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Potsdamer SPD-Eintritte: Roter Adler und Gretchenfrage

Nach dem Parteitag der SPD und der zusage zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union trifft Sandra Calvez neue Potsdamer Genossen.

Potsdam - Michael ist neuerdings Genosse. Früher war er Pirat, aber jetzt will er sich thematisch breiter aufstellen. Auch Moritz ist neu bei der SPD, er verdient als Azubi 375 Euro im Monat und sucht eine Partei, die es auch ihm möglich macht, beim Vater auszuziehen in eigene vier Wände. Alexandra ist wieder da – die 71-Jährige war schon 40 Jahre lang SPD-Mitglied, aber vor vier Jahren trat sie aus. „Ich war enttäuscht von der GroKo“, sagt sie. Aber nun werde es besser. Politikerinnen wie Malu Dreyer und das Sondierungspapier, die hätten sie überzeugt, wieder einzutreten. „Und diesmal bleibe ich da“, sagt sie.

Von der „Tritt ein, sag nein“-Bewegung ist nicht viel zu spüren bei den neuen Potsdamer Genossen, die am Mittwochabend ins Regine-Hildebrandt-Haus gekommen sind. Zumindest gibt niemand von ihnen offen zu, nur eingetreten zu sein, um beim Mitgliederentscheid gegen die GroKo zu stimmen. Die Diskussionen drehen sich vielmehr um den Alltag in der Stadt, die altbekannten Baustellen: Wohnen, Bildung, Verkehr.

Eine „Mitmachpartei“ wünscht es sich die Potsdamer SPD-Chefin Ulrike Häfner. Mitmachen wollen immer mehr, seit Januar sind 27 dazugekommen. Nein, sogar 28, mit Juri, einem ehemaligen Piraten – er übergibt am Ende der Debatte seinen Mitgliedsantrag. Über 900 Mitglieder hat die SPD nun in der Stadt. Jedem Neuling, der gekommen ist, drückt Ministerpräsident Dietmar Woidke das rote Parteibuch in die Hand: „Schön, dass du da bist!“ Dazu gibt es den Kalender „Mit dem Roten Adler durch das Jahr“.

Die Kommunikation mit den Mitgliedern, aber auch nach außen, daran müsse man arbeiten, sagt er. „Wir dürfen nicht oberlehrerhaft rüberkommen, uns aber auch nicht klein machen“, so Woidke. Er will sichtlich Überzeugungsarbeit leisten für die GroKo. „Wir haben in den Verhandlungen so viel erreicht, das hätte ich nie für möglich gehalten.“ Aber nach der Hälfte der Regierungszeit müsse man Bilanz ziehen – und zur Not aussteigen. Zwar skandiert keiner im Raum gegen die GroKo, aber Ängste oder Sorgen schwingen mit. „Wie sollen wir denn unseren Mitgliedern glaubhaft vermitteln, dass die notwendige Erneuerung der Partei auch in der GroKo geht?“, fragt etwa Matthias.

Doch die größte Angst der Genossen lauert am rechten Rand. Eine richtige Antwort bekommen diejenigen zwar nicht, die fragen, wie man denn nun umgehen soll mit der AfD im Wahlkampf. Aber dass es die CDU nicht richtig macht, darin sind sie sich einig – und finden markige Worten. Der Potsdamer SPD-Oberbürgermeisterkandidat Mike Schubert etwa forderte von CDU-Kontrahent Götz Friederich, er solle antworten auf die Gretchenfrage ’Wie hälst du’s mit der AfD’. Denn, sollte es zur Stichwahl kommen, so Schubert, „kann ich mir vorstellen, dass die CDU mit der AfD ins Bett geht“. Auch Woidke urteilt, die CDU in Brandenburg schaue zu sehr nach rechts, das sei brandgefährlich: „Die CDU ist nach rechts nicht ganz dicht.“

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