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Musische Nachbarn. Tochter Julia und Mutter Gabriele Zimmermann (v. l. n. r.) hatten vor gut vier Jahren die Idee, die Werderaner Kulturszene mit einem Garagenfestival aufzumischen. Seitdem ist die Veranstaltungsreihe jedes Jahr gut besucht.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Woanders parken für die Lieblingsplatte

Die Kulturgarage Werder hat sich in der Stadt etabliert und sucht nun nach finanziellen Förderern

Werder (Havel) - Ihr Auto parken die Zimmermanns schon seit einigen Wochen wieder am Straßenrand, denn ihre Garage ist belegt: Dort sind eine Bühne, ein Klavier und mehrere Reihen Stühle eingezogen. Ende Mai wird es Zeit für die nunmehr vierte Kulturgarage in Werder. Julia und Gabriele Zimmermann, Mutter und Tochter, haben für vier Wochenenden in Folge – vom 25. Mai bis zum 17. Juni – ein abwechslungsreiches Programm aus Musik, Literatur, Theater und Mitmachaktionen organisiert.

Vor ein paar Jahren sei die Idee zu eigenen Kulturveranstaltungen am Küchentisch entstanden, sagt Gabriele Zimmermann am gestrigen Dienstag. Im September 2015 wurde die Garage der Familie erstmals zur Kulturbühne. Damals dauerte das selbst organisierte Kulturfestival noch acht Wochen, dieses Jahr werden es nur vier sein. Das liege aber vor allem an den zeitlichen Kapazitäten der Organisatorinnen und keinesfalls an der mangelnden Resonanz der Zuschauer, sagt Gabriele Zimmermann. „Im Gegenteil, im letzten Jahr waren wir uns zum ersten Mal sicher, dass genug Publikum kommen würde.“ Die ersten beiden Jahre sei vor jeder Vorstellung immer noch etwas Nervenkitzel geblieben, ob womöglich die Stuhlreihen am Ende leer bleiben würden. „Das war aber nie so, die Leute haben teilweise noch den ganzen Fußweg vor der Garage gefüllt.“

Die Sitzplätze vor der Bühne reichen etwa für 20 Personen. Vor allem zu den Konzerten seien aber häufig mehr als 50 Gäste da, sagt Julia Zimmermann. So wird es vermutlich auch zum Auftakt der diesjährigen Kulturgarage am Freitag, dem 25. Mai, sein. Dann wird der Potsdamer Singer-Songwriter Eric Zobel um 19.30 Uhr die Reihe eröffnen. Am Samstag folgt eine Lesung mit den Autorinnen Renate Wullstein und Ursula Demitter und am Sonntag eine Plattenteller-Matinee. „Da kann jeder, der möchte, vorbeikommen und seine Lieblingsplatte mitbringen“, erklärt Julia Zimmermann das Konzept. Bei einem Sekt und netten Gesprächen werden die guten Stücke dann auf dem Zimmermannschen Plattenteller abgespielt.

Die Familie zog im Jahr 2000 vom Holländischen Viertel in Potsdam in die Eisenbahnstraße 190 in Werder. „Im Grunde gelten wir hier immer noch als Zugezogene“, sagt Gabriele Zimmermann. Dadurch, dass sie in ihrem neuen Zuhause eine Musikschule eröffnete, konnte sie allerdings schnell viele Kontakte knüpfen. Dass ihr Mann als Kfz-Schlosser arbeitet und als solcher für viele Nachbarn ein unersetzlicher Helfer ist, trug ebenfalls dazu bei, dass die Ur-Werderaner schnell Vertrauen fassten. Wenn es während der Wochenenden, an denen die Kulturgarage stattfindet, abends etwas lauter wird, habe sich bisher noch kein Nachbar beschwert. Viele scheinen sich sogar zu freuen, dass hier jemand mit viel Engagement versucht, frischen Wind in die Werderaner Kulturszene zu bringen, sagt Julia Zimmermann.

Bisher nutzen Mutter und Tochter für die Organisation der Kulturgarage vor allem ihr bestehendes Netzwerk. „Ein paar der Auftretenden haben schon bei mir Blockflöte gelernt und spielen heute in ihrer eigenen Band“, sagt Gabriele Zimmermann. Andere kennt Julia Zimmermann durch ihr Studium in Lingen oder Engagements als Theaterpädagogin in Stuttgart, Berlin und Potsdam. Seit kurzem aber haben die Zimmermann-Frauen damit begonnen, sich für zukünftige gemeinsame Projekte auch enger mit den im Umkreis ansässigen Werderaner Biobauern zu vernetzen. So wird Julia Zimmermann beim Baumblütenfest auf dem Werderaner Biohof als Geschichtenerzählerin auftreten. Und bei der Kulturgarage soll es zur Verköstigung der Gäste regionale Produkte der Werderaner Bauern zu kaufen geben. „Ich fände es super, wenn wir in Zukunft auch gemeinsame Projekte in Sachen Jugendarbeit auf die Beine stellen könnten“, sagt Julia Zimmermann. Theater für Jugendliche auf dem Biohof etwa.

Für immer mehr Werderaner sei die Kulturgarage zu einer Institution geworden, die die etablierten Stadtfeste gut ergänze, so Gabriele Zimmermann. Wenn im kommenden Jahr mit der fünften Kulturgarage ein Jubiläum ansteht, soll die Veranstaltung auf ein solideres finanzielles Fundament gestellt werden, so wünschen es sich Gabriele und Julia Zimmermann. Dann wollen sie gemeinsam mit den Biobauern einen Verein für ökologisch-kulturelle Jugendarbeit gründen und sich bei der Stadt Werder auf eine Förderung bewerben. „Auf lange Sicht wäre es schön, wenn wir unseren Künstlern dadurch zumindest eine Aufwandsentschädigung oder eine Unterkunft zahlen könnten“, sagt Julia Zimmermann. Bisher reichen die Hutspenden nach den Auftritten gerade für die GEMA-Gebühren. Julia Frese

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