zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Umzug der Götter

78 Skulpturen erhalten in der ehemaligen Orangerie am Neuen Palais ein neues Domizil

Im Herbst werden Hermes mit der Flöte, Viktoria mit dem Lorbeerkranz und Diana mit Köcher und Bogen eine Reise durch die Stadt antreten. 78 überlebensgroße Figuren, dazu einige Putten, verlassen dann auf Lastkraftwagen die Skulpturenhalle auf dem Schirrhof an der Lennéstraße, wo sie dicht gedrängt wie Bäume im Wald stehen. Ihr neues Domizil wird die kleine Orangerie nordwestlich vom Neuen Palais. Das Gebäude wird nicht mehr zum Unterstellen von Kübelpflanzen gebraucht, seitdem dafür nach Freizug durch das Landeshauptarchiv auch die Osthalle des Orangerieschlosses in Sanssouci zur Verfügung steht.

Mit dem Umzug werden akute Probleme gelöst, erklärt Saskia Hüneke, die Kustodin der Skulpturensammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Die Mitarbeiter der Skulpturenwerkstatt wissen manchmal nicht mehr wohin mit den witterungsgeschädigten wertvollen Originalen, die abgenommen und durch Kopien ersetzt werden müssen. Beispiel dafür sind die von den französischen Meistern Pigalle und Gebrüder Adam geschaffenen Gruppen rund um die Große Fontäne. Da öffnen die Umsetzung der 78 Figuren und eine provisorische Neuordnung in der Halle wenigstens etwas mehr Raum für eine sachgerechte Unterbringung. Beide Aktionen sollen im Herbst stattfinden. Sie sind eine große Herausforderung für die Restaurierungswerkstatt.

Im Auftrag der Kustodin hat die junge Julia Moldenhawer, die bei der Stiftung ein freiwilliges kulturelles Jahr absolviert, den Umzug vorbereitet. Sie hat die bisherige Orangeriehalle ausgemessen und jeder Skulptur einen Platz zugewiesen. Die Bauabteilung hat den Raum baulich hergerichtet. Dem Konzept folgend werden die Figuren nach ihrem einstigen Standort, verschiedenen Gebäudeteilen des Neuen Palais, den Communs und den Kolonnaden, in Gruppen aufgestellt. Im neuen Haus bleibt zwischen ihnen soviel Raum, dass sie von allen Seiten angesehen werden können. Dadurch werden nach Auskunft der Kustodin die für die nächsten Jahre geplanten weiterführenden kunsthistorischen und stilkritischen Untersuchungen zu den Bildwerken erst ermöglicht. Sie sind notwendig, um die Forschungen von Sibylle Badstübner zum Neuen Palais, die vor allem die Mittelrisalite entschlüsselte und das Wirken der Gebrüder Räntz untersuchte, für die anderen Bereiche fortzusetzen. Neben den bekannten Bildhauern wie den Gebrüdern Räntz und Wohler, Johann Peter Benkert und Johann Gottlieb Heymüller, ist das Werk beispielsweise von Johann Eckstein, Johann Kaplunger, Johann Schneck oder Gottfried Jenner für Potsdam weniger erforscht.

Im Ergebnis können dann die Angaben zu Zuschreibungen an einzelne Bildhauerwerkstätten oder zur mythologischen Bedeutung mancher Figuren in dem von Saskia Hüneke verfassten Amtlichen Führer „Bauten und Bildwerke im Park Sanssouci“ vervollständigt werden.

Mit dem kleinen Skulpturendepot erinnert die Stiftung an eine frühere Nutzung der Orangerie: Bei Schachtungsarbeiten wurden vor Jahren Fragmente von Modellen für Kopien nach den von Glume für den Marstall geschaffenen Pferdegruppen entdeckt. Wie Saskia Hüneke nachweisen konnte, hatte hier in den 1930er Jahren ein aus Böhmen stammender Bildhauer und Restaurator namens J. Klazar seine Werkstatt eingerichtet.

Als öffentlich zugängliches Lapidarium eignet sich die relativ kleine ehemalige Orangerie nicht, doch soll sie in Spezialführungen einbezogen werden. Die Unterbringung von Skulpturen in der Orangerie am Neuen Palais löst das Problem mangelnder Depotflächen nicht, da die Menge der zu deponierenden Werke ständig zunimmt. Dafür wären zirka 2000 Quadratmeter erforderlich. Saskia Hüneke hält deshalb an ihrem Vorschlag fest, den Langen Stall auf der Plantage wiederaufzubauen und dort die Skulpturensammlung gemeinsam mit den Bildwerken der Stadt Potsdam zu konzentrieren. Dann könnte im Herzen der Stadt auch ein öffentlich zugängliches Lapidarium eingerichtet werden. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false