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Landeshauptstadt: Von Abflussrohren und Giftbriefen

Wie die Stadt hinter den Kulissen bereits seit Wochen versucht, den Weg für einen Kauf des Mercure-Hotels zu ebnen – und potenziellen Interessenten das Leben schwer zu machen

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Am Anfang stand eine List: Ein verstopftes Abflussrohr und die Reparaturkosten von 120 Euro haben der Stadt Potsdam einen tiefen Einblick in die Bücher der Besitzgesellschaft des Hotel Mercure verschafft. Denn mit diesen offenen 120 Euro machte sich die Stadt zum Gläubiger der Besitzgesellschaft des Hotels, einer Tochter des internationalen Finanzinvestors Blackstone. Die Besitzgesellschaft, der 14 alte DDR-Interhotels gehören, ist in Insolvenz und die Insolvenzverwalter, die Düsseldorfer Rechtsanwälte Bremen und Houben, wollen mit international renommierten Partnern die Hotels auf dem Immobilienmarkt anbieten. 600 Millionen Euro machen Banken und andere Gläubiger gegen die Besitzgesellschaft geltend. Wie hoch die Einzelforderungen sind, ist unerheblich. Mit 120 Euro ist auch die Stadt ein Gläubiger. Dabei ging es von Anfang nur um eines: Zugang zum Heiligtum der Insolvenzverwalter – Einblick in die Bücher. Es galt die Frage zu klären, was das Hotel noch wert ist, ob es zum Verkauf steht, zu welchen Konditionen – und: ob die Stadt das Potsdamer Mercure aus dem Gesamtpaket der 14 Interhotels herauslösen kann.

Und die Emissäre der Stadt fanden Antworten und die Stadtspitze zog Schlüsse, die das politische Potsdam heftig in Wallung bringen können. Die einen, die für die Rekonstruktion der alten Mitte stehen oder einfach nur das Hotel Mercure neben dem Stadtschloss und mitten im Lustgarten weghaben wollen, positiv. Die anderen, vor allem die Linken, die am Mercure hängen, negativ.

Denn Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und sein Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne) wollen das Hotel abreißen. Sie sind bereit, das Hotel anzukaufen – auch mit öffentlichen Mitteln. die Begründung: Nur jetzt, vor einem Eigentümerwechsel, besteht die Chance, das Hochhaus loszuwerden. Ist es erst verkauft, sei ein Hochhaus an dieser sensiblen Stelle im Stadtgebiet auf Jahrzehnte manifestiert.

Denn ein neuer Eigentümer könnte der Stadt auf zweifache Weise in die Parade fahren: Er kann das Hotel, das Bestandsschutz genießt, einfach sanieren. Dann hätte es erneut eine Lebensdauer von mindestens 15 oder 20 Jahren. Oder er könnte sich die Sanierung genehmigen lassen und stattdessen sogar neu in gleicher Höhe bauen. Dann stünde der 17-Geschosser wohl noch mindestens 80 Jahre.

Fest steht für die Emissäre der Stadt: Auf der Besitzgesellschaft lasten etwa 600 Millionen Euro an Forderungen. Das Potsdamer Haus wird auf etwa sieben bis acht Millionen Euro taxiert. Eine Summe, so haben es Bauverwaltung und Sanierungsträger ausgerechnet, die man im Wesentlichen aus Grundstücksverkäufen der Potsdamer Mitte requirieren könnte – weil die Immobilienpreise in der Stadt nach allen Prognosen auch weiterhin steigen werden.

Im Fall der Fälle könnte man sich mit einem neuen Eigentümer einigen, ein politisches Mandat vorausgesetzt. Und falls das nicht klappt, dann sollte dem neuen Eigentümer doch wenigstens der Spaß an dem Mercure-Hotel vergehen. Und daran arbeitet die Stadtverwaltung seit Wochen. Zwei Giftbriefe wurden bereits an Blackstone geschrieben, versehen mit jeweils seitenlangen Anlagen. Darin beschreibt die Stadt ausführlich ihren Plan, das Mercure-Grundstück dem Sanierungsgebiet Potsdamer Mitte einzuverleiben. Das Kalkül: Potenzielle Käufer sollen von vornherein abgeschreckt werden. Denn: Ist das Grundstück im Sanierungsgebiet als unbebaute öffentliche Fläche ausgewiesen, kann bei einem Eigentümerwechsel jegliche weitere Nutzung versagt werden. Weil er mit der Immobilie dann nichts mehr anfangen kann, müsste er ein sogenanntes Übernahmebegehren an die Stadt stellen, die dann selbst Eigentümer würde – und das Hotel wie gewünscht abreißen könnte.

Weil es aber politisch heikel ist, dafür Steuergelder auszugeben, will die Stadt noch eine List anwenden: Sie setzt darauf, dass eine Mehrheit der Potsdamer das Hotel weghaben will. Deren Spenden sollen dafür sorgen, dass die Stadtkasse möglichst unangetastet bleibt.

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