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Solche Häuser prägen das Bergviertel

© Ottmar Winter

Rundgang in Potsdams neuem Stadtteil: Was sich in Krampnitz alles verändert hat

Das Interesse an Potsdams neuem Stadtteil Krampnitz ist riesig. Führungen sind auf lange Zeit ausgebucht. Wir haben uns vor Ort umgesehen. 

Von Valerie Barsig

Krampnitz - Bert Nicke drückt auf das Gaspedal. Rumpelnd holpert der Van über Schlaglöcher, es geht vorbei an staubigem Bauschutt, Bäumen und Ruinen, mitten hinein ins das Herz von Krampnitz. Man hat den Eindruck, Nicke macht das Offroad-Fahren Spaß. Wobei – so richtig abseits der Piste bewegt man sich in Krampnitz gar nicht mehr, denn die Straßen, die durch Potsdams neues, grünes Stadtviertel führen, sind bereits einigermaßen hergerichtet. An den Rändern ist der Grünschnitt bereits erfolgt, sodass man problemlos über das 150 Hektar große Gelände fahren kann – mal abgesehen von den Schlaglöchern. 

Der Pro-Potsdam-Chef zeigt den Baufortschritt

Nicke als Chef der Pro Potsdam zeigt an diesem Tag den Baufortschritt, denn auf dem Gelände wird fleißig gewerkelt. Einen ersten Halt macht er gleich kurz hinter dem Eingang zur Baufläche an der Ketziner Straße. Mehrere Haufen Schutt wachsen hier in die Höhe, ein paar alte Häuser sind noch zu sehen. „Das sind die alten Plattenbauten“, sagt Nicke und deutet auf die Haufen. Rund 300.000 Euro Wert hat der Schutt, der dort einfach so herumliegt. „Wir prüfen gerade, ob wir ihn zum Beispiel zum Straßenbau verwenden können“, sagt Nicke. Angst, dass nachts jemand mit einem Kipplader anrückt und den Schutt abtransportiert, hat er nicht – Krampnitz ist inzwischen einigermaßen gesichert. „Alles was aus Metall war, haben sie allerdings geklaut“, gibt Nicke zu.

Inzwischen hat man Kameras auf dem Areal installiert, um es den Dieben schwerer zu machen, außerdem gibt es einen Wachschutz. Nicht aber die Diebe machen Nicke Sorgen, sondern eher die, die in Krampnitz randalieren oder Graffiti an die Wände sprühen. Um dem Herr zu werden, sind die meisten unteren Fenster der denkmalgeschützten Gebäude zugemauert.

Führungen auf dem Gelände sind bis zum Jahresende ausgebucht

Das Interesse an dem Viertel ist groß – viele Potsdamer wollen wissen, was hier vor sich geht. Die Führungen über das Areal, in dem einmal rund 10 000 Menschen wohnen sollen, sind bereits bis Ende des Jahres ausgebucht. Derzeit prüft die Pro Potsdam, ob man Extra-Termine anbieten kann.

Noch ist es schwer vorstellbar, dass hier ab 2021 die ersten Bewohner in ihre Häuser ziehen: 4560 Wohnungen sollen in Krampnitz entstehen, 4430 davon im Geschosswohnungsbau. Zusätzlich wird es 130 Reihenhäuser geben, 340 Wohneinheiten sollen im sogenannten Bergviertel entstehen, 2025 soll die Tram nach Krampnitz kommen. Und bis dahin? Soll es laut Nicke Busverkehr geben – geht es nach ihm, sollen es Elektrobusse sein, die die Stadt Potsdam derzeit noch nicht besitzt. „Muss sie dann aber“, sagt Nicke.

Inzwischen rumpelt der Van auf der historischen Ketziner Straße entlang. „Sie wird wahrscheinlich ihren Namen behalten“, sagt Nicke. Über alle anderen Straßennamen in Krampnitz wird mit dem Kulturausschuss beraten. Ob sie dann beispielsweise nach Potsdamer Frauenpersönlichkeiten benannt werden, die bislang in Sachen Straßennamen in der Stadt zu kurz kommen, kann Nicke noch nicht sagen. Auch einen Bezug zur Kaserne oder der Landschaft sei vorstellbar. Ein Workshop zum Thema soll noch in diesem Jahr stattfinden.

1400 Wohnungen werden der Deutsche Wohnen gehören

Ebenso in diesem Jahr wird die Deutsche Wohnen AG mit dem Ausbau von zwei T-förmigen Gebäuden im Südosten des Geländes beginnen, an denen Nicke vorbeifährt. Die Bauanträge sind bereits gestellt. Insgesamt 1400 Wohnungen werden später der Gesellschaft gehören, bereits 2017 hat sie sich die Grundstücke dafür gesichert. Das Unternehmen steht vor allem in Berlin in der Kritik, auf Kosten der Mieter Profitmaximierung zu betreiben. 18 Millionen Euro hat die Deutsche Wohnen bereits bezahlt, insgesamt werden es in zwei Raten 50 Millionen Euro sein. Weitere acht Millionen Euro für das Areal hat der Entwicklungsträger bereits 2015 per Kommunalkredit aufgenommenen.

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Nicke springt aus dem Auto und zeigt auf eine Baugrube. In den letzten zwei Wochen hat sich am alten Exerzierplatz viel getan – das darunterliegende Labyrinth des Kohlebunkers kommt nach und nach zum Vorschein, auch der Kampfmittelräumdienst ist hier noch bei der Arbeit. Früher haben in dem Kohlekeller illegale Partys stattgefunden. „Wir haben sogar noch ein Schild gefunden: Da stand ‚Lachgas 1 Euro‘ drauf.“ Erhalten kann man die Bausubstanz nicht, hier wird später ein neues Gebäude mit acht Geschossen stehen. Gleich hinter der Baugrube, vom alten Heizhaus aus, wird die Energie und Wasser Potsdam das Viertel mit Wärme versorgen.

Auf dem Gelände leben viele Fledermäuse

Insgesamt vier Millionen Euro habe der Entwicklungsträger bereits in Abbrucharbeiten investiert, sagt Nicke. 523.000 Euro davon entfallen auf den Kohlebunker. 850.000 Euro zusätzlich hat der Träger bereits für die Erschließung der Straßen und der provisorischen Strom- und Wasserversorgung bezahlt. Ebenfalls zu Buche schlagen 600.000 Euro für Grünschnitt und Tierrettung – denn viele Fledermäuse leben auf dem Gelände, die alternative Nistplätze angeboten bekommen müssen. „Und auch Zauneidechsen leben hier zu hunderten“, sagt Nicke. Sie werden entweder mit Hilfe von niedrigen Zäunen in ein angrenzendes Sumpfgebiet geleitet oder umgesiedelt in die renaturierte Müllkippe in Golm – einen Echsenwechsel nennt Nicke das.

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Die Umweltschützer und die Denkmalpflege – beide machen sie Nickes Leben ein wenig schwerer. „Es ist nicht leicht, alles unter einen Hut zu bekommen“, sagt er. Trotzdem: Gerade die Denkmalpflege sichere die Qualität des enormen Bauprogramms, auch wenn Funktionalität und Denkmal nicht immer leicht zu vereinen seien.

Bei der Schule hat Nicke alles konkret vor Augen

So auch beim nächsten Halt mit Nickes Van an der künftigen Schule an der Ostseite des geplanten Parkareals in Krampnitz‘ Mitte. Vielleicht ist es Nickes Lieblingplatz, denn er hat an diesem Ort bereits alles vor Augen. „Hier blicken Sie in Richtung Park“, sagt er und deutet auf dichtes Gebüsch zwischen zwei alten Häusern, in denen einst die Kantine der Kaserne untergebracht war. Die Küche, die die Häuser einst verband, ist bereits abgerissen. „Und hier, wo wir stehen, wird der Schulhof sein.“ Noch verströmt das Areal einen eher morbiden Charme mit den kaputten Fenstern und der sandigen provisorischen Straße. 

Die geplante Schule in Krampnitz.
Die geplante Schule in Krampnitz.

© Pro Potsdam

Eine dreizügige Grundschule mit Hort für rund 450 Kinder soll hier entstehen außerdem eine Kita mit 130 Plätzen. Fertig sein soll sie bereits Mitte 2022. Elf Millionen Euro soll das Projekt kosten, vier Millionen Euro kommen wie berichtet aus Fördermitteln des Bundes. Geht es nach Nicke werden die beiden alten Gebäude mit einem modernen Riegel verbunden – so sieht es eine Machbarkeitsstudie vor. Allerdings grätscht ihm nun die Denkmalpflege dazwischen, denn die wünscht sich eine Freifläche zwischen den Gebäuden. Deshalb laufe bereits ein Realisierungswettbewerb, dessen Ergebnisse im Sommer präsentiert werden sollen.

Nicke steigt wieder ins Auto. Einen Ort, inmitten der Ruinen, möchte er noch zeigen. Nach kurzer Fahrt hält er vor einem alten Kasernengebäude und zeigt, wie Krampnitz einmal aussehen soll. Hier sieht man alt und neu nebeneinander an der Hausfassade: das ursprüngliche Gelb des Gebäudes ist weggewaschen durch die vielen Löcher in den kaputten Regenrinnen. Darunter hervor lugt weiße Farbe. „Das ist alles noch von den Russen gestrichen“, sagt Nicke. Und deutet dann auf ein Stück Wand weiter unten, neben dem mit einem Betonfresko eingefassten Eingang des Gebäudes. Hier ist die Farbe abgekratzt, roter Klinker ist zu sehen. Backstein: So soll es einmal aussehen, das neue Krampnitz – zumindest ein Teil davon. Nicke deutet ein Stück weg auf ein in sich zusammengesunkenes Spitzdach. „Das wird nicht mehr lang aushalten“, sagt er. Für ihn ist es ein Zeichen beim Bau in Krampnitz weiter aufs Gas zu drücken.

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