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Protestcamp in Potsdam: Zelten für mehr Wohnraum

Seit Montag demonstriert die Grüne Hochschulgruppe Potsdam für den Bau von Studentenwohnheimen. Die Lage ist angespannt. Noch etwa 600 Studierende suchen nach einer Unterkunft.

Von Florian Kistler

Potsdam - Studienbeginn. Das heißt für viele Schulabgänger neue Freunde, eine neue Stadt und eine neue Wohnung. Ein Zimmer zu finden bereitet inzwischen jedoch immer mehr Studierenden in Potsdam Probleme. Bezahlbare Unterkünfte werden seltener, die Wohnheime der Studentenwerke sind restlos voll. Die Grüne Hochschulgruppe Potsdam will auf diese prekäre Situation aufmerksam machen und demonstriert seit Montag mit einem Protestcamp für den Bau von mehr Wohnheimen an drei Universitätsstandorten in der Landeshauptstadt. Erstes Ziel war gestern der Campus am Griebnitzsee.

Die Forderung ist dabei klar: „Es müssen mehr Wohnheimplätze geschaffen werden“, sagte Michael Mühl, der das Protestcamp mitorganisiert hat. „Wenn 2000 neue Studenten aufgenommen werden, muss auch Wohnraum gefördert werden.“ Der 27-Jährige sieht die Landesregierung in der Pflicht. Sie soll den Bau finanziell fördern. Mühl selbst studiert auf Lehramt und weiß, wie schwer es ist, ein bezahlbares Zimmer zu finden. „Als ich vor zwei Jahren hierher kam, habe ich bestimmt 300 Menschen angeschrieben. Ich hatte Glück, dass ich in einer WG genommen wurde.“ Er sagt, dass er nicht das Gefühl habe, dass sich die Situation in den vergangenen Jahren verbessert hat. „Als Masterstudent hat man kaum eine Chance auf einen Wohnheimplatz.“

Anfragen um 66 Prozent gestiegen

Etwa 15 Menschen organisieren das Protestcamp. Noch bis Mittwoch sind sie an verschiedenen Standorten unterwegs. Am Dienstag am Neuen Palais, am Mittwoch in Golm. Die Gruppe trifft sich jeweils um 16 Uhr. Neben Vorträgen gibt es auch Gesprächs- und Diskussionsrunden. Gestern war dazu der Geschäftsführer des Studentenwerks Potsdam, Peter Heiß, zu Besuch. Er sagte, dass der Andrang für die Wohnheime derzeit „riesig“ sei. Die Anfragen seien im Vergleich zum Jahr 2013 um 66 Prozent gestiegen. Zwar konnten durch das neue Wohnheim in Golm 150 neue Plätze geschaffen werden, aktiv würden aber derzeit noch immer etwa 600 Studenten nach einer Bleibe suchen. „Wir können insgesamt etwa neun Prozent der Potsdamer Studenten versorgen“, so Heiß. Insgesamt studieren derzeit 25.000 Menschen in der Landeshauptstadt, davon 5500 Erstsemester. Die Gesamtzahl steigt damit weiter.

Das Studentenwerk hat in diesem Jahr mehr als 1000 Neuverträge abgeschlossen. Wie berichtet wurden die Plätze erstmals über ein Losverfahren vergeben. Davor galt das Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. „Durch das Losverfahren wollten wir verhindern, dass Studenten im Treppenhaus übernachten, um einen Platz zu ergattern“, erklärte Heiß. Ob es bei diesem Verfahren bleibt, sei jedoch unklar. „Wir sind uns noch unschlüssig“, sagte der Studentenwerkschef.

Studentenwerk fordert mehr Unterstützung

Insgesamt gibt es in Potsdam 2866 Wohnheimplätze, die zwischen 195 und 295 Euro im Monat kosten. Damit bleiben die angebotenen Wohnungen im Rahmen der Bafög-Wohnungspauschale von 325 Euro. Um diese Preise zu halten, ist laut Heiß eine Förderung notwendig: „Wir benötigen für Neubau und Sanierung finanzielle Unterstützung.“

Für Studierende, die außerhalb von Wohnheimen nach einer Bleibe suchen, ist die Lage ähnlich schwierig. Wer sich eines der begehrten WG-Zimmer in der Stadt sichern kann, muss tief in die Tasche greifen. Beispielsweise wird auf der Onlineplattform „WG-Gesucht“ ein 16 Quadratmeter großes Zimmer in Babelsberg für 470 Euro angeboten. In der Brandenburger Vorstadt gibt es 25 Quadratmeter für 627 Euro. Laut einer Auswertung des TV-Senders rbb muss man in Potsdam mit einer durchschnittlichen Monatsmiete von 400 Euro für ein WG-Zimmer rechnen. Die Landeshauptstadt liegt damit im Bundesvergleich auf Platz 20 der teuersten Städte.

Kritik an der Wohnsituation kommt auch vom Präsidenten der Universität Potsdam, Oliver Günther. Er sieht Verbesserungsbedarf bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Studenten: „Wir sind eine wachsende Universität. Zu einer exzellenten Hochschulausbildung gehören gleichermaßen gute soziale Rahmenbedingungen auf dem Campus“, teilte er mit. „Ein günstiger Platz im Wohnheim ist für einige Studierende der Türöffner zum Wunschstudienplatz.“

Bundesmittel könnten helfen

Nicht nur beim Protest der Grünen Hochschulgruppe war die prekäre Wohnsituation gestern ein Thema. Zeitgleich fand eine Fördertagung zum studentischen Wohnheimbau in Berlin statt. Daran nahmen neben Ansprechpartnern der einzelnen Studenten- und Studierendenwerke auch Vertreter aus Ministerien und Abgeordnete des Bundestages teil. Bei der Tagung berieten die Anwesenden gemeinsam zu möglichen Förderinstrumenten. Bereits am April wurde ein Gesetz geändert, das es 2020 ermöglicht, dass der Bund den Ländern Finanzhilfen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus gewährt. Die Finanzhilfe soll auch für Zuschüsse zum Wohnheimneubau und der Sanierung eingesetzt werden.

Studentenwerkschef Peter Heiß begrüßte die Initiative: „Damit die Schere zwischen Studierendenzahlen und Wohnheimplatzangebot zukünftig nicht noch weiter auseinandergeht, müssen sich die einzelnen Akteure gemeinsam stark machen. Die in Aussicht gestellten Mittel des Bundes sind ein wichtiger Baustein.“

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