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Landeshauptstadt: Straßenreinigung mit Pinsel und Staubsauger

Im Haus der Brandenburgisch- Preußischen Geschichte gab es einen Frühjahrsputz. Ein Besuch

„Vorsicht, heiß“, sagt Restauratorin Kerstin Klein und zeigt auf ein Gerät an ihrem Arbeitstisch: Was aussieht wie ein spezieller Stift ist ein Minibügeleisen. „Das brauche ich zum Reparieren von Farbschäden.“ Die Restauratorin arbeitet an einer alten Holztafel, an der sich stellenweise die Farbe löst. Beim Saubermachen in der ständigen Ausstellung im im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) war das aufgefallen, nun wird es fachmännisch konserviert.

Kerstin Klein ist nicht die Einzige, die seit einer Woche im Museum zu Gange ist. Zehn Jahre nach der Eröffnung der ständigen Ausstellung im HBPG im Kutschstall am Neuen Markt war es Zeit für eine Grundreinigung. Gemeinsam mit Klein sind vier Mitarbeiter einer Firma für Ausstellungsservice und der Haustechniker der HBPG dabei, sämtliche 400 Exponate durchzusehen, zu entstauben und eventuell notwendige kleinere Reparaturen vorzunehmen. Für eine Woche wurde die Sammlung „Land und Leute. Geschichten aus Brandenburg – Preußen“ im Kutschstall geschlossen. Ab Dienstag hat das Haus wieder regelmäßig geöffnet – dann im sprichwörtlich neuen Glanz.

Begonnen hat alles am letzten Montag mit gründlichem Staubwischen. „Wie man das auch zu Hause machen würde, immer schön von oben nach unten“, sagt Heino Goeb von der Berliner Firma Abrell & van den Berg, die die Ausstellung vor zehn Jahren auch aufgebaut hat. Jetzt wurde zunächst alles abgedeckt, mit Folie oder Wolldecken, dann mit dem Reinigen der Fenster und breiten Fensterleibungen des historischen Gemäuers begonnen. In der Halle finden sich nun Leitern aller Art und Größe, Scheinwerfer, Industriestaubsauger, Bürsten und Pinsel mit weichen oder härteren Borsten, dick oder dünn. Daneben Läppchen aus Baumwolle oder Mikrofaser, Seidenpapier und Kleber, diverse Reiniger und destilliertes Wasser. Und jede Menge weiße Baumwollhandschuhe, damit die empfindlichen Objekte keinen Schaden nehmen.

Am dritten Tag der Putzwoche ist unter anderem das Stadtmodell von 1912, mehrere Meter im Durchmesser, dran. Heino Goeb und eine Kollegin erledigen die Straßenreinigung mit kleinen Pinseln und Bürsten, der Staubsauger wird auf die niedrigste Stufe gestellt, die kleine Düse vorsichtig über Stadt und Umland gefahren. „Bitte keine Häuser verschlucken“, sagt Thomas Wernicke vom HBPG. Es komme nämlich durchaus vor, dass sich Teile lösen, die wieder angeklebt werden müssen, wenn sie nicht von Besuchern geklaut wurden. Der Turm der Garnisonkirche sei anscheinend ein beliebtes Mitbringsel, so Wernicke. Was tatsächlich fehlt, sind die Flügel der Sanssouci-Windmühle. Wernicke hat bereits Ersatz anfertigen lassen, die Mühle wird nun komplettiert.

Ebenfalls entstaubt – aber mit höchster Vorsicht – werden Teile aus der Sammlung Mittelalter bis Renaissance. Um ganz fragile oder sehr kostbare Exponate kümmert sich Restauratorin Kerstin Klein persönlich. „Wenn man hier zu forsch rangeht, verschwinden womöglich lose Farbblättchen im Staubsauger“, sagt sie. Die geschnitzten Figuren des Altarflügels von 1450 und die delikaten Fragmente der Scherer-Orgel von 1572, Holzschnitzarbeiten mit Farbe und teilweise vergoldet, werden mit sanften Pinselstrichen gereinigt. Wo die Farbe zu sehr blättert, leistet Kerstin Klein erste Hilfe: Mithilfe von hauchzartem Japanpapier, Leim und ihrem winzigen Bügeleisen fixiert sie die Farbe an den betroffenen Stellen des Altars, und an der hölzernen Gedenktafel, die aus der Kirche Nattwerder stammte, bügelt sie die Buchstaben der Opfer der Befreiungskriege auf. Wenn sie damit fertig ist, kommt eine kleine, vergoldete Kutsche dran, einst Firmenzeichen des Kutschenwagenfabrikanten Zimmermann. Das Schmuckstück ist eine Leihgabe vom Potsdam Museum, das verpflichtet ganz besonders, achtzugeben. „Da kann man nicht so einfach mit dem Lappen drüberwischen, dann ist das ganze Gold weg“, sagt die Restauratorin.

Heino Goeb ist mittlerweile bei einem Reiterdenkmal Friedrichs des Großen angekommen und putzt dem Gaul die Zähne. „Es ist ja nicht alles furchtbar dreckig, aber irgendwann sieht man eben doch den feinen Staub“, sagt der gelernte Kunstmaler. Selbst in den Vitrinen haben sich mit der Zeit Fussel und Staub angesammelt, alle werden deshalb geöffnet, gesäubert, manches, Buchstützen zum Beispiel, neu ausgerichtet.

Guido Schmidt, Haustechniker am HBPG, hat sich derweil Tische mit integrierten Bildschirmen vorgenommen. Die alten Monitore werden gegen neue Flachbildschirme ausgetauscht. Schmidt muss alles neu verkabeln. Die neu digitalisierten Daten werden dann nicht mehr von einem CD-Player eingespeist, sondern von wartungsarmen Mini-Festplatten. In der Abteilung Moderne werden auch verrostete Stahlnagelmatten, die einst im Grenzgebiet eingesetzt wurden, gesäubert, wobei die alte Patina, Rost und vermutlich originaler Dreck, erhalten bleiben sollen. „Aber diese Spinnweben hier sind neu, die kommen weg“, sagt Museums-Pfleger Knut Kruppa und setzt den Staubsauger an. Und die Lederjacke, Geschenk eines Punks, bekommt die Schultern mit Pappe und Seidenpapier ausgestopft. Dann hängt die Jacke, Relikt einer rebellischen Jugend der späten Achtziger, wieder ordentlich in Form auf dem Kleiderbügel.

Eine besondere Herausforderung wird das Reinigen einer Vitrine mit kostbaren Glaspokalen vom Beginn des 18. Jahrhunderts. Der Glaskasten muss samt Inhalt zuerst von hinten über die Ausstellungswand gehoben werden. Jede kleine Schieflage könnte unangenehme Folgen haben. Auf die Frage, ob ihm schon einmal etwas kaputt gegangen ist, schüttelt Heino Goeb den Kopf. „Wir passen schon auf“, sagt er.

Mehr Info unter www.hbpg.de

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