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Streit um Garnisonkirche: Bürgerbegehren sammelt 16.000 Unterschriften

Ein Jahr hätte das Bürgerbegehren gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche Zeit gehabt. Nach dreieinhalb Monaten haben die Initiatoren am Montag die Unterschriftenlisten an Wahlleiter Matthias Förster übergeben.

Potsdam - Das Bürgerbegehren gegen den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche ist beendet. Mehr als 16.000 Unterschriften, die in dreieinhalb Monaten gesammelt wurden, sind am Montag an Stadtwahlleiter Matthias Förster übergeben worden. Für einen Erfolg seien 13.326 gültige Unterschriften von Einwohnern der Stadt notwendig, sagte Förster. Das entspricht zehn Prozent der Wahlberechtigten. Die Bürgerinitiative "Potsdam ohne Garnisonkirche" hätte ein Jahr für die Unterschriftensammlung Zeit gehabt.

Die Unterschriften sollen in den nächsten zwei Wochen auf ihre Gültigkeit geprüft und dann an die Stadtverordnetenversammlung übergeben werden, sagte Förster. Das Stadtparlament müsse dann zum nächstmöglichen Termin über die Zulässigkeit entscheiden. Die Bürgerinitiative und ihre politischen Vertreter im Stadtparlament streben dazu eine Sondersitzung in der Sommerpause an, über die am Mittwoch entschieden werden soll.

Ziel ist, nach der erwarteten Ablehnung des Bürgerbegehrens durch die Stadtverordneten zusammen mit der Landtagswahl am 14. September einen Bürgerentscheid zu ermöglichen. Für dessen Erfolg müssten mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen. Mit dem Bürgerbegehren soll die Stadt dazu verpflichtet werden, sich für die Auflösung der 2008 gegründeten kirchlichen Stiftung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche einzusetzen. Die Stadt ist dort Mitglied. Würde die Stiftung aufgelöst, bekäme die Stadt Potsdam das Baugrundstück am historischen Standort der 1945 zerstörten und 1968 in der DDR abgerissenen evangelischen Kirche zurück. Die Aufbaugegner sehen die Garnisonkirche als Symbol des preußischen Militarismus. Für bedenklich halten sie es auch, dass die geschätzten Baukosten von 100 Millionen Euro in erster Linie aus öffentlichen Kassen bezahlt werden müssten.

Am  Mittwoch wollen die Stadtverordneten jett darüber abstimmen, ob wegen des Bürgerbegehrens gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche eine Sondersitzung der Stadtverordnetenversammlung einberufen werden soll. Zuvor sollen sich die Fraktionen intern auf mögliche Termine während der Sommerpause festlegen. Darauf einigten sich die Mitglieder des Hauptausschusses bereits am vergangenen Mittwoch. (epd/wik)

Potsdam - Die evangelische Garnisonkirche wurde auf Beschluss des preußischen Königs Friedrich Wilhelms I., des Soldatenkönigs, für den Hofstaat und die Militärgarnison in Potsdam errichtet. Der Barockbau des Architekten Johann Philipp Gerlach wurde 1732 eingeweiht und 1735 mit der Vollendung des mehr als 80 Meter hohen Turms fertiggestellt.

1740 wurde der Soldatenkönig in der Gruft der Kirche beigesetzt, 1786 auch sein Sohn und Nachfolger Friedrich der Große. Die Nazis brachten die Särge 1943 zur Vermeidung von Kriegsschäden an einen anderen Ort. 1817 wurde in der Kirche die Vereinigung von Lutheranern und Reformierten zur unierten preußischen Kirche gefeiert.

Am "Tag von Potsdam" am 21. März 1933 nutzten die Nazis die Garnisonkirche zur Inszenierung der Eröffnung des neu gewählten Reichstags. Bei einem alliierten Luftangriff im April 1945 brannte die Kirche aus. In der DDR ließ die SED-Regierung die Ruine im Juni 1968 abreißen.

Seit den 90er Jahren bemühen sich verschiedene Akteure um den Wiederaufbau der Kirche. 2005 wurde der Grundstein gelegt, 2008 die kirchliche Baustiftung gegründet. Nach aktuellen Planungen soll zunächst bis zum 500. Reformationsjubiläum 2017 der Kirchturm gebaut werden. Das Projekt ist unter anderem wegen der Geschichte der Kirche umstritten. (epd)

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