zum Hauptinhalt

Stadtverordnetenversammlung Potsdam: AfD-Politiker fordert Oberbürgermeister Mike Schubert zum Rücktritt auf

In der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch steht das Klima im Mittelpunkt. Doch in Potsdams Rathaus brodelt es. Gleich zum Start gab es eine Brüll-Attacke auf Oberbürgermeister Mike Schubert.

Potsdam - Pünktlich um 15 Uhr hat die Stadtverordnetenversammlung (SVV) im Potsdamer Rathaus begonnen. Die umfangreiche Agenda war bereits im Vorfeld erheblich gekürzt worden. Zum Start nutzte Sebastian Olbrich (AfD) sein Recht auf eine persönliche Erklärung. Seine fünf Minuten Redezeit gestaltete Olbrich als Abrechnung mit Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Seit der konstituierenden Sitzung am 19. Juni, bei dem der Oberbürgermeister den AfD-Politiker scharf attackiert hatte, habe er wiederholt eine Aussprache mit Schubert gesucht. Eine Antwort habe er nie erhalten, Schubert habe das Gespräch verweigert, so Olbrich.

In der Stadt werde zurzeit „mit Mistgabeln, statt Florett“ gekämpft. Das habe er nicht erwartet. Der AfD-Politiker, mit jüdischer Kippa auf dem Kopf, distanzierte sich vehement von jeglicher Art von Gewalt. Die Tötung eines Politikers oder eines anderen Menschen sei mit nichts zu rechtfertigen. Er lehne „jede Gewalttat, jeden Mord“ ab. „Ich distanziere mich ganz klar von jeder Gewalt“, so Olbrich. Er selbst und seine Parteifreunde seien jedoch derzeit zur Zielscheibe geworden. Von ihm und seiner Partei gehe dagegen „niemals Gewalt aus“. Gewalt würden sie selbst jedoch jeden Tag erleben. Die Antifa würde zu konkreten Attacken auf AfD-Politiker aufrufen, sagte Olbrich und hielt ein entsprechendes Plakat in die Höhe. Das sei das Ergebnis einer perfiden Propaganda, schlussfolgerte Olbrich.

Zudem sei die Stadt in keinem guten Zustand. Dies sei Schuld des Oberbürgermeisters. „Der Oberbürgermeister erfüllt seine Aufgabe nicht und kann es nicht.“ Doch es sei die Zeit des Wandels. Die AfD liegt derzeit in den Umfragen zur Landtagswahl in Brandenburg vorn. Die SPD werde von der Landkarte verschwinden, rief er – und schrie er zum Ende seiner Stellungnahme in Richtung des Oberbürgermeisters: „Treten Sie zurück, Herr Oberbürgermeister. Ein besserer findet sich jeden Tag!“ Mike Schubert reagierte zunächst auf die Attacke nicht.

Erst später, während des "Bericht des Oberbürgermeisters", nahm er Stellung. Zunächst stellte Schubert klar, dass für ihn Brüllen nicht zum politischen Diskurs gehöre. Er fühle sich an die politischen Debatten der 1920er-Jahre erinnert. Zudem sei nicht nur die AfD das Ziel von Drohungen. Er selbst werde von Rechten bedroht. Er sei daher froh, in einer Stadt zu leben, die anders wählt - und es hoffentlich auch in Zukunft tue.

Wie es zur Absage der AfD-Veranstaltung kam

Zudem nahm Schubert zu einer anderen, ganz aktuellen Auseinandersetzung mit der AfD Stellung. In seinem "Bericht des Oberbürgermeisters" erklärte er, wie es zu der Absage der AfD-Veranstaltung im Humboldt-Gymnasium gekommen ist. Seine Mitarbeiter hätten bei der Anmeldung der Veranstaltung als "Bürgerdialog" nicht wissen können, dass es sich um eine Wahlkampfveranstaltung handelt. "Der Antragsteller Herr Springer hatte uns nachweisbar, schriftlich und explizit mitgeteilt, dass es sich bei seinem Bürgerdialog als Bundestagsabgeordneter um explizit 'keine Parteiveranstaltung' handelt", so Schubert.

Als dies aber deutlich wurde, sagte die Stadt die Veranstaltung in der Schule ab. Das Verwaltungsgericht beurteilte diese Absage jedoch als nicht zulässig. Als Begründung gab das Gericht an, dass die Stadt aufgrund der zeitlichen Nähe zur Landtagswahl am 1. September hätte ahnen können, dass es sich um eine Wahlkampfveranstaltung handelt. Gegen diese Auffassung hat die Stadt nun Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) eingelegt. Das OVG solle den Fall prüfen, obwohl "Herr Springer die Hauptsache gegenüber dem OVG als erledigt erklärt hat". Das Gericht müsse dies grundsätzlich klären, so Schubert. Für ihn sei ein "Bürgerdialog" eben nicht gleich eine Wahlkampfveranstaltung. Käme das OVG jedoch zum selben Schluss wie die vorherige Instanz, hätte das große Auswirkungen auf künftige Veranstaltungen von Parteien, so Schubert. Dann stelle sich nämlich die Frage, ab wann Veranstaltungen als Wahlkampf gelten. Auch die Vermietungspraxis und Sicherheitskonzepte müssten dann neu überdacht werden, so Schubert.

Übrigens: Im weiteren Verlauf der Versammlung, während der Debatte zum Klimanotstand, trat Sebastian Olbrich erneut ans Mikrofon. Nach seinem Beitrag zu diesem Tagesordnungspunktes entschuldigte sich vor den Stadtverordneten für die "Lautstärke" bei seiner Rücktrittsforderung - und bat den Oberbürgermeister erneut um ein Gespräch.

Zur Startseite