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Nicht ganz passend. Für Paul Kosemjalev war gestern kein Arbeitgeber dabei, der ihn in seinem Restaurant anstellen kann. Beatrice Duif vom Hotel Märkisches Gildehaus will aber den Kontakt zu ihrem Restaurantpächter herstellen.

© Andreas Klaer

Speed-Dating: Zehn Minuten bis zum Job

Beim ersten „Chefdating“ in Caputh sollten Arbeitgeber und Bewerber zwanglos zusammenkommen. Wie gut es funktioniert hat:

Von Enrico Bellin

Schwielowsee - Speeddating ist nicht jedermanns Sache. Es gehört Mut dazu, in einem zehnminütigen Gespräch einem fremden Gegenüber Einblick in die eigene Persönlichkeit zu geben und sich auch auf dessen Positionen einzulassen. Womöglich kamen deshalb zum „Chefdating“ am gestrigen Montag, bei dem Arbeitssuchende und -gebende zusammengebracht werden sollten, nur die Hälfte der Eingeladenen ins Caputher Hotel Märkisches Gildehaus.

Weniger Teilnehmer, als angemeldet

Drei Chefs und fünf Bewerber saßen sich gegenüber, eigentlich sollten es sechs und zwölf sein. Abgemeldet hatte sich vorher niemand. „Das ist sehr schade. Womöglich kam den Firmen aktuell etwas dazwischen oder sie haben doch an den Erfolgsaussichten gezweifelt“, sagt Ramona Schröder, Chefin der Arbeitsagentur Potsdam. Die nicht erschienenen Arbeitgeber würden noch einmal kontaktiert. Die Arbeitslosen müssen Schröder zufolge mit Kürzungen ihrer Bezüge rechnen, falls sie keine Krankheit nachweisen können.

Besonders für sie seien die Erfolgsaussichten beim „Chefdating“ durchaus gut: 40 bis 60 Prozent der Bewerber fänden so einen neuen Job. Die Chefs sitzen an vorgegebenen Tischen, die Bewerber setzen sich dann im Wechsel zu ihnen. Nach zehn Minuten ertönt eine Glocke, dann gehen die Arbeitssuchenden zum nächsten Chef. Im Gespräch können bereits die Bewerbungsunterlagen durchgegangen und auch Kontaktdaten ausgetauscht werden.

Umgekehrter Einstellungsprozess

„Der übliche Werdegang, Bewerber erst ganz zum Schluss eines Einstellungsprozesses persönlich kennenzulernen, wird hier umgekehrt“, so Schröder. Dadurch hätten auch Menschen eine Chance, deren Bewerbung Mängel habe. Zwar sei die Situation grundsätzlich ähnlich wie bei einem normalen Bewerbungsgespräch. „Viele Menschen scheuen sich aber nach negativen Erfahrungen, selbst die Initiative zu ergreifen und mit einem Arbeitgeber zu reden“, so die Agenturchefin. Sie bekämen grundsätzlich beim „Chefdating“ einfacher Zugang zu ihrem Gegenüber.

Bei den bisherigen Veranstaltungen hätten nie so viele unentschuldigt gefehlt wie diesmal. Für immobile Arbeitssuchende sei das Dating im Ort schließlich von Vorteil. Und mit dem Hotel Märkisches Gildehaus, dem Hotel Landhaus Haveltreff und der ProCurand-Seniorenresidenz Ferch stammen auch die potenziellen Chefs aus der Gemeinde.

Geringe Arbeitslosenzahl

In der ist die Arbeitslosigkeit allerdings sehr gering: In der Gemeinde mit rund 10.600 Einwohnern sind derzeit genau 162 Menschen arbeitslos gemeldet. 47 von ihnen sind älter als 54 Jahre, nur drei jünger als 20. Ihnen stehen derzeit rund 60 offene Stellen in der Gemeinde gegenüber, größtenteils im Hotel- und Gastronomiewesen. „Wir haben zwar eine geringe Arbeitslosigkeit. Das heißt aber nicht, dass es keine Arbeitslosen gibt“, so Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU). Schließlich sei es für jede einzelne Person wichtig, schnellstmöglich wieder einen Job zu finden.

So wie für Paul Kosemjalev. Der 29-Jährige, der vor 20 Jahren aus Kasachstan nach Brandenburg kam und seit einem Jahr in Caputh lebt, hatte bis vor drei Monaten ein Caputher Restaurant geleitet, den Job jedoch aus gesundheitlichen Gründen verloren, wie er sagt. Zwar sind die Restaurantchefs nicht zum Dating erschienen. „Ich habe aber bereits von anderen Restaurants Angebote, etwa aus Wildenbruch“, so Kosemjalev. Allerdings habe er Beatrice Duif, Teamleiterin des Hotels Märkisches Gildehaus, seine Kontaktdaten gegeben. Deren Restaurant ist verpachtet. „Der Pächter sucht derzeit Mitarbeiter in der Küche und für die Bedienung“, so Duif.

Keine passenden Interessenten beim "Chefdating"

Sie selbst brauche Zimmermädchen, seit drei Jahren suche sie inzwischen schon. Passende Interessenten seien beim „Chefdating“ nicht dabei gewesen. Das sei natürlich schade, sie würde aber wieder mitmachen. Viel bleibe ihr sonst auch nicht übrig. „In letzter Zeit gehen nicht einmal mehr Bewerbungen bei uns ein“, so die Teamleiterin. Bezahlt werde nach Tarif, der in dieser Branche allerdings nicht eben üppig ist. Viele Bewerber hätten Duif zufolge aber auch ein Problem damit, am Wochenende zu arbeiten. Und auch unter der Woche sind die Arbeitszeiten mit Beginn nach dem Auschecken der Gäste um 10 Uhr morgens nicht eben familienfreundlich. „Wir hoffen derzeit noch, mal durch einen Glücksfall an gute Leute zu kommen“, sagt die Teamleiterin.

Glück gehabt hat gestern indes Katja Barthel, Leiterin der ProCurand-Seniorenresidenz Ferch. „Gleich die erste Bewerberin hat gut gepasst und wir haben ausgemacht, dass sie bald ein Praktikum bei uns beginnt.“ So könne man sich erst einmal kennenlernen, die Möglichkeit einer Festanstellung der gelernten Pflegehelferin bestehe auch. „Eigentlich suchen wir immer Pflegehilfs- und Pflegefachkräfte“, so die Leiterin.

Eine neue Chance, passende Angestellte zu finden, erhält sie wie die anderen Unternehmer der Region Ende Februar: Dann sollen Chefs im Werderaner Schützenhaus gedatet werden, der genaue Termin steht noch nicht fest.

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