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Mit Linken-Politikerin Marlen Block sprachen Zehntklässler:innen der Gesamtschule am Schilfhof unter anderem über die Wehrpflicht. 

© Ottmar Winter

Potsdamer Schüler diskutierten mit Landespolitikern: Polit-Speeddating von Linke bis AfD

Impfung, Wehrpflicht und kostenloser ÖPNV: In der Gesamtschule am Schilfhof sprachen die Jugendlichen im Rahmen des Formats „Dialog P“ viele kontroverse Themen an.

Potsdam - Sollte die Wehrpflicht wieder eingeführt werden? Ist eine Impfpflicht an Schulen sinnvoll? Und sollte Massentierhaltung abgeschafft werden? Viele kontroverse Themen hatten sich die Zehntklässler:innen der Gesamtschule am Schilfhof im Wohngebiet am Schlaatz vorgenommen und am Donnerstag mit sechs Landespolitiker:innen aus Potsdam diskutiert. 

„Dialog P“ heißt das Format des Berliner Vereins Kumulus, eine Art Polit-Speeddating, bei dem im Zehn-Minuten-Takt Vertreter:innen verschiedener Parteien von Tisch zu Tisch wechseln, um mit Schüler:innen Argumente über das jeweilige Thema auszutauschen. Uwe Adler (SPD), Marie Schäffer (Grüne), Steeven Bretz (CDU), Marlen Block (Linke), Dennis Hohloch (AfD) und Matthias Stefke (BVB/Freie Wähler) beteiligten sich.

Nach Aufräumrunde wird kontrovers diskutiert

Nach einigen lockeren Aufwärmfragen geht es an die sechs Tische, an denen je sechs bis acht Jugendliche sitzen. „Sind Sie geimpft?“, fragt ein Schüler Uwe Adler, als sich dieser zum Tisch setzt, an dem eine Corona-Impfpflicht an Schulen diskutiert werden soll. „Nein“, sagt der SPD-Politiker. „Aber nicht, weil ich dagegen bin, sondern weil ich gesundheitlich vorbelastet bin.“ Eine Impfpflicht an Schulen lehnt er ab, allerdings plädiert er dafür, dass sich Jugendliche frei für eine Impfung entscheiden können sollten, auch gegen den Willen ihrer Eltern.

Die Wiedereinführung der Wehrpflicht findet tatsächlich unter einigen Schüler:innen Zuspruch: „Ich bin für die Wehrpflicht“, sagt einer der Schüler am Tisch. Er ist der Einzige in der Gruppe, der zur Bundeswehr gehen will. „Wenn mal etwas passieren sollte, kann sich Deutschland ansonsten nicht selbst verteidigen.“ Natürlich könne man sich auch freiwillig melden, doch das reiche seiner Ansicht nach nicht aus. „Ich war sehr froh, als die Wehrpflicht abgeschafft wurde“, sagt Marlen Block. „Würde es wirklich etwas bringen, wenn man diejenigen dazu zwingen würde, die das nicht wollen?“ Das denke er schon, sagt der Wehrpflicht-Befürworter: „Ich glaube, es hätte positive Auswirkungen, wenn alle solche Erfahrungen sammeln würden.“

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Block äußert die Vermutung, dass der Krieg in der Ukraine viele Jugendliche in dieser Frage bewegt habe. Mehrere am Tisch nicken: „Ich denke, bei uns ist es etwa Halbe-Halbe“, sagt einer der Schüler. Gleich nach Block nimmt Dennis Hohloch am Tisch Platz - er ist für die Wehrpflicht: „Das heißt für mich auch Zivildienst, den ich genauso wichtig finde.“ Er selbst sei ausgemustert worden: „Das fand ich schade, ich hätte gerne gedient.“ Hohloch beklagt den Zustand der Bundeswehr, die heruntergewirtschaftet sei: „Ich glaube nicht, dass die SPD die Bundeswehr wieder auf Vordermann bringen kann, also diejenigen, die sie zu Grunde gerichtet haben.“

Etwas weniger kontrovers wird die Frage nach kostenlosem ÖPNV für Schüler:innen und Studierende diskutiert: „Mir ist schon klar, dass ein komplett kostenloser ÖPNV für Schüler wohl nicht kommen wird, aber er könnte definitiv günstiger sein“, sagt einer der Schüler. „Was kostet denn ein Monatsticket für euch?“, fragt Steeven Bretz in die Runde. „30 Euro“, so die Antwort. „Nur Potsdam, ohne Berlin?“, fragt Bretz überrascht. „Das finde ich auch zu teuer.“ Komplett kostenlose Tickets für Schüler:innen lehnt er aber ab: „Man muss sich von dieser Geiz ist geil-Mentalität verabschieden, dass immer alles billig und kostenlos sein soll.“

Kritik an AfD-Vertreter Hohloch

Bei der Auswertung dürfen die Schüler:innen und Politiker:innen grüne oder rote Karten hochhalten, um über die Themen abzustimmen: Je zwei Drittel sind gegen eine Impfpflicht an Schulen und gegen die Wehrpflicht, fast alle gegen Massentierhaltung, zwei Drittel für mehr Gleichberechtigung von Mann und Frau.

Den meisten Schüler:innen hat das Format gefallen: „Ich fand es gut, dass man mal richtig mit Politikern sprechen konnte“, sagt die 16-Jährige Meret Ungerath. „Durch die Unterlagen war man gut auf die Diskussionen vorbereitet“, sagt Juliane Rettig. Was der 16-Jährigen nicht gefallen habe: die geringe Zeit pro Tisch: „An dem Tisch für Gleichberechtigung war einmal schon die Zeit vorbei, bevor man überhaupt über das erste Argument sprechen konnte.“ Die Politiker:innen seien so gewesen, wie sie erwartet hatte, sagt Rettig: „Es sind ja alles normale Menschen, die nicht irgendwie ausfallend werden, wenn sie sprechen.“ Negativ aufgefallen sei ihr nur Dennis Hohloch, der immer wieder am Thema vorbei gegen andere Parteien gewettert habe

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