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"Tag von Potsdam": Gedenken an ein dunkles Kapitel Stadtgeschichte

Am Donnerstag jährt sich der „Tag von Potsdam“ zum 80. Mal. Geplant sind mehrere Veranstaltungen. Zunächst hatte es allerdings so ausgesehen, als würde die Politik den wichtigen Jahrestag verschlafen.

Von Katharina Wiechers

Es ist ein unrühmliches Kapitel Stadtgeschichte: Der „Tag von Potsdam“, der sich am Donnerstag zum 80. Mal jährt, steht für das unheilvolle Bündnis zwischen Bürgertum und Nationalsozialisten. Nachdem es zunächst so aussah, als werde dieser wichtige Jahrestag von der Politik in Potsdam und Brandenburg verschlafen, wurde nun ein umfangreiches Programm vorgelegt. Zahlreiche Lesungen, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen und Filmvorführungen beschäftigen sich in den kommenden Tagen mit dem Ereignis (siehe unten).

Am 21. März 1933 fand in der Potsdamer Garnisonkirche die Eröffnungssitzung des neu gewählten Reichstags statt, da der Berliner Reichstag kurz zuvor abgebrannt war. An der Sitzung nahmen Abgeordnete der NSDAP und der bürgerlichen Parteien teil – SPD und KPD blieben dem Ereignis fern. Der inszenierte „Handschlag“ zwischen Reichspräsident Hindenburg und Kanzler Adolf Hitler, der in einem bekannten Foto verewigt wurde, sollte den Bund zwischen altem Preußentum und Nationalsozialismus symbolisieren. Mehrere Zehntausend Potsdamer und Gäste verfolgten das Ereignis und jubelten den Protagonisten zu – allen voran dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Auch das Radio übertrug das Ereignis – damals noch eine außergewöhnliche Tatsache. Der Tag hatte mit einem Konzert im Lustgarten begonnen und wurde am Vormittag mit Gottesdiensten in der katholischen Kirche St. Peter und Paul und der evangelischen Nikolaikirche fortgesetzt. Anschließend folgte der Staatsakt mit Reden von Hindenburg und Hitler in der Garnisonkirche, am Abend zog ein Fackelzug vom Luftschiffhafen zum Bassinplatz. Der „Tag von Potsdam“ gilt als Auftakt der Diktatur unter den Nationalsozialisten. Nur zwei Tage später wurde das Ermächtigungsgesetz verabschiedet, das die gewählten Parteien des Reichstags entmachtete und die Demokratie faktisch abschaffte.

Auftakt der Veranstaltungen zur Erinnerung an den Tag bildet bereits am heutigen Dienstag die feierliche Benennung eines Platzes an der Ecke von Humboldtstraße und Langer Brücke nach Otto Braun. Der Sozialdemokrat war Preußens letzter Ministerpräsident und Gegner der NSDAP. Nach der Machtübernahme Hitlers floh er ins Exil. „Otto Braun hätte schon längst geehrt werden sollen“, sagte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Montag. Die Stadt werde durch den „Tag von Potsdam“ immer mit einer grausamen historischen Phase verknüpft bleiben, fügte er hinzu. Gleichzeitig dürfe sie nicht auf das Ereignis reduziert werden. „Wir haben aus der Geschichte gelernt.“ Umso wichtiger sei es, auch einen Bezug zur Gegenwart herzustellen, da die Demokratie auch heute immer wieder verteidigt werden müsse.

Auch für die Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, Martina Weyrauch, zeigt der „Tag von Potsdam“, wie anfällig die Demokratie ist. Sie sei damals nicht genügend verteidigt worden. „Das zeigt, wie schnell es gehen kann“. Es sei wichtig, zu akzeptieren, dass das Ereignis den Menschen nicht aufoktroyiert, sondern von den Massen mitgetragen wurde, fügte Irmgard Zündorf vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam hinzu. Erst im Nachhinein sei der Tag von den Nazis propagandistisch ausgeschlachtet worden, nachdem am 21. März selbst noch Hindenburg im Vordergrund gestanden habe. „Die alten Eliten haben eine Art Pyrrhussieg errungen“, so Zündorf – also einen Sieg, der sie langfristig geschwächt hat. „Der Tag zeigt, wie groß die Fehleinschätzung der Machtverhältnisse war“, sagte die Zeithistorikerin.

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