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Studienvermittler. Jonas Kehrbaum musste nach dem Abitur selbst erst einmal herausfinden, wie man an ein Stipendium erhält. Nun gibt er sein Wissen in seiner Firma an andere weiter und hat auch schon Potsdamer in die Vereinigten Staaten geschickt.

© Andreas Klaer

Potsdamer Start-up vermittelt US-Stipendien: Ich bin dann mal weg

Jonas Kehrbaum studierte vier Jahre in den USA und gründete anschließend das Start-up Epro 360. Die Firma vermittelt Stipendien an US-Universitäten.

Potsdam - Es ist wohl die wichtigste Zeit des Lebens: Nach dem Abitur gilt es, sich auszuprobieren, die Welt zu erkunden, sich abzunabeln vom elterlichen Heim. Ein Auslandsstudium erscheint vielen jungen Menschen verheißungsvoll. Der Sehnsuchtsort USA steht ganz oben auf der Wunschliste. Das Problem, vor dem viele Abiturienten stehen: In den USA kann ein Studium sehr teuer werden. Die Gebühren verschlingen im Durchschnitt etwa 25 000 US-Dollar im Jahr. Für einen Bachelor-Studiengang, der üblicherweise vier Jahre dauert, fallen so schnell 100 000 US-Dollar an. Das Start-up Epro 360 will Abiturienten deshalb dabei helfen, sich den Traum vom Studium in den USA trotzdem zu erfüllen.

„Vielleicht kennen Sie jemanden, der an der Krankheit Pubertät leidet?“, antwortet Jonas Kehrbaum auf die Frage nach seiner Geschäftsidee. Die Sehnsucht nach Neuem, ein unbändiger Reisedrang, der Wunsch, sich von allen Rollenerwartungen zu lösen – so sei es ihm nach dem Abitur ergangen. Wie so vielen seiner Altersgenossen. Jonas Kehrbaum entschloss sich, seinem inneren Wunsch nachzukommen und in den USA zu studieren. Doch woher das Geld für den Traum vom Auslandsstudium nehmen?

Kehrbaum löste das finanzielle Problem über ein Stipendium, das ihm zumindest die horrenden Studiengebühren in Höhe von 68 000 US-Dollar ersparte. Für seinen Lebensunterhalt musste er trotzdem nebenbei jobben. Stipendien gibt es in den USA hauptsächlich für Minderheiten, überdurchschnittlich begabte Schüler oder Sporttalente. Denn Sportler sind wichtige Aushängeschilder in amerikanischen Universitäten. Ebenso wie Studierende aus dem Ausland: „Das Ranking der Universitäten steigt, je mehr ausländische Studierende sie vorzuweisen haben“, erklärt Kehrbaum. Um die begehrten Studierenden anzulocken, lassen sich die Universitäten nicht lumpen: Es gibt etliche Stipendien, die ein kostenloses Studium ermöglichen. Man muss nur wissen, wie sie zu haben sind.

„Die notwendigen Informationen zusammenzusuchen, war mühsam“, beschreibt der Unternehmensgründer seine Erfahrungen. Doch er bewarb sich schließlich erfolgreich und begann 2010 als 21-Jähriger, an der Lindenwood University in Missouri Kommunikationswissenschaften zu studieren. Er blieb bis 2014. Noch in den USA nahm eine Geschäftsidee Formen an, die er gemeinsam mit zwei Freunden aus Spanien und Ecuador realisieren wollte. Viele Studierende aus dem Ausland hatten sich ebenso wie die drei Gründer auf ein Stipendium beworben. Und dabei mitunter viel Zeit und Mühe investiert. Ihre auf dem Weg zum Studium und während ihres Aufenthalts gesammelten Erfahrungen wollten Jonas Kehrbaum, Francisco Galvez und Oswaldo Chavez deshalb als Dienstleistung vermarkten und so die Suche nach einem geeigneten Stipendium für andere erleichtern.

Nach vier Jahren USA kehrte Jonas Kehrbaum schließlich zurück nach Europa und begann neben seiner Arbeit als Innovationscoach bei SAP in der Schweiz und anschließend als Coach für Design Thinking in Potsdam, die deutsche Niederlassung für sein eigenes Unternehmen aufzubauen. Nach Feierabend vermittelte er Stipendien für amerikanische Universitäten an junge Menschen mit Fernweh aus der ganzen Welt. Das ist auch das Kerngeschäft seiner Firma Epro 360.

Die bietet ihren Service in drei verschiedenen Stufen an: Die erste Beratung und Evaluierung ist für jeden kostenlos. Danach sind Dienstleistungspakete von 3000, 5000 und 10 000 Euro buchbar, die je nach Umfang von der reinen Stipendienvermittlung bis hin zum kompletten Karrierecoaching und Bewerbungstraining reichen. „Wir kriegen jeden mit Abi rüber“, betont Kehrbaum. Zu den Partnern des Start-ups gehört das Programm „Semester at Sea“, bei dem Studierende ein Semester auf einem umgebauten Kreuzfahrtschiff verbringen und währenddessen bis zu 14 Länder bereisen.

Seine Festanstellung bei SAP hängte Kehrbaum schließlich 2015 an den Nagel. „Die Firma wuchs irgendwann so stark, dass ich Vollzeit in Anspruch genommen wurde.“ Inzwischen hat die Firma etwa 40 Stipendien vermittelt. Die Studierenden kommen aus Peru, Ecuador, der Mongolei, Australien und natürlich Deutschland. Seit einem Jahr sind die ersten Potsdamer in den USA. Seine Zeit dort möchte Jonas Kehrbaum nicht missen: „Ich habe Seiten an mir kennengelernt, die ich vorher nicht wahrgenommen habe.“ Der amerikanische Gründergeist habe ihn beeindruckt und nachhaltig geprägt. Das Studium sei letztlich auch ein Sprungbrett für seine eigene Karriere gewesen. „Ich würde gern, ich hätte gern – das höre ich leider immer noch sehr häufig. Aber man hat es selbst in der Hand und darf sich nicht beirren lassen.“ Über seine Erfahrungen schreibt der junge Mann derzeit ein Buch, das unter dem Titel „Was dir nach dem Abi niemand sagt“ 2018 erscheinen soll.

Die Firma im Internet >>

Heike Kampe

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