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Abgestorbene Bäume im Neuen Garten. Laut der Stadt ist mehr als ein Drittel der Bäume gefährdet.

© Ottmar Winter PNN

Starke Hitze und Trockenheit: Dramatisches Baumsterben in Potsdam

Experten sind in Sorge. Ganze Bereiche der Potsdamer Welterbeparks "drohen wegzukippen". Der Bund gibt jetzt 2,5 Millionen Euro für "innovatives Wassermanagement".

Von Carsten Holm

Potsdam - Für die meisten Spaziergänger leuchten die Parks der Schlösserstiftung jetzt in hellem Frühlingsgrün. Experten wie Sven Kerschek aber, Fachbereichsleiter für den Neuen Garten bei der Stiftung, haben einen anderen Blick. Sie erkennen das nahe Ende, das vielen Bäumen wegen der anhaltenden Dürre trotz sprießender Triebe bevorsteht. „Bereits jetzt sind sehr viele Bäume tot oder am Absterben“, hat der diplomierte Gartenbauingenieur Anfang Juni bei seiner routinemäßigen Baumkontrolle festgestellt. Das erfülle ihn mit Sorge, weil er ahne, „wie die Bäume in drei bis vier Jahren aussehen“. Er sei sich „nicht sicher, dass unsere Altbäume das schaffen“.

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Kerschek, der seit 1990 für die Stiftung arbeitet, beschreibt, was er beobachtet hat. In den Baumkronen aller Laub- und Nadelgehölze sei der „Trockenstress der vergangenen Jahre unverkennbar“. Das Bild des Neuen Gartens sei geprägt von „schütteren Kronen und Unmengen von Totholz“. Auch in diesem Jahr werde das Totholz entlang der Wege beseitigt, „aber ganze Parkbereiche drohen wegzukippen, was erhebliche Folgen für die Verkehrssicherung in den Anlagen“ haben könne. „Mit Sorge“ sieht der Gartenexperte auch, dass die jetzt 30-jährigen Neupflanzungen im ehemaligen Grenzgebiet entlang des Jungfernsees „nicht nur im Unterholz, sondern auch in den Eichenkronen abbauen“. Ein weiteres Problem laut Stiftung: Die „wassergebundenen Deckschichten“ von Parkwegen in den historischen Anlagen „lösen sich beschleunigt auf“.

Gartenbauexperten können in Baumkronen den Trockenstress der Gehölze erkennen.
Gartenbauexperten können in Baumkronen den Trockenstress der Gehölze erkennen.

© Ottmar Winter PNN

Von Jahr zu Jahr nimmt das Sterben der Potsdamer Bäume bedrückendere Ausmaße an. Nach dem im April vorgelegten Baumzustandsbericht sind wie berichtet mehr als ein Drittel von ihnen in einem schlechten Zustand oder vom Absterben bedroht . Für die Stadt stand einmal mehr außer Frage: Der Klimawandel ist die Hauptursache für den schlechten Zustand.

Millionenförderung fürs Wassermanagement

Mit Erleichterung haben Stadt und Schlösserstiftung jetzt die Entscheidung des Haushaltsausschusses des Bundestags aufgenommen, sie bei ihrem Kampf gegen die Dürre mit einer Geldspritze zu unterstützen. 2,5 Millionen Euro sollen in das Potsdamer Projekt „Innovatives Wassermanagement zur Klimaanpassung zum Erhalt von Grünanlagen und historischen Parks“ fließen, der Bund hat ein Sonderprogramm „zur Anpassung urbaner und ländlicher Räume an den Klimawandel“ aufgelegt. Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz, SPD-Direktkandidat im Potsdamer Wahlkreis 61, hatte in den vergangenen Wochen Gärtnerinnen und Gärtner im Park Babelsberg besucht – nun freut er sich, dass der Bund „solche Projekte unterstützt“.

Die Stadt hatte den Antrag für die Teilnahme an dem Förderprojekt am 15. März eingereicht, die Projektskizze erarbeiteten Experten der Stadt mit Kollegen und Kolleginnen von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten sowie des kommunalen Entwicklungsträgers Pro Potsdam, für dessen neuen Stadtteil Krampnitz der Klimaschutz von Beginn an Leitbild sein soll. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) begrüßte die Berliner Entscheidung: „In Zeiten sich ändernder klimatischer Bedingungen ist es wichtig, pragmatische Lösungen zu finden. Das wollen wir mit diesem Projekt tun und freuen uns über die Unterstützung des Bundes.”

Dürre setzt den Pflanzen drastisch zu

Auf den ersten Blick erscheint die Lage in Potsdam kurios: Die Landeshauptstadt ist von Flüssen und Seen umgeben, elf Prozent ihrer Fläche besteht aus Wasser. Doch weil die jährlichen Niederschläge schon zwischen 1991 und 2019 auf durchschnittlich 590 Millimeter und im Jahr 2018 auf nur 347 Millimeter gesunken waren, setzt die Dürre den Pflanzen und Grünanlagen nach Einschätzung der Stadt „drastisch“ zu. Außerdem sind die sandigen Böden wenig speicherfähig.

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Aber was soll mit dem Geld aus dem Bundeshaushalt jetzt geschehen? In den Parkanlagen der Stiftung zum Beispiel fehlen Wasserleitungen oder sind defekt, Pumpstationen sind sanierungsbedürftig. Automatische Bewässerungen könnten eingerichtet werden, die bei starken Regenfällen auch entwässern können; sie kosten pro Stück rund 20 000 Euro. Es fehlt an Brunnenanlagen, die allein mit 120 000 Euro zu Buche schlagen. Acht neue Brunnen könnten laut Stiftung schon in diesem Jahr in Angriff genommen werden, die Verwirklichung eines modernes Wassermanagements würde fünf Jahre dauern und für alle Gärten „einen mindestens zweistelligen Millionenbetrag” verschlingen.

Die andauernde Trockenheit setzt der Natur in Welterbeparks und in der Stadt zu.
Die andauernde Trockenheit setzt der Natur in Welterbeparks und in der Stadt zu.

© Ottmar Winter PNN

Doch das Fördergeld aus dem Bundeshaushalt muss nicht ausschließlich für die Parkanlagen eingesetzt werden. Gefördert werden könnte auch ein Konzept für das Regenwassermanagement in Krampnitz sowie für die benötigten Entnahmen von Grundwasser. Außerdem denken die Experten der Stadt über Geräte nach, mit denen an verschiedenen Standorten die Bodenfeuchte gemessen werden kann – mit digitaler Datenübertragung. Und, um Kosten zu sparen: für die rund 110 000 Bäume, die an Straßen und auf Freiflächen stehen, könnten wassersparende Bewässerungssysteme entwickelt werden.

Aber es gibt noch mehr, was Potsdam, seine Bäume und seine Bürger erfreuen könnte. Denkbar sind Bewässerungssysteme auf Grünflächen der Stadt, mit denen nicht nur Pflanzen zu bewässern wären , sondern auch das Klima in der Stadt verbessert werden könnte. Nachgedacht wird im Rathaus darüber, wenn die Gelder irgendwann geflossen sind, eine „modellhafte, innerstädtische Erholungswiese am Wasser” einzurichten – wo, ist noch offen. Angelegt werden könnten auch Regengärten, die Regenwasser für die Pflanzen nutzen sowie Grüne Wände mit Techniken zur Regenwasserspeicherung. Auch für diese sind die Orte noch offen.

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