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Landeshauptstadt: Preußenmeile mit Pfund

Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte engagiert legendären Leibkutscher als Stadtführer

Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte engagiert legendären Leibkutscher als Stadtführer Johann Georg(e) Pfund(t), der legendäre Leibkutscher Friedrichs des Großen, ist zum Leben erweckt worden. Das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) hat ihn als Führer durch die historische Mitte Potsdams engagiert. Dieses Gebiet komme bei den Touristen noch zu kurz, meint HBPG-Chef Gert Streidt. Mit der populären Figur soll versucht werden, das Interesse an Stadtschlossbezirk, Stadtkanal und Garnisonkirche zu erhöhen. Am kommenden Sonntag startet Kutscher Pfund um elf Uhr die erste Tour. Vom Kutschstall aus wandert er mit den Gästen auf einer etwa zwei Stunden dauernden und eine Preußenmeile – etwas über sieben Kilometer – langen Tour durch die Innenstadt. In der Kutscheruniform steckt der Schauspieler Gerhard Vondruska, werktags im blauen Rock mit roten Hosen, an Feiertagen im spitzenbesetzten Hemd und Beinkleidern aus gelber Seide. Zu der Montur hat ihm die Potsdamer Modedesignerin Anja Fengler verholfen. Vorausgegangen waren schwierige Recherchen der jungen Kunsthistorikerin Dieta Krüger, welchen Rock Königs Leibkutscher trug. Erst in den Neuen Kammern von Sanssouci fand sie auf einem Gemälde von Baron dazu eine winzige Abbildung. In Gegensatz zu den rot gekleideten Bediensteten im nahe gelegenen Marstall für die Reitpferde trugen die Kutscher Blau. Weitere Hinweise lieferte die von den Gebrüdern Wohler geschaffene Skulptur des Rosselenkers, deren Vorbild Pfund gewesen sein soll. Das wird die Touristen aber nicht weiter stören, denn Johann Georg Pfund hat mehr zu bieten als Hut und Rock. Schon zu seinen Lebzeiten wurden über den 1700 in Neuruppin geborenen Mann, wo er als 30-Jähriger in die Dienste des Kronprinzen trat, dutzendweise Anekdoten erzählt. Er soll selbst dem König gegenüber so grob und vorlaut gewesen sein, dass ihn dieser zeitweise zum Knüppel- und Mistfahren abkommandierte, mehrere Nebenfrauen besessen und in Berlin auf Friedrichs Kosten ein Kutscheressen gegeben haben, bei dem 100 Flaschen teuersten Champagners durch die Kehlen flossen. Fast 46 Jahre kutschierte er seinen Herrn, ehe er als bereits 76-Jähriger in den Ruhestand geschickt wurde. In den Legenden über Pfund mischen sich, wie stets, Dichtung und Wahrheit. Friedrich der Große dürfte schon mit ihm zufrieden gewesen sein, wenn er sich so lange von Pfund kutschieren ließ. Nach der Außerdienststellung soll der König seinem Kutscher aber die Unverschämtheiten heimgezahlt haben. Der Entlassene bekam keine Rente, ehe Oberstallmeister Graf Schwerin für ihn doch noch eine „Gnadenpension“ von 7 Thalern 8 Groschen monatlich auf Lebenszeit erwirkte. Die Kabinettsorder dafür wurde allerdings bereits am 13. März 1776 ausgestellt. Dies spricht dagegen, dass Pfund dem König monatelang aufgelauert und ihn immer wieder vergeblich um eine Altersversorgung angesprochen hat. Am 22. September1784, exakt an seinem 84. Geburtstag, segnete Johann George Pfundt, wie er im Sterberegister der Zivilgemeinde der Garnisonkirche geschrieben wird, das Zeitliche. Er hinterließ neben seiner Witwe (es war seine dritte Ehefrau) eine Tochter und einen Sohn. In Berlin leben heute mehrere Familien Pfundt, die ihre Herkunft auf den Leibkutscher Friedrichs des Großen zurückführen. Erhart Hohenstein Preußenmeile. Mit dem Leibkutscher Friedrichs des Großen durch Potsdams historische Mitte. Führung in Deutsch und Englisch für Gruppen ab 8 Personen. 10 Euro p.P. Buchungen im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Telefon 0331/6208550

Erhart Hohenstein

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