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KulTOUR: Wir machen Musik

Heitere Musik aus 100 Jahren Kinematographie in der Petzower Kirche

Werder (Havel) - Manchmal sind Filme wie die Musica selbst, und sie ist wie Film. Dass sich in mehr als „100 Jahren Kinematographie“ von beidem eine Menge angesammelt hat, wird leicht vergessen. Dank einer putz-alerten Truppe aus Potsdam-Berlin und gewitzten Veranstaltern in Petzow wurde man beim traditionellen Silvesterkonzert in der Schinkelkirche hoch auf dem Berg zum Glück daran erinnert.

Ausverkauft wie immer der denkmalgeschützte Bau, sehr sogar. Vorn ein Weihnachtsbaum, fast schon zu schön fürs Profane. Das musikalische Quartett – die Sopranistin Ute Beckert, Maxim Shagaev am Knopfakkordeon (Bajan), Andreas Wolter (Piano) und der Klarinettist „Andreas an der Spree“ – kam wie von oben auf das Publikum herab, von der Orgel-Empore nämlich.

Eine Nebenbemerkung der charmant moderierenden Vokalistin machte die neunzig Minuten gleich mal besonders sympathisch: Man habe die Programmfolge ein wenig verändert, um es nicht allzu Hollywood-lastig werden zu lassen. Das hört man gern, das hört man selten. Und so kam erst mal der deutsche Film mit dem etwas hektischen, doch zunehmend heiter werdenden Gesangstitel „Wir machen Musik“ zu seinen Ehren. Da waren so merkwürdige Worte drin wie „Die Asche bleibt uns doch“ oder „Kopf ab – Bart ab“, oder hatte man sich verhört? Es war doch Silvester, da nimmt es der Hörer nicht ganz so genau!

Also ging es mit Schwung durch die Film- und Musik-Geschichte, wobei die Moderation zu vielen Kompositionen hübsche Anekdoten zu erzählen wusste, etwa von Frank Coppolas Film „Der Pate“, den die Mafia zuerst um jeden Preis verhindern wollte. Nach seiner Fertigstellung galt er als idealer Werbefilm für diese Organisation. Man hörte daraus den berühmten Instrumentalpart, wobei die Klarinette, wie des Öfteren, ein wenig seltsam dünn zu klingen schien, wie auch beim leisetretenden Auftritt des Pinken Panthers.

„Over the rainbow“ direkt vom „Zauberer von Oz“, „Ein Freund, ein guter Freund“ des altbekannten Tankstellen-Trios, die „Fabelhafte Welt der Amelie“ und Olsenbande, „Doktor Schiwagos“ Sentimentalitäten – alles wie original oder mit Swing- oder Klezmer-Anleihen herübergebracht, das Publikum war hin und weg. Besonders das Solo von Maxim Shagaev, als er die Technik seines Bajan erklärte, und Schiwagos Reisewege von Sibirien nach Berlin. Auch hörte man von „Bel Ami“ und dass die Nacht nicht allein zum Schlafen da sei. Trotzdem war der letzte Beitrag des Abends witzigerweise einem selbst arrangierten Schlummerliedchen geweiht.

Zum besinnlichen Teil gehörten die Titelmelodie aus „Schindlers Liste“ und Lloyd Webbers friedhöflicher Song „Könntest du doch wieder bei mir sein“ aus dem „Phantom der Oper“, dafür blieb dem Publikum sein Schmachtfetzen „Wein nicht um mich, Argentinien“ (Evita) erspart.

Paul Nyman steuerte das Beste aus dem „Piano“ bei, als Nachschlag gab es „Moonriver“ aus „Frühstück bei Tiffany“. So verging die Zeit mit vokalen oder instrumentalen Evergreens oder Schmankerln schnell. Einmal wagte es das Publikum sogar, ein wenig mitzuklatschen, aber nicht lange, Petzow ist ja schließlich kein „Stadl“!

Die Stimmung war ziemlich toll, die Musik war es meist auch, die Chemie zwischen Musikern und Publikum stimmte. Was wollte man mehr kurz vor Ultimo, das Jahr war hart, seine Drohungen finster, Film und Musik können da einiges lindern. Ein nettes, ein heiteres Programm mit viel Spaß an der Freude. Kann denn das Sünde sein? Gerold Paul

Gerold Paul

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