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Verkehr in Potsdam: Krampnitz: Busse und Trams für das autoarme Viertel

Die Stadt will an ihren umstrittenen Verkehrsplanungen für Potsdams neuen Stadtteil Krampnitz festhalten. Auch das Energiekonzept für den Stadtteil steht.

Potsdam/Krampnitz - Trotz Kritik will die Stadt am möglichst autoarmen Verkehrskonzept für das geplante Stadtviertel Krampnitz festhalten. „Das müssen wir nun konsequent umsetzen“, sagte Potsdams Chefverkehrsplaner Norman Niehoff beim Krampnitz-Expertenforum am Dienstagabend. Bei der von rund 50 interessierten Bürgern besuchten Veranstaltung wurden die wesentlichen Mobilitäts-Eckpunkte für das Viertel vorgestellt, in das ab Ende 2021 sukzessive bis zu zehntausend Menschen ziehen sollen.

Das wichtigste Projekt: Die erste Straßenbahn nach Krampnitz und zur Regenbogen-Schule in Fahrland soll 2025 fahren – die Bauarbeiten der mehr als sieben Kilometer langen Strecke ab dem Campus Jungfernsee sollen Ende 2022 beginnen. Dabei werde auch ein generell zweigleisiger Ausbau ins Auge gefasst, sagte Verkehrsbetriebs-Technikchef Oliver Glaser. Unter anderem sei dafür ein Neubau der Brücke des Friedens geplant. Ziel sei, dass die Tram deutliche Vorteile gegenüber dem Auto habe – mit nur 25 Minuten Fahrzeit ins Zentrum. In den ersten vier Jahren müsste dies von Bussen übernommen werden. Bürger könnten dann am Jungfernsee umsteigen. Dafür werde man zehn lange Gelenkbusse beschaffen müssen. Für die Tramtrasse seien acht Straßenbahnen zusätzlich nötig – eine zweistellige Millioneninvestition. Man hoffe für die neue Tram auf Fördermittel, auch eine Bürgerbeteiligung sei geplant.

In Krampnitz sollen Anwohner kurze Wege zu Supermärkten und Freizeitangeboten haben

Im Viertel selbst soll nur Tempo 30 gelten und parkende Autos eine untergeordnete Rolle spielen. Unter anderem sind vermietbare und ringförmig angeordnete Gemeinschaftsgaragen vorgesehen. Zuvor hatten vor allem Linke und CDU kritisiert, dass nur ein halber Stellplatz pro Wohnung zur Verfügung stehe. Doch das könne funktionieren, sagte der Verkehrsplaner Michael Ortgiese von der Fachhochschule Potsdam. Künftig würde Carsharing wohl deutlich häufiger als heute genutzt, sagte er. Das müsse ein Markenkern für Krampnitz werden. Niehoff ergänzte, auch ein Wohnortswechsel sei ein Schlüssel für ökologischere Mobilität. Im Norden der Stadt würden noch 56 Prozent der Wege mit dem Auto zurückgelegt – im Potsdamer Schnitt nur rund 35 Prozent.

In Krampnitz soll dabei so viel Infrastruktur vor Ort sein, dass es für die Anwohner kurze Wege gibt – sei es zur Kita, zum Supermarkt, zu Freizeitangeboten oder wohnungsnahen Arbeitsplätzen. Dazu seien auch Flächen vorgesehen. Auch ein attraktives Radwegenetz, Radschnellwege in die Innenstadt und eben Standorte für Carsharing seien geplant, sagte Niehoff. Dazu werde der Ausbau des Bahnhofs Marquardt zu einer Mobilitätsdrehscheibe mit Park-and-Ride-Plätzen forciert – für eine Bahnanbindung nach Berlin-Spandau. Auch dahin werde ein Radweg gelegt. Man könne einen Stadtteil wie Krampnitz auch ohne eine massive Zunahme des Autoverkehrs entwickeln, so Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos).

Energie für Potsdam-Kramnitz von Anfang an CO2-neutral und ab 2040 auch fossilfrei

Auch das Energiekonzept für Krampnitz wurde vorgestellt. Der neue Stadtteil solle seine Bewohner „von Anfang an flächendeckend Kohlendioxid-neutral sowie ab frühestens 2040 auch fossilfrei mit Energie versorgen“, hieß es in einer Präsentation der Stadtwerke-Tochter Energie und Wasser Potsdam (EWP). Das wichtigste Prinzip sei dabei, dass die vorrangig regenerative Energie vor Ort erzeugt und genutzt werde. „Die Wärmeversorgung in Krampnitz funktioniert autark, sprich unabhängig vom übrigen Fernwärmenetz“, so die EWP. Zentrales Element sei ein besonderes Niedertemperaturwärmenetz, mit dem sich Verluste im Netz minimieren ließen. Weiterhin sollen drei kleinere Blockheizkraftwerke zum Einsatz kommen, die zugleich einen Großteil des im Quartiers benötigten Stroms erzeugen sollen.

Betrieben werden sie mit Biomethan aus dem Umland. Für die Deckung des Spitzenbedarfes würden die Kraftwerke durch weitere Technikern ergänzt. Auch Geothermie soll eingesetzt werden – also Wärmepumpen, die Grundwasser nutzen. Auch ein Wärmespeicher mit der Funktionsweise einer Thermoskanne werde für die Bedarfsspitzen eingesetzt, hieß es. Für zusätzliche Wärme und Strom aus der Sonne solle eine circa 1000 Quadratmeter große Freiflächensolaranlage sorgen – auch weitere Photovoltaikanlagen auf vielen Dächern seien geplant. Insgesamt werde bei dieser Art der Wärmeerzeugung kein Brennstoff eingesetzt, es gäbe es also kaum Betriebskosten oder umweltschädliche Emissionen. Für die Zukunft werde auch die Förderung von warmen Wasser aus 2200 Metern Tiefe untersucht. Koordiniert und gesteuert werde die zugleich noch ausbaufähige Energieversorgung über eine zentrale Leitstelle – in einem ehemaligen Heizhaus, dass nächstes Jahr für 1,25 Millionen Euro umgebaut werden soll.

Das alles sei zwar mit hohen Investitionen von mindestens 43 Millionen Euro verbunden, man hoffe aber auf Förderung. Derzeit geht EWP-Chefin Sophia Eltrop von einem reinen Wärmepreis zwischen neun und 13 Cent pro Kilowattstunde netto aus. Zuletzt lag der Preis für Gas oder Fernwärme in Deutschland laut dem Bund der Energieverbraucher bei rund sechs bis acht Cent pro Kilowattstunde. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt würden Bewohner aber eher weniger zahlen müssen, da die Neubauten deutlich weniger Wärme verbrauchen, argumentierte Eltrop. Für Krampnitz gelte aber auch: Je mehr Häuser sich anschließen, desto preiswerter werde es für alle. Dafür sorgt ein Nutzungszwang für den Anschluss, so Eltrop: „Klimaschutz braucht eine Solidargemeinschaft.“ Und auch für Alternativen im Verkehr soll der Energie-Plan sorgen: Etwa durch Schnelllade-Säulen für Elektrofahrzeuge.

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