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Ist das Kunst oder kann das weg? Über diese Pissoirs im Club "Pirschheide" wird derzeit gestritten.

© M. Thomas

Pro und Contra über umstrittene Männerklos: Sollten die Mund-Pissoirs abgenommen werden?

Die Pissoirs in Mundform in einem neuen Club in Potsdam sorgen für Gesprächsstoff. Zu Recht werden die Männertoiletten kritisiert, meint PNN-Autor Marco Zschieck. Männer sind vor dem Pissoir eher von schlichter Natur, entgegnet PNN-Autor Alexander Fröhlich - und versteht die Aufregung nicht.

PRO: Eine Frage des Geschmacks, der persönlichen Werte oder des Anstands

Potsdam - Rechtlich ist die Sache klar. Natürlich kann sich ein privater Bauherr ein Pissoir ganz nach seinem Geschmack montieren lassen. In sein Geschäft kann ihm da niemand hineinreden. Aber mal im Ernst: Wie kommt man nur auf die Idee, ein Urinal in der Form eines offenen Frauenmunds in einem Lokal aufzuhängen? Wie kann man annehmen, dass das witzig oder originell sein soll? Ganz offenbar fehlt es da an kritischer Selbstreflexion, an der Fähigkeit, sich in andere hineinversetzen zu können, die so etwas dann doch ziemlich widerlich finden. Das gilt für den Betreiber des Clubs „Pirschheide“ genauso wie für die Fitnessstudio-Kette „John Reed“. Zu Recht wird die bunte Keramik nun nicht nur vom Frauenpolitischen Rat des Landes Brandenburg, sondern auch von den Potsdamer Grünen kritisiert, die die Pissoirs mit dem Namen „Kisses“ am liebsten wieder abgebaut sähen. Die Sanitärinstallation sei abstoßend, zutiefst diskriminierend und frauenfeindlich. Über die Frauenfeindlichkeit und die Diskriminierung kann es in diesem Fall eigentlich keine zwei Meinungen geben. Darüber, ob man das abstoßend findet, hingegen schon. Das ist dann eben eine Frage des Geschmacks, der persönlichen Werte oder des Anstands.

Weder der Club noch das Fitnessstudio können gezwungen werden, ihre Toiletten umzubauen, solange sie mit der Installation nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Allerdings sind beide ja für die Nutzung durch – zahlende – Besucher gedacht. Niemand wird gezwungen, dort überhaupt hinzugehen. Vielleicht lohnt es sich für die Betreiber, mal darüber nachzudenken, welche Klientel sie ansprechen wollen und welche ihre Örtchen möglicherweise meiden, weil ihnen die Gestaltung stinkt. Marco Zschieck

CONTRA: Männer sind vor dem Pissoir von schlichter Natur

Diese Pissoirs in den Männertoiletten der Klubs und Bars: Abgesehen von irgendwelchen bunten Bildern, zuweilen Fahrstuhlmusik, geben die Becken selbst Auskunft über das herrschende Männerbild. Und danach sind Männer reichlich infantil und müssen beim Urinieren geleitet werden. Das Ziel soll keinesfalls verfehlt werden. Da helfen dann aufgeklebte Fliegen. Oder ein kleines Tor mit Ball am Band. Damit bloß nichts daneben geht. Aber erst jetzt ist die Zeit gekommen, darüber nachzudenken – mit der ausgerechnet in Potsdam aufgeworfenen Debatte um Pissoirs in einem neuen Klub. Denn eigentlich denken Männer, zumal im Klub, meist noch nach Alkoholgenuss, kaum darüber nach, in was für ein Pissoir sie nun ihr kleines Geschäft verrichtet. Männer sind zuweilen von schlichterer Natur. Sicherlich mag man die im Klub „Pirschheide“ installierten Pissoirs in Form eines Frauenmundes nicht originell finden. Sind sie auch nicht. Geschmacklos obendrein. Wer aber meint, Mann denke beim Urinieren in besagtes Pissoir an Oralsex, an jederzeit verfügbare Frauen, erwartet zu viel.

In Wien haben Frauen erfolgreich protestiert gegen solche Mundklos. Dort allerdings handelte es sich um vormals öffentliche Toiletten der Stadt in der Opernpassage. Der Betreiber des Örtchens an zentralem Platze lenkte ein. Dergleichen von einem Inhaber eines Klubs zu fordern – kann man machen, ist aber Privatwirtschaft. Wer seinen Besuch dort von Mund-Pissoirs abhängig macht, wer es rundweg ablehnt, dort zu urinieren, bleibt einfach weg. Also die Männer. Und fragt mal einen Nutzer, männlich, gleich, was er so denkt beim Urinieren. Ob er Sexist ist? Ansonsten: Die Debatte war kostenloses Marketing. Alexander Fröhlich

Und was meinen Sie? Sollten die umstrittenen Pissoirs wieder abgenommen werden? Schreiben Sie uns eine Mail an potsdam@pnn.de oder stimmen Sie auf pnn.de ab.

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