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"Fridays for Future": Potsdamer Schüler bereiten sich auf Demo vor

Wofür zur Schule gehen, wenn es keine Zukunft gibt? Das fragen sich viele Schüler, die sich bei „Fridays for Future“ engagieren. Am Freitag ist die bisher größte Demo.

Potsdam - Die Sache ist ihnen ernst. Das merkt man an der konzentrierten Geschäftigkeit, mit der die Schüler Buchstaben ausschneiden, Plakate beschriften und Erdkugeln auf Transparente malen. Eine geordnete Ruhe, die sich so mancher Lehrer wahrscheinlich auch mal in seinem Klassenzimmer wünschen würde. Am morgigen Freitag werden im Rahmen von „Fridays for Future“ in fast 100 Ländern Schüler demonstrieren, um auf die Gefahren des Klimawandels aufmerksam zu machen. Auch in mehr als 100 deutschen Städten sind Streiks geplant. In Potsdam haben sich bereits am Dienstagabend etwa 15 Schüler im Freiland-Zentrum in der Friedrich-Engels-Straße mit einer Plakatmalaktion auf die Demo vorbereitet. 

„Nicht immer ist es bei uns so koordiniert zugegangen“, sagt Otto Richter. Der 17-Jährige und seine Kollegen aus dem Organisationsteam haben in den vergangenen Treffen Protokoll geführt und gelernt, dass es hilft, klare Zielvorgaben zu formulieren. Jetzt gilt: die Plakate und Transparente müssen fertig werden.

Die Schüler organisieren sich per WhatsApp

Angefangen habe das mit den Freitagsdemos in Potsdam mit einem WhatsApp-Kettenbrief und der Einladung in eine Gruppe des Messenger-Dienstes. Und so laufe es bis heute, erklärt Otto Richter. Zum Mitmachen könne man sich an das Organisationsteam wenden, etwa über den Nachrichtendienst Twitter. Dann werde man in die Whats-App-Gruppe eingeladen.

Es riecht nach Lack und Acryl im Raum. Auf dem Tisch liegen und stehen die Farben in Haufen, aber nach Art sortiert. „Mit Abschalten ist nicht euer Hirn gemeint“ steht da auf einem Pappkarton, „Hopp, Hopp, Hopp, Kohlestopp“ auf einem Banner. „Wir streiken, bis ihr handelt“ soll auf ein großes Transparent gesprayt werden – draußen, bei sieben Grad. In dicken Jacken versammeln sich einige der Schüler gegen 19 Uhr in dem schwachen Schein einer der wenigen Hauslaternen auf dem Freilandgelände. Ausgeschnittene Buchstaben werden auf das Transparent gelegt und mit Holzscheiten belastet. Dann wird vorsichtig gesprüht. Aber so einfach ist das nicht.

Teresa ist zum ersten Mal dabei 

Einige der Schablonen, die die Schüler auf alte Magazinseiten gemalt und mit Teppichmessern ausgeschnitten haben, werden vom Wind erfasst, auf bereits gesprühte Buchstaben geweht und zerknittern bei dem Versuch, sie zu retten. Auch passt der Spruch nicht auf das Transparent. Die Schablonen sind zu groß. „Dann eben ‚Ihr müsst handeln!’“, schlägt Otto Richter vor. „Das ist mir zu exklusiv“, sagt einer der anderen Schüler, der nicht namentlich genannt werden möchte. „Vielleicht: ‚Wir müssen handeln!’“

Zum ersten Mal wird morgen auch Teresa Malik mitdemonstrieren. Die 15-Jährige besucht das Einstein-Gymnasium. „Ich habe mich intensiv damit auseinandergesetzt, wie sinnvoll die Demos sind“, sagt sie. An ihrer Schule würden Fehlstunden aufgeschrieben und Verweise für unentschuldigtes Fehlen angedroht. „Ich mache morgen trotzdem mit, weil ich glaube, dass die Proteste jetzt mehr Aufmerksamkeit erhalten. Das ist wichtig, damit sich etwas verändert.“

Sogar der Finanzminister unterstützt die Schüler jetzt

Die Schülerdemonstranten erhalten immer mehr Unterstützung. Am Mittwoch hat das Finanzministerium Potsdam auf Facebook das Plakat zur Freitagsdemo geteilt. Finanzminister Christian Görke (Die Linke) begrüße das Engagement der Schüler, heißt es in dem Post. 

Eltern, Lehrer, Wissenschaftler und sogar Landwirte organisieren sich bereits seit Wochen in „for Future“-Gruppen, in denen sie ihre Loyalität kundtun. Am Mittwochabend forderte die Initiative “Parents for Future“ Potsdamer Schulleitungen und Lehrer in einem offenen Brief auf, Handlungsspielräume zu nutzen und Disziplinarmaßnahmen gegen die Schüler zu vermeiden.

Auf der anderen Seite werden die jungen Demonstranten auch kritisiert. Das ärgert Tabea Reinhardt. Die 18-Jährige kniet am Dienstagabend auf dem Boden und malt eine Erdkugel auf ein Transparent. „There is no planet B“ – es gibt keinen Planeten B – ist später zu lesen. Das „o“ in „no“ ist eine Erdkugel. „Es nervt, dass alle über Schwänzen reden und unsere Inhalte ignorieren“, sagt sie: „Der Schulausfall ist nur das Mittel, mit dem wir Aufmerksamkeit schaffen wollen.“ 

"Oft wird so getan, als sei das eine Phase"

Sonst heiße es immer, die Jugend engagiere sich nicht. Wenn man es dann tue, sei es auch wieder nicht recht. „Oft wird auch so getan, als sei das eine Phase, aus der wir herauswachsen. Aber solange es das Problem gibt, hören wir nicht auf.“ 

Jaro Abraham bringt es noch deutlicher auf den Punkt: „Was bringt uns Schulunterricht, wenn die Welt zusammenbricht!“ 

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