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Das Holzhaus am Waldpark ist auch zum Tag der Architektur für Besichtigungen geöffnet.

© Jan Bitter

Tag der Architektur: Mit Holz hoch hinaus

Besondere Bauwerke in Potsdam öffnen am Sonntag zum Tag der Architektur. Ein Fokus: Nachhaltigkeit.

Potsdam - Holz statt Beton: Der nachwachsende Rohstoff erfreut sich immer größerer Beliebtheit als klimafreundliche Alternative zu Beton, auch für größere Neubauten mit mehreren Geschossen. Einige Beispiele dafür können am Tag der Architektur am morgigen Sonntag in Potsdam besichtigt werden: Unter den zahlreichen Objekten, die besucht werden können, befindet sich unter anderem das Holzhaus am Waldpark in der Hermann-Kasack-Straße. Das dreigeschossige Wohnhaus, das 2018 mit dem Potsdamer Klimapreis ausgezeichnet wurde, ist nicht nur mit Holz verkleidet, sondern besteht auch sonst fast komplett daraus; lediglich das Treppenhaus und der Keller sind aus Beton.

Außen Lärche, innen Fichte. Im Haus am Waldpark im Bornstedter Feld ist fast alles aus Holz.
Außen Lärche, innen Fichte. Im Haus am Waldpark im Bornstedter Feld ist fast alles aus Holz.

© Andreas Klaer

2018 wurde das Haus errichtet – in nur drei Wochen. „Das ging so schnell, weil alle Teile vorgefertigt waren“, sagt die Berliner Architektin Susanne Scharabi, die sich seit 15 Jahren auf Holzbau spezialisiert hat. Dies sei eine zukunftsweisende und nachhaltige Bauweise: „Die einzelnen Teile des Hauses sind nicht verleimt, sondern nur mechanisch zusammengefügt, man könnte das Material also ganz normal kompostieren, wenn es wieder entfernt wird“, so Scharabi. Während die Außenschale aus Lärchenholz besteht, ist drinnen alles aus massiver Fichte. Tragende Balken und die Decke sind nicht verkleidet, die Grundkonstruktion bleibt sichtbar – ein Gefühl wie in einer Holzhütte, obwohl man sich in einem mehrgeschossigem Neubau befindet. Auch das Raumklima ist wesentlich angenehmer. „Holz hat mittlerweile eigentlich alle guten Eigenschaften mineralischer Baustoffe, etwa beim Thema Lärmschutz oder Brandsicherheit“, sagt Scharabi. „Eigentlich hat es nur Vorteile.“ Das Holzhaus kann am Sonntag um 14 Uhr besichtigt werden, eine Voranmeldung per E-Mail an s.scharabi@scharabi.de ist nötig.

Obergeschoss fast komplett aus Holz

Ein anderes Beispiel für nachhaltiges Bauen steht in Fahrland: Die Werkstatt des Tischler-Unternehmens Woodbrothers befindet sich in einem ehemaligen LPG-Bestandsgebäude, das 2020 aufgestockt wurde, um die Werkstatt im Erdgeschoss zu vergrößern und zu modernisieren. Im Obergeschoss, das fast vollständig aus Holz besteht, befinden sich nun Büros und Aufenthaltsräume mit bodentiefen Fenstern. Obwohl es sich „nur“ um eine Werkstatt handelte, hatten Architekt und Bauherr Ansprüche an die Repräsentativität des Neubaus: „Es sollte wertig aussehen, ohne gekünstelt zu sein“, sagt der Potsdamer Architekt Stephan Heinlein.

Aufgestockt mit Holz. Das ehemalige LPG-Gebäude in Fahrland, in dem sich die Werkstatt der Woodbrothers befindet.
Aufgestockt mit Holz. Das ehemalige LPG-Gebäude in Fahrland, in dem sich die Werkstatt der Woodbrothers befindet.

© Andreas Klaer

Auch hier dauerte der Bau – dank vorgefertigter Bauteile – nur drei Monate. Bei aller Modernität setzte man auf althergebrachte Bauweisen. Entsprechend der Unternehmensphilosophie der Woodbrothers wurde sowohl in der Innen- als auch in der Außengestaltung viel Holz verbaut. Die Tischler-Brüder David und Benjamin Burkhardt und ihre fünf festen Mitarbeiter übernahmen die Bauausführung größtenteils selbst. „Uns war wichtig, dass der Neubau möglichst ökologisch ist“, sagt Benjamin Burkhardt. So wurde fast ausschließlich Holz aus der näheren Umgebung für den Bau verwendet, eine Solaranlage deckt den internen Strombedarf. Außerdem verfügt die Tischlerei nun über eine Hackschnitzelheizung, die mit den Abfällen der Werkstatt betrieben werden kann. Besichtigt werden kann das Gebäude in der Marquardter Straße am Sonntag von 13 bis 18 Uhr, eine Voranmeldung ist nicht nötig.

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Das Bauen mit Holz spart viel CO2 ein: 38 Prozent der weltweiten Treibhausgase entstehen laut einem Bericht des UN-Umweltprogramms beim Bau und Betrieb von Häusern. Besonders Zement, der als Bindemittel für Beton benötigt wird, ist ein echter Klimakiller. Die Produktion einer Tonne Zement setzt mindestens eine halbe Tonne CO2 frei. Pro Jahr werden weltweit zwischen 4,1 Milliarden und 4,6 Milliarden Tonnen Zement verbraucht, damit sorgt die Zementproduktion für rund acht Prozent der gesamten CO2-Emissionen. „Wenn wir unsere Klimaziele irgendwie erreichen wollen, können wir einen großen Beitrag leisten, indem wir auch mehrgeschossig mit Holz bauen“, sagt Susanne Scharabi. „Mittlerweile wollen auch große Wohnungsunternehmen mit Holz bauen.“ Benjamin Burkhardt kann das bestätigen: „Die Technik wird immer besser, es sind immer höhere Gebäude aus Holz möglich.“ Das höchste Holzhaus der Welt steht in Norwegen, der 85 Meter hohe Mjosa Tower.

Holzpreise sind explodiert

Doch es gibt ein Problem: Seit Beginn des Jahres sind die Holzpreise explodiert, Bretter, Dachlatten und andere Holzprodukte kosten zum Teil das Dreifache im Vergleich zu 2020. Grund dafür ist der Bauboom in China und den USA, die massenhaft Holz aufkaufen, auch aus Deutschland. Dadurch wird auf vielen Baustellen das Material knapp, manche Tischler:innen fordern sogar einen Exportstopp für Holz. Burkhardt gehört nicht dazu: „Auch wenn die Preise hochgegangen sind, ist es immer noch ein billiger Baustoff.“ Er ist sich sicher, dass die Situation sich nach dem Hype wieder beruhigen wird. Stephan Heinlein sieht das ähnlich: „Das wird nicht langfristig so bleiben.“

Tatsächlich ist nämlich genug Holz da: Durch Hitzeschäden und Borkenkäferbefall mussten besonders im Harz viele Fichten und Tannen im vergangenen Jahr „zwangsgefällt“ werden. Allerdings gilt vor allem das Holz mit Borkenkäfermaserung als Schadholz und kann nach offiziellen Richtlinien nicht als vollwertiges Bauholz verkauft werden, obwohl es nur optisch beschädigt ist. „Es ist trotzdem stabiles Bauholz, der Kern ist nie befallen“, sagt Burkhardt. In China und den USA stört man sich nicht an diesen visuellen Mängeln, dort wird das billige Bauholz gerne genommen. „Es wäre wirklich sinnvoll, wenn wir das Holz auch hier verwenden würden, es ist genug da“, sagt Burkhardt.

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