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Die Bibermanagerin Antje Reetz begutachtet einen frisch angenagten Baum im Oderbruch unweit von Reitwein.

© dpa

Von Annette Herold: Konfliktmanagement für Mensch und Biber

Antje Reetz versucht sich als „Mittlerin“ und will mehr Akzeptanz für den Biber erreichen

Wriezen - Naturschützer werten es als Erfolg: Der viele Jahre als beinah ausgerottet geltende Biber ist in Brandenburg längst wieder heimisch. An Elbe, Uckermärkischen Seen und Oder haben sich stabile Bestände entwickelt. Doch seine Vorliebe für Weiden, Pappeln oder auch Obstgehölze und sein Hang zum Bau von Dämmen schmälern mancherorts die Freude über die geglückte Wiederansiedlung des fleißigen Nagers. So wie in der Lausitz versucht wird, mit Hilfe eines „Wolfsmanagements“ Konflikte zwischen Mensch und Wolf auszuräumen, soll im Oderbruch Deutschlands bisher einzige Biber-Managerin für ein entspannteres Verhältnis zwischen Homo sapiens und Castor fiber sorgen.

Im Auftrag des Gewässer- und Deichverbandes Oderbruch in Wriezen (Märkisch-Oderland) entwickelt Antje Reetz Modellprojekte, um durch Biber verursachte Flurschäden zwischen Oderberg (Barnim) im Norden und Frankfurt (Oder) im Süden zu begrenzen. Die 24-jährige Absolventin der Fachhochschule Eberswalde hat sich in ihrer Diplomarbeit mit den Bibern im Oderbruch beschäftigt.

Als Ingenieurin für Landschaftsnutzung und Naturschutz will sie ihr Wissen nun beruflich nutzen. Dabei sieht sich Reetz als „Mittlerin“ zwischen Mensch und Tier. Einerseits wolle sie mehr Akzeptanz der Menschen im Oderbruch für den Biber wecken, andererseits vermitteln, dass Vorbehalte gegen das unter strengem Artenschutz stehende Tier ernst genommen werden.

Angenagte Bäume, durch Dämme aufgestautes Wasser, von Biber-Burgen unterhöhlte Felder oder Deiche - es gibt im Oderbruch einigen Anlass für Bedenken gegenüber dem größten europäischen Nager. Reetz wirbt dennoch um Verständnis. Auf etwa 300 schätzt sie die Zahl der Tiere in dem Landstrich; das seien deutlich weniger als vor dessen Trockenlegung per Erlass des Preußenkönigs Friedrich II. im 18. Jahrhundert. „Flussauen sind die natürlichen Lebensräume der Tiere. Hier im Oderbruch fühlen sie sich wohl“, erläutert die Biber- Managerin. Die Menschen müssten wieder lernen, mit ihnen zu leben.

Gegen allzu große Schäden empfiehlt Reetz Drainagen zur Regulierung der von Bibern angestauten Gewässer, Schutzzäune und metallene Manschetten. Auch mit dem Anpflanzen von Gehölzen wie Pappeln oder Weiden könne Abhilfe geschaffen werden. Vor allem aber sei es sinnvoll, am Rande der von Bibern bewohnten Gewässer auf Landwirtschaft zu verzichten. Die Nager sind Reetz zufolge bis zu 20 Meter vom Ufer entfernt auch an Land aktiv. Hin und wieder geäußerte Forderungen nach Fang und Umsiedlung oder Abschussgenehmigungen erteilt die Biber-Managerin eine Absage. Brandenburgs Landwirtschaftminister Dietmar Woidke (SPD) pflichtete ihr jüngst bei, und das nicht allein aus Gründen des Naturschutzes.

Erfahrungen aus Sachsen-Anhalt zeigten, dass frei werdende Reviere bald wieder besiedelt werden. Woidke setzt unter anderem auf natürliche Regelungskräfte: Bei einer zu großen Population und einem dadurch knapper werdenden Nahrungsangebot gebe es weniger Nachwuchs.

Mit einem geschätzten Gesamtbestand von 2200 Bibern - Fachleute sprechen vom zweitstärksten Vorkommen in Deutschland nach Sachsen- Anhalt - arbeitet Brandenburg zugleich an einem landesweiten Management. Die im Osten gemachten Erfahrungen könnten dabei von Nutzen sein, sagt der Präsident des Landesumweltamtes, Matthias Freude. „Der Biber hat im Oderbruch für viel Aufruhr gesorgt. Ob immer berechtigt, sei dahingestellt. Aber unter diesen Umständen ist es am besten, jemanden vor Ort zu haben, der vermittelt.“

Annette Herold

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