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Landeshauptstadt: „Tschüss Ilse, mach“ was draus“

Freunde und Fans trugen gestern den ehemaligen Ufa-Star, Ilse Werner, in Babelsberg zu Grabe

Freunde und Fans trugen gestern den ehemaligen Ufa-Star, Ilse Werner, in Babelsberg zu Grabe Von Nicola Klusemann Das hätte ihr gefallen: Ein Meer aus Blumen wie nach einer Premierenfeier, Fernsehkameras, Blitzlichtgewitter, die Rhythmus Boys spielen ihre Melodien und sie ist der Mittelpunkt. Es sollte ihr letzter großer Auftritt werden – Ilse Werner wurde gestern in Babelsberg zu Grabe getragen. Der mit 84 Jahren am 8. August in der Hansestadt Lübeck verstorbene ehemalige Ufa-Star mit dem Pfiff als Markenzeichen hatte sich testamentarisch gewünscht, in unmittelbarer Nähe zu seiner Arbeits- und Wirkungsstätte, den Babelsberger Studios der Universum Film-AG beerdigt zu werden. Hier hatte sich früh Ilse Werners Traum von einer Filmschauspielerin erfüllt. Sie war gerade mal 17 Jahre alt, als die Ufa sie nach ihrem Theaterdebüt in dem Stück „Glück“ an der Josefstädter Bühne in Wien, unter Vertrag nahm. Im Nationalsozialismus zwischen 1938 und 1944 drehte sie ihre erfolgreichsten Filme wie „Wir machen Musik“ und „Bel Ami“´. Dass das Propaganda-Ministerium sie als „Durchhaltefilme“ in Auftrag gab, davon wolle sie nichts gewusst haben. Und dass man sie nach 1945 mit einem Berufsverbot belegte, habe sie bis zum Schluss nicht verstanden, sagte der NDR-Moderator Friedhelm Mönter, der sich in seiner gestrigen Rede an seine erste Begegnung mit Ilse Werner in der Lobby des Atlantis-Hotels in Hamburg erinnerte. Er wollte mit ihr ein Interview anlässlich ihres 65. Geburtstags machen. Als sich der Journalist suchend umschaute, habe er eine helle Lache gefolgt von einem Pfiff aus einem Ohrensessel vernommen: „Na, Sie haben wohl einen glänzenden Ufa-Star erwartet. So sehe ich jetzt nunmal aus – ungeschminkt, ohne Perücke und in die Jahre gekommen.“ „Guten Tag, gnädige Frau“, habe Mönter daraufhin gestammelt. Ilse Werner überging das. „Trinken Sie einen Himbeergeist mit mir“, lud sie ihren Gesprächspartner ein, dem mehr nach Himbeereis gewesen sei und der ihr später ein Freund werden sollte. Sie hatte nicht viel Glück mit ihren Männern: die erste Ehe mit dem US-Journalisten John de Forest, dem sie nach Kalifornien folgte, hielt fünf, die zweite mit dem Orchesterchef des Bayerischen Rundfunks, Josef Niessens, zwölf Jahre. Beide Verbindungen blieben kinderlos. Darum seien für Ilse Werner, die mit bürgerlichem Namen Ilse Still hieß, ihre Freunde immer wichtiger geworden, skizzierte „Dalli-Dalli“-Schnellzeichner Oskar Bierbrauer in seinem Nachruf ein gradliniges Bild der Mimin. Die Schauspielerin, die insgesamt 63 Filme machte und 1967 im deutschen Fernsehen ihre erste, eigene Show hatte, sei keine gute Rechnerin gewesen. Sie verstarb mittellos. Und es war ihre Freundin Edeltraud Langhans-Declair die für die gestrige Beerdigung in Vorleistung ging. Auch zu Lebzeiten habe Ilse Werner die ihr nahestehende Menschen um Gefallen gebeten. „Danke zu sagen, fiel ihr aber schwer“, sagte Oskar Bierbauer. „Da blitze dann der Ufa-Star auf, der es sechs Jahre lang gewohnt war, dass man ihm zu Diensten ist.“ So ehrlich die Werner war, sind auch die ihr nachgerufenen Worte. Ihr Leben sei geprägt gewesen von Freude, Hoffung und Enttäuschung. Sie selbst fand, dass das alles dazu gehört: „Das Erdendasein bleibt ein wunderschönes Geschenk und auch ihr werdet einmal sagen: So wird“s nie wieder sein.“ Ihre Freunde – darunter Kollegen wie Franziska Tröger und Wolfgang Völz – aber auch Fans und Schaulustige begleiteten Ilse Werner gestern auf ihrem letzten Weg von der Friedrichskirche auf den Friedhof in der Goethestraße. Einer erhob das Glas und schenkte ihr seinen letzten Schluck, eine alte Dame sang an ihrem offenen Grab. Viele warfen Blüten und Blumen auf den Sarg, nahmen Abschied mit „Adieu, Ilse“. Friedhelm Mönter, überzeugt von der Schaffenskraft der Sängerin und Schauspielerin, die am Schluss für den Film „Die Hallo Sisters“ sogar mit dem Deutschen Filmpreis in Gold ausgezeichnet wurde, rief ihr zu: „Tschüss Ilse, mach“ was draus.“

Nicola Klusemann

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