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Das Potsdamer Plattenbauviertel hat einen schlechten Ruf. Das soll sich jetzt ändern.

© Andreas Klaer

Stadtentwicklung: 24,5 Millionen Euro für den Schlaatz

Hilfe für einen Problemstadtteil: Die Stadt Potsdam will kräftig investieren und den Schlaatz zum begehrten Viertel machen. Das Konzept steht bereits.

Von Matthias Matern

Potsdam - Wenn die Sonne gnädig ist zum Schlaatz, dann wirkt auch Potsdams sogenannter Problemstadtteil bieder: Die Beete vor den Eingängen der Plattenbauten sind geharkt, das Buschwerk winterlich zurückgeschnitten und der eine oder andere traut sich sogar, sein Fahrrad vor der Haustür abzustellen. Doch im Zahlenwerk wird der Unterschied zum Rest der Stadt deutlich. Der Ausländeranteil liegt um knapp 15 Prozent über dem Durchschnitt. Nirgendwo wohnen mehr Bezieher von Sozialleistungen. Bei den jüngsten Kommunalwahlen lag die Beteiligung 14 Prozent unter dem Mittel. Die Kriminalitätsrate ist eine der höchsten der Stadt

"Schlaatz ist kein Brennpunkt"

Aber: „Ein Brennpunktquartier ist der Schlaatz eindeutig nicht“, findet zumindest Potsdams Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD). Am Donnerstag war sie zusammen mit dem Baubeigeordneten Bernd Rubelt (parteilos) in das Projekthaus Erlenhof 32 gekommen, um das sogenannte Integrierte Entwicklungskonzept für den Schlaatz vorzustellen, das am 29. Januar auch den Stadtverordneten vorgelegt werden soll. Mit insgesamt 150 Maßnahmen soll sich das Viertel an der Nuthe bis 2030 in einen „modernen Stadtteil für alle“ wandeln, „der als lebenswerter Teil Potsdams anerkannt ist“, so die Zielsetzung. Und die Ausgangssituation dafür sei besser als gedacht, meint auch Rubelt: „Der Schlaatz hat Qualität – nah zur Innenstadt, nah zur Natur. Nur, dass das so noch nicht überall gesehen wird.“

Auch die Pro Potsdam investiert

Damit sich das ändert, sollen laut dem Konzept bis 2025 rund 24,5 Millionen Euro in den Stadtteil fließen. Gut 13 Millionen davon sollen über Fördermittel aus dem Bund-Länderprogramm „Soziale Stadt“ kommen. Nicht offiziell Teil des Konzepts sind die rund 190 Millionen Euro, die die städtische Bauholding Pro Potsdam wie berichtet bis 2035 in die Sanierung ihres Wohnungsbestandes in der Plattenbausiedlung investieren will. Insgesamt betroffen sind 2500 Wohnungen. Saniert werden soll sowohl außen als auch innen, vor allem energetische Aspekte spielen dabei eine Rolle. Wie Sozialdezernentin Meier gestern sagte, denke die Pro Potsdam sogar darüber nach, noch mal aufzustocken und auch die Aufzüge einzubeziehen. Wie auch immer, wichtig sei, dass die Bewohner frühzeitig einbezogen, Ängste vor steigenden Mieten und Verdrängung genommen würden, so Meier.

Missstände und erste Wünsche erfragt

Auch bei der Erarbeitung des Entwicklungskonzepts stand die Bürgerbeteiligung im Vordergrund. Auf zwei Nachbarschaftskonferenzen wurden bereits im Juli 2014 bei Anwohnern Missstände und erste Wünsche erfragt, dann zusammen mit Akteuren aus dem Viertel in einer sogenannten Visionenwerkstatt die Eckpfeiler des Entwicklungskonzepts erarbeitet und letztlich auf Stadtteildialogen und -festen weitere Anregungen der Anwohner gesammelt. Herausgekommen sind zwölf Themen, von Stadt und Natur über Mobilität und Freiraum bis Klima und Atmosphäre, auf die die Maßnahmen abzielen. 

Wichtig aber sei, so Rubelt, dass man nicht nur Konzepte erarbeite, sondern bereits während des Prozesses anfange, etwas zu verbessern. So sei man etwa schon das Müllproblem angegangen, habe in der aktuellen Straßenreinigungssatzung für den Schlaatz einen höheren Arbeitsaufwand eingeplant. Zudem soll in diesem Jahr der Belag der sogenannten Langen Linie, ein Gehweg vom Magnus-Zeller-Platz zum Erlenhof, ausgetauscht werden. Gerade für Menschen mit Rollatoren stelle der holprige Plattenpfad eine echte Gefahr da, so Rubelt. Bis 2025 soll zudem auch das gesamte Umfeld der wichtigen Verbindung von der Tramhaltestelle ins Schlaatzer Zentrum neu gestaltet werden. Kostenpunkt: knapp drei Millionen Euro. 

Weltgewerbehof „Made in Schlaatz“

Ebenfalls in diesem Jahr soll der Wettbewerb für das sogenannte „Sportforum Schlaatz“ beginnen. Die alte Freizeitsportanlage soll bekanntlich umfassend erweitert werden. Ein neuer Komplex mit Hallen, Spielfeldern und einem mehrstöckigen Mittelbau soll entstehen. Dazu kommt ein neues Großrasenkunstspielfeld für Fußball. Allein für die Sportanlagen unter freiem Himmel sieht der Plan ebenfalls rund drei Millionen vor.

Der wohl größte Posten mit rund zehn Millionen Euro fließt in den sogenannten Weltgewerbehof „Made in Schlaatz“. Hier soll Kleingewerbe und Kreativwirtschaft Platz finden. „Eigentlich ein Rechenzentrum mit Handwerk“, beschreibt Meier. Allein die Finanzierung ist noch fraglich. Förderfähig ist es nämlich nicht. „Vielleicht können wir die Wirtschaftsförderung des Landes ins Boot holen.“ Für 60.000 soll nächstes Jahr zumindest eine Machbarkeitsstudie beauftragt werden.

Nuthe soll renaturiert werden

Zusätzlich zu diesen und weiteren größeren Vorhaben wie der Erneuerung der Alten Zauche oder einem neuen Integrationsgarten beinhaltet das Konzept auch mehrere soziale Komponenten. So soll etwa ein selbstorganisierter Mietertreff eingerichtet, ein sogenannter Kiezkümmerer eingestellt und ein Quartiersmanagement eingerichtet werden.

Am ehesten aber kommt eine Schautafel, die gestern gezeigt wurde, dem nahe, was man sich landläufig unter „nah zur Natur“ vorstellt. Darauf grenzt der Schlaatz als „Nuthestadt“ an den „Nuthepark“, den der gleichnamige Fluss durchschlängelt – nur eine Vorstellung aus der damaligen Visionenwerkstatt, betont Baudezernent Rubelt. „Aber wir denken tatsächlich über die Renaturierung der  nach.“ Dies könne aber nur in Absprache mit dem Land geschehen und sei wohl eher ein Projekt für die nächste Dekade.

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