld: Hundert Jahre durchgeblüht

Potsdams berühmteste Gärtnerei „Foerster-Stauden“ feiert Jubiläum

Alles begann auf einem Kartoffelacker. Karl Foerster beschreibt 1910 seinen Umzug von Berlin-Westend, wo er hinter dem Haus seines Vaters – der Astronom Prof. Wilhelm Foerster – die erste Gärtnerei eingerichtet hatte, nach Potsdam-Bornim folgendermaßen: „Lauben und malerisches Gerümpel bestimmten das Bild.“ Doch der tatkräftige junge Mann hatte sehr bald aus dem Areal Am Raubfang eine Gärtnerei gemacht, sich für die eigene Familie ein Haus gebaut und mit der Staudenzüchtung begonnen. Bereits 1911 erscheint der erste Pflanzenkatalog mit 290 verschiedenen Staudensorten.

In diesem Jahr begeht die Foerster Stauden GmbH nun ihr 100-jähriges Bestehen, der aktuelle Katalog ist gerade erschienen und feiern will man – so Firmenchef Wolfgang Härtel – vor allem mit den ehemaligen Mitarbeitern. Alle, die es noch im Umkreis von Potsdam gibt, bittet Härtel sich zu melden, damit er ihnen eine Einladung zukommen lassen kann. Denn im Auf und Ab der langen Firmengeschichte ging einiges verloren. Zwei Weltkriege waren zu überstehen und die Zeit nach der deutsch- deutschen Wiedervereinigung liest sich wie ein Wirtschaftskrimi. Doch das gute Ende sei vorweggenommen: Die Foerster Stauden GmbH steht inzwischen wieder auf soliden Füßen, lässt per Pflanzen und guter Wirtschaftsbilanz das Jubiläumsjahr aufblühen und hat bereits erheblich in einen Neuanfang nach der Insolvenz des Vorgängerbetriebes im Dezember 1990 investiert.

Doch erst einmal wird in den 1910er Jahren Aufbauarbeit geleistet und dabei müssen sich auch Tristan und Isolde ins Zeug legen. Karl Foerster gibt bei der Namensgebung der beiden Betriebs-Esel einen ersten Geschmack seines immer wieder aufblitzenden hintergründigen Humors. Das Eselspaar übernimmt den neu aufgebauten Paketversand. 1913 kann die Gärtnerei bereits eine rasante Entwicklung bei den Aufträgen vermelden und muss aus anderen Gärtnereien zukaufen. Am Wohnhaus wird die erste Schauanlage gestaltet und beeindruckt den immer größer werdenden Kundenkreis. Doch der erste Weltkrieg macht dem Aufschwung ein jähes Ende. Alle Gärtner werden eingezogen und nicht einer überlebt. Auch Karl Foerster wird kriegsdienstverpflichtet und muss in einer Munitionsfabrik arbeiten. Statt Blumen züchtet er Gemüse und Tomaten. Aber er wäre nicht Karl Foerster, der berühmte Staudenprofessor geworden, hätte er sich unterkriegen lassen. 1917 erschient sein Buch „Vom Blühen der Zukunft“. Es wird ein Bestseller und trägt den Ruf Foersters und seiner Gärtnerei in die Welt. Die Weltwirtschaftskrise überlebt die Gärtnerei dank der schriftstellerischen Erfolge Foersters. In den 1920er Jahren werden Hermann Göritz und Hermann Mattern Mitarbeiter des Staudenzüchters. Sie beteiligen sich später maßgeblich an der Gestaltung der Freundschaftsinsel als Schaugarten. Ab dem Kriegsjahr 1941 muss der Betrieb Gemüse anbauen. Um die Staudenproduktion zu erhalten, wird die Gärtnereifläche durch Landzukauf auf sieben Hektar erweitert. Da Arbeitskräfte fehlen, kann Foerster die Kundenwünsche, die „achtmal so groß wie im Frieden sind“, trotzdem nicht erfüllen. 1944 schreibt er: „Ich habe jetzt 90 unterernährte Menschen in meinem Betrieb. Ein tolles Mittel, sie zu Leistungen zu bringen, ist das Lob.“ 1945 wird das Gärtnereivermögen durch die Sowjets beschlagnahmt, doch Gärtnermeister Paul Bolz rettet die wichtigsten Züchtungen bis der Betrieb 1947 einen Schutzstatus bekommt. Er wird Züchtungs- und Forschungsbetrieb winterharter Blütenstauden,1949 wird die Beschlagnahme aufgehoben und der Betrieb vom Gemüseabliefern entbunden. 1960 – Karl Foerster ist bereits 86 Jahre alt – ist die wirtschaftliche Lage der Firma sehr schlecht und die Technik völlig überaltert. Es wird mit staatlicher Beteiligung die Karl Forster KG gegründet und der Staat investiert. Der Betrieb bekommt einen Geschäftsführer. 1971 wird die KG in einen volkseigenen Betrieb umgewandelt.1970 stirbt Karl Foerster. Ins Jahr 2010 fällt also auch Foersters 40. Todestag.

Nach der Wende gerät die Gärtnerei ins Trudeln. Die Lohnkosten für 142 Mitarbeiter, vor allem aber die Überschuldung aus DDR-Zeiten, Großinvestitionen waren verordnet worden, führen zur Zahlungsunfähigkeit. Nur dem Einsatz von sieben „Unentwegten“ – es sind alles ehemalige Mitarbeiter, darunter auch Wolfgang Härtel, ist es zu danken, dass die Gärtnerei überlebt und keine Foerster-Züchtung verlorengeht. Am 22. März 1993 kann dank finanzieller Unterstützung eines Bornstedter Unternehmers die Foerster-Stauden GmbH neu gegründet werden. Härtel und Gerd Berthe werden Geschäftsführer und bauen neue Vertriebswege auf. 2002 kann nach schwierigen Verhandlungen das gesamte Gartengelände von sieben Hektar und das Foerster-Wohnhaus samt Senkgarten zurückgekauft, die Gebäude saniert, Anzucht-Folienhäuser und eine Schattenhalle gebaut werden. Heute hat der Betrieb 30 feste Mitarbeiter und beschäftigt zusätzlich Saisonkräfte. Medaillen und Auszeichnungen zeugen von neuen züchterischen Erfolgen. Zum Angebot gehören aktuell 2000 Arten, Sorten und Stauden, darunter auch alle noch greifbaren Foersterzüchtungen.

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