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Hat seit Corona sein Geschäft auch ins Digitale übertragen: Der Bornstedter Weihnachtsmann Nadim Jovicic. 

© Ottmar Winter PNN

Potsdamer bietet digitale Bescherungen an: Videocall mit dem Weihnachtsmann

Der Bornstedter Nadim Jovicic besucht seit Jahren als Weihnachtsmann an Heiligabend Familien. Wegen Corona arbeitet er jetzt auch im Homeoffice.

Potsdam - Der Weihnachtsmann hat, wenn er Heiligabend von seinen Besuchen in den Potsdamer Familien zurückgekehrt ist, viel zu erzählen: Er weiß, dass der fünfjährige Ben nicht selten Streit mit seiner zwei Jahre älteren Schwester Lina sucht, er hat erfahren, dass der acht Jahre alte Leon Mathe-Hausaufgaben nicht gut leiden kann, die vierjährige Sophie sich einen Schminkkasten gewünscht hat und Lisa „beim Mittagsschlaf zickt“. 

Der 39 Jahre alte Nadim Jovicic aus Bornstedt, selbst Vater von drei Jungen im Alter von eineinhalb, fünf und sieben Jahren, ist Experte für Weihnachtswünsche von Kindern und Weihnachtsmänner – er ist selbst einer. Er wird die Mädchen und Jungen auf ihre vermeintlichen Schwächen ansprechen und ihnen die Absolution erteilen, so weit das einem Weihnachtsmann möglich ist.

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Viele Potsdamer werden ihn kennen, weil er mit seiner Frau Rebekka bis zum Ausbruch der Pandemie zwischen 2017 und 2020 im Lindenhof das Eltern-Kind-Café „Krümelmonster“ betrieb. Als Weihnachtsmann hatte Nadim Jovicic vor etlichen Jahren mit seinem heute 70-jährigen Vater Dule Jovicic erstmals Anzeigen geschaltet und den Dienst als Weihnachtsmann zunächst in Berlin angeboten, wo die aus Bosnien stammende Familie nach dem Ende des Bürgerkriegs Mitte der 1990er Jahre lebte. 

Große Nachfrage

Die Nachfrage nach dem Mann mit dem weißen Rauschebart, dem roten Mantel und dem möglichst prall mit Geschenken gefüllten Jutesack war so groß, dass Jovicic, der eine Firma für Online-Marketing unterhält, seinen Nebenerwerb weiterführte, als die Familie vor acht Jahren nach Bornstedt umgezogen war. „Klassisch“ sei die Arbeit als Santa Claus damals gewesen, erzählt er, „wir zogen von Tür zu Tür, während unsere eigene Familie etwas ungehalten war, weil wir für sie an Heiligabend weniger Zeit hatten“. 

Das Geschäft lief so gut, dass Jovicic sieben ältere Herren und später auch Studenten einstellte, sie hatten Heiligabend jeder vier bis fünf Auftritte, für die Familien beim Hausbesuch 89 Euro zahlten. Und weil der Chef der Weihnachtsmänner ein honoriger Mann sein wollte, teilte er den Verdienst fair auf: „Fifty-fifty“, sagt Jovicic. 

Auf die Rolle getrimmt

Er legt Wert auf einen professionellen Auftritt seiner Mitarbeiter – und schult sie für den Besuch mit dem Geschenkesack. Wer neu im Geschäft ist, muss seine Rolle vorspielen, und beim Casting wird oft noch korrigiert: „Manche müssen lernen, sich auf die Kinder der Familie zu konzentrieren, nicht auf die Erwachsenen.“ Angehende Weihnachtsmänner kamen mit einem Spickzettel zur Vorstellung, auf dem sie einige Stichpunkte für ihren 15- bis 20-minütigen Besuch notiert hatten: „Aber sie lernen dann, dass alles völlig frei gesprochen werden muss.“ 

Das Drehbuch steht fest: „Erst vor der Haustür das Schwingen der Glocke, und zwar so laut, dass es die ganze Nachbarschaft hört. Dann, wenn die Tür geöffnet wird, heißt es: Hohoho, liebe Kinder, hier ist der Weihnachtsmann! Und dann leuchten die Augen, und die Kinder kommen nicht mehr aus dem Staunen heraus. Sie sehen ja, dass es den Weihnachtsmann wirklich gibt und sagen für ihn ein Gedicht auf.“ 

Jutesack als Erinnerungsstück

Der große Jutesack, aus dem die Geschenke verteilt werden, bleibt als Erinnerungsstück in den Familien, Nadims Vater Dule hat vor ein paar Jahren 1000 alte Kaffeesäcke aufgekauft. Mal besucht der Weihnachtsmann eine Familie mit zwei Kindern, mal tun sich zwei Familien zusammen und bestellen ihn gemeinsam. „Manche Potsdamer Familie haben wir schon viermal besucht“, erzählt Jovicic. 

Dann kam Corona. Nadim Jovicic fürchtete, dass sein Weihnachtsgeschäft ein- oder sogar zusammenbrechen könnte. Aber es kam anders: Er erfand das Label „Santa 2.0“ und bot, erstmals zur ersten Corona-Weihnacht im Dezember 2020, für 24,95 Euro Besuche des Weihnachtsmanns per Video an. Gebucht werden können eine Aufnahme oder ein Live-Video-Anruf am Heiligabend. Das Gespräch zwischen den Kindern, den Eltern und dem Weihnachtsmann wird auf Wunsch auch aufgenommen und den Kunden für 34,95 Euro zugeschickt. Besuche vor Ort gibt es weiterhin. 

Der digitale Weihnachtsmann boomt

Auch in diesem Jahr ist die Nachfrage nach dem digitalen Weihnachtsmann aus Bornstedt international. Aus Malta gibt es eine Anfrage, aus Schweden und Finnland und aus New York. „Alle sind deutsche Auswandererfamilien“, sagt Jovicic. Im US-Bundesstaat Florida sitzt eine deutsche Familie mit fünf Kindern, das sechste ist unterwegs. Ein achtjähriger Junge hat sich eine Drohne gewünscht, die er bekommen wird, wenn er dem Weihnachtsmann verspricht, „weniger mit seiner Schwester zu zanken“, einer seiner Brüder hätte gern eine Lego-Feuerwehrstation und einen Pickup. 

Ein Achtjähriger glaubt zwar, wie wohl viele Altersgenossen, an den Weihnachtsmann, hat aber „Gerüchte“ gehört, dass es ihn vielleicht doch nicht gibt. Er ist etwas skeptisch – wie seine Eltern dem Weihnachtsmann erzählt haben.  Der Online-Weihnachtsmann aus Potsdam ist auf www.Weihnachts.Site zu finden

Carsten Holm

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