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Landeshauptstadt: Unsanierte Wohnungen sind teurer als sanierte

Der neue Mietspiegel zeigt, welche seltsamen Blüten der zunehmende Druck auf dem Markt treibt. Die Mieten in Potsdam steigen unterdessen weiter

Von Peer Straube

Der Trend ist ungebrochen: „Die Mieten steigen auf breiter Front und werden das aus unserer Sicht auch weiterhin tun“, sagte Gunter Knierim vom Grundstücksbesitzerverband „Haus & Grund“ am Donnerstag. Der aktuelle Mietspiegel, der am Mittwoch im Stadthaus vorgestellt wurde und an dem Knierim für die Vermieterseite mitgearbeitet hat, deckt diese Einschätzung.

In nahezu allen Bereichen, egal ob man das Baujahr einer Wohnung oder deren Größe als Maßstab nimmt, sind die Mieten in den letzten beiden Jahren erneut gestiegen – im durchschnittlichen Mittel zwar „nur“ um knapp 7,7 Prozent oder 41 Cent. Doch seit Jahren weist die Spirale ausschließlich nach oben. Bei einem vermietbaren Leerstand von einem Prozent kann das Angebot die Nachfrage nicht annähernd decken. Dieser Druck auf dem Potsdamer Wohnungsmarkt treibt inzwischen bizarre Blüten: So können Vermieter inzwischen für unsanierte Wohnungen zum Teil eine erheblich höhere Miete verlangen als für voll sanierte.

Ein Beispiel: Laut Mietspiegel wird derzeit für eine voll-, aber nicht nach den Maßstäben der Energieeinsparverordnung (EnEv) 2002 sanierte Wohnung zwischen 40 und 60 Quadratmetern im Mittel eine Nettokaltmiete von 5,57 Euro pro Quadratmeter verlangt. Für eine vergleichbar große, aber nur teilsanierte Wohnung beläuft sich die Miete hingegen auf 6,97 Euro pro Quadratmeter, selbst für eine unsanierte – mit Bad und Heizung – werden noch 6,08 Euro aufgerufen.

Knierim hat für dieses Paradoxon eine Erklärung: Bei nicht nach EnEv sanierten Wohnungen sind die Mieten generell weniger hoch, weil die Sanierung für den Bauherren seinerzeit billiger war. Demzufolge sind diese Wohnungen so begehrt, dass sie kaum wieder frei werden, wenn sie einmal vermietet sind. Aus diesem Grund steigt der Druck auf ähnliche Marktsegmente – etwa die un- oder teilsanierten Wohnungen, die aber trotzdem etwa über Zentralheizung und eigenes Bad verfügen. Diese seien zwar auch sehr begehrt, doch sei auch die Fluktuation größer – demzufolge kann der Vermieter häufiger neu vermieten und öfter die gesetzlich erlaubten Aufschläge kassieren.

Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) erklärte, der Mietspiegel sei kein Instrument zur Steuerung der Mieten, sondern zeige lediglich den Ist-Zustand.

Angesichts von Neuvermietungen für inzwischen oft um die zehn Euro pro Quadratmeter klingt die aktuelle Potsdamer Durchschnittsmiete von 5,74 Euro trotz einer Steigerung um 41 Cent fast unrealistisch. Verantwortlich dafür sei indes der große Anteil von langjährigen Mietern, die oft uralte Verträge hätten und bei denen die Miete nur in sehr kleinen Schritten steigt, sagte Hans-Joachim Böttche, Bereichsleiter Wohnen in der Stadtverwaltung. Generell variieren laut Mietspiegel die Quadratmeterpreise im Durchschnitt zwischen 3,07 Euro für eine schlecht ausgestattete Altbauwohnung mit Außentoilette und 8,42 Euro für eine über 90 Quadratmeter große Neubauwohnung, die alle EnEv-Auflagen erfüllt.

Trotz der ernüchternden Zahlen ist Reinhard Schuster vom Babelsberger Mieterverein froh, dass es überhaupt einen Mietspiegel gibt. Andernfalls könnten Vermieter Mieterhöhungen über die ortsübliche Vergleichsmiete durchsetzen – was vor allem in begehrten Lagen zu drastischeren Entwicklungen führen würde. Des einen Freud, des andern Leid: Knierim als Vermietervertreter bedauerte, dass die Lage im Mietspiegel nicht stärker berücksichtigt wird.

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