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Die Schäferin Katrin Todt steht auf einem Oderbruchhang mit ihrer Schafherde und einigen Ziegen.

© Patrick Pleul/ZB

Von Annette Herold: Vierbeinige Naturschützer pflegen die Oderhänge

Die hügeligen Trockenrasenflächen sollen vor dem Bewuchs mit Büschen und Bäumen geschützt werden

Lebus - Wenn Katrin Todt von ihrem Arbeitsplatz nahe Lebus (Märkisch-Oderland) aufsieht, kann sie weit über die Oder nach Polen blicken. Auf einem Höhenzug, der sich am deutschen Ufer des Grenzflusses nördlich von Frankfurt (Oder) entlangzieht, lässt die Diplom-Agraringenieurin ihre Mutterschafe mit Lämmern, Ziegen und zwei Eseln weiden. Dafür hat sie gut 20 Hektar in drei Naturschutzgebieten gepachtet, die zur Blütezeit der Adonisröschen im Frühjahr Ziel tausender Ausflügler sind. Die Tiere sollen die unter Schutz stehenden, hügeligen Trockenrasenflächen vor dem Bewuchs mit Büschen und Bäumen schützen, um die typische Vegetation zu erhalten.

Auf diese Weise seien die kargen Flächen seit Jahrhunderten vom Menschen genutzt worden, sagt Todt, die ihre Naturschutzschäferei im landwirtschaftlichen Nebenerwerb betreibt. Was geschieht, wenn die Flächen sich selbst überlassen bleiben, lässt sich nach Angaben des Landesumweltamtes in einem polnischen Teil des Unteren Odertals beobachten. Im Raum Bellinchen (Bielinek) seien ähnliche Hänge schon bewaldet. Bei Lebus dagegen wurden die Flächen immer mit als genügsam geltenden Schafen gepflegt, die trotz der kargen Vegetation satt wurden und zugleich an den recht steilen Oderufern weiden konnten.

Die Fortsetzung dieser Tradition verlangt der Schäferin einigen Enthusiasmus ab. Neben ihrer Arbeit in der Brandenburger Landesverwaltung ist sie derzeit zweimal täglich bei den Schafen auf der Koppel; im Winter sind die Tiere im Stall. Jetzt aber sieht die Schäferin bei Wind und Wetter nach Muttertieren und Lämmern, schafft Wasser heran und steckt regelmäßig die Zäune um. „Das fordert schon sehr viel Idealismus und es wäre schön, wenn ich bei den täglichen Routinearbeiten Hilfe hätte und die Förderpolitik solche Arbeit deutlicher unterstützen würde“, sagt die 45-Jährige. „Aber ich mag die Arbeit mit den Tieren in und mit der Natur.“ Als Halterin von Schafen der Rassen Skudde und Rauhwolliges Pommersches Landschaf gehört sie mit ihren 125 Mutterschafen dem Züchterverband VIEH (Vielfältige Initiative zur Erhaltung von gefährdeten Haustierrassen) an. Neben dem Erhalt alter Haustierrassen und der Landschaftspflege verweist die Schäferin noch auf einen anderen Aspekt. Sie versteht ihre Arbeit auch als eine Art Friedensdienst in der Oderlandschaft: Dort fielen während der Schlacht um die Seelower Höhen im April 1945 binnen weniger Tage rund 80 000 Soldaten.

Beim Landesumweltamt weiß man das Engagement der Schäferin zu schätzen, zumal nach Angaben des Schafzuchtverbandes Berlin-Brandenburg landesweit noch rund 20 000 Hektar mit Hilfe von Schafen gepflegt werden könnten, momentan aber nicht zu vermitteln sind. „Wir halten es für die beste Methode, auf diesen Flächen Schafe zur Pflege einzusetzen“, sagt Andrea Mack, Lehrgangsleiterin der Lebuser Landeslehrstätte für Naturschutz und Landschaftspflege. Die Folgen der Beweidung des Naturschutzgebietes wollen nach ihren Worten Studenten der Universität Potsdam genauer untersuchen. Auf Naturschutzflächen weiden nach Angaben des Schafzuchtverbandes in mehreren Regionen Brandenburgs Schafe, unter anderem in der Döberitzer Heide und im Raum Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz). Es gehe im Kern immer darum, die Flächen offen zu halten, sagt der stellvertretende Verbandschef Johann Nesges. Sorgen bereite den 800 bis 900 Schafhaltern im Land, dass sich kaum Berufsnachwuchs finde. Derzeit gibt es laut Nesges rund 100 000 Mutterschafe im Land.

Weiteres im Internet:

www.vieh-ev.de

www.schafzuchtverband-berlin-

brandenburg.de

www.mluv-brandenburg.de

Annette Herold

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