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Tiere in Potsdam: Ein Zuhause für die Mopsfledermaus

Der Sacrower Park ist Lebensraum bedrohter Tiere. Allein elf Fledermausarten leben dort.

Von Sarah Stoffers

Potsdam - Unter den Füßen raschelt bei jedem Schritt das Laub, ein kühler Wind weht um die Nase. Durchs bunte Blattwerk blitzt am Samstag bei der von der Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg initiiertenWanderung immer wieder das Sacrower Schloss auf.

Aus der Sicht der Naturschützer ist der Sacrower Park etwas ganz besonderes, sagt Jochen Halfmann, freiberuflicher Biologe. Die naturnahe Kulturlandschaft, die in Sacrow ab dem späten 18. Jahrhundert durch Menschenhand geschaffen wurde, habe sich gut erhalten. In vielen anderen Gebieten hätten sich die Insekten zurückgezogen, Wälder und andere Naturräume seien häufig in ihren Strukturen verarmt, sagt Halfmann. Im Sacrower Park sei das ganz anders. „In der ganzen Region gibt es eine Vielfalt an alten Lebenssystemen, die man heute nicht mehr ersetzen kann“, sagt Halfmann, der seit Jahrzehnten in der Naturschutzplanung arbeitet und für das Planungsbüro der Umweltvorhaben in Brandenburg Consult GmbH mit an dem Projekt Natura 2000 arbeitet.

Natura 2000 ist ein zusamenhängendes Schutzgebietnetz innerhalb der Europäischen Union, dass seit 1992 nach Naturschutz-Richtlinien der EU erstellt wird. Die darin enthaltenen Gebiete sind Lebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten. 600 Gebiete im Land gehören zu Natura 2000, 79 davon koordiniert der Naturschutzfonds.

Laut Halfmann finden sich besonders rund um den Sacrower See gefährdete Bewohner alter Wälder, wie der Eremit, ein Käfer, der in Baumhöhlen lebt und dafür auf besonders alte Bäume mit einer gewissen Dicke angewiesen ist. Oder der Heldbock, der vom Aussterben bedroht ist und es sich besonders gerne in alten Eichen gemütlich macht. Auch die Vielfalt an Fledermausarten in dem Flora-Fauna-Habitat ist einzigartig. „Mehr als die Hälfte der Arten, die es in ganz Brandenburg gibt, sind hier heimisch“, sagt Halfmann. Elf Arten wurden in dem Gebiet dokumentiert. Wie die vom Aussterben bedrohte Mopsfledermaus, die sich besonders in alten Wäldern wohlfühlt. Häufig würden vor allem eingeführte Gehölze wie die amerikanische Traubenkirsche diese Vielfalt bedrohen. „Wenn keine behutsame Pflege durch den Menschen stattfinden würde, hätten wir hier ein Problem“, sagt Halfmann. Der gute Zustand der Lebensräume und die Artenvielfalt seien nur dank der Eingriffe möglich.

Ohne die Pflege würde ein artenarmer Wald entstehen, erklärt auch Uwe Held von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Der Mensch habe erst durch seine Kulturmaßnahmen die Vielfalt im Park geschaffen und erhalten. Held ist seit dem Jahr 2000 Schlossgärtner in Sacrow, war davor in Caputh tätig und hat im Park Babelsberg „das Pücklerische“ erforscht, wie er erzählt. Einige der ältesten Bäume im Sacrower Park wurden um 1800 angepflanzt, nachdem der schwedische Generalleutnant Graf Johann Ludwig von Hordt 1773 das ehemalige Rittergut erworben hatte und an der Stelle eines Vorgängergebäudes ein neues barockes Herrenhaus bauen ließ. Im 19. Jahrhundert verwandelte der berühmte Gartenkünstler Peter Joseph Lenné das Gebiet in einen romantischen Schloßpark. Von 1938 bis 1945 funktionierte der Generalforstmeister Friedrich Alpers das Haus zum Jagdschloss um. Zu DDR-Zeiten wurde der Schlosspark Grenzgebiet. Nach dem Mauerbau zogen ab 1973 die Zollbehörden im Schloss ein und der Park zum Training für ihre Spürhunde benutzt. Nach der Wende übernahm 1993 die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten die Betreuung und begann mit der Restauration.

„Stillstand gibt es im Park nicht“, sagt Held. Die Eingriffe durch die Gärtner seien stets ein Dialog zwischen der Historie und der Moderne. Eine Rekonstruktion des Parks sei schwierig, da man gar nicht genau wüsste, was von den alten Plänen überhaupt umgesetzt wurde. Eine genaue Pflanzenliste hätten die historischen Pläne nicht. „Man hat auch nicht im 19. Jahrhundert einen Garten für 150 Jahre im Voraus geplant“, so Held. Es gäbe immer wieder Veränderungen.

So ist der Park ein Mix aus von Menschenhand gezähmter und gepflegter Kulturlandschaft und wilder, naturnaher Inseln. Auf der einen Seite die ausgeklügelte Sichtachsen zwischen den Bäumen, deren Äste und Stämme zum Teil die Rahmen für unglaubliche Ausblicke auf die Heilandskirche oder auf den Flatowturm im gegenüberliegenden Babelsberger Park bilden. Dann wieder ungezähmtes Gestrüpp, umgestürzte alte Eichen, deren Wurzeln sich pittoresk in die Höhe strecken, ungemähte Wiesenbereiche und freiwachsende Bäume, wie Kiefern, Birken oder Linden. Sie alle bilden die Kulisse für die geschützten Arten.

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