zum Hauptinhalt
Miniurwald: Der „Wald der Vielfalt“ in Zichow (Uckermark) wurde im März 2020 gepflanzt.

© Stefan Scharfe, Miya e.v. - Fachverband zur Förderung der Miyawaki Methode

Von Japan lernen: Stahnsdorf pflanzt Bäume gegen Klimawandel

In der brandenburgischen Gemeinde entsteht eine grüne Oase im Kleinformat. Das Wäldchen soll die Luft verbessern, kühlen und Tiere anlocken – es ist ein Trend in Deutschland.

Ahorn, Birke, Eiche, Hainbuche und die auch als Klimabaum bekannte Esskastanie: 150 Jungbäume stehen seit kurzem in der brandenburgischen Gemeinde Stahnsdorf (Landkreis Potsdam-Mittelmark). Das Areal neben dem kommunalen Friedhof misst gerade einmal 250 Quadratmeter, etwa so groß wie 20 Pkw-Stellplätze. Die Bäumchen sind drei bis vier Jahre jung. Sie messen zwischen 60 und 80 Zentimeter. In einigen Jahren sollen sie einen richtigen Miniwald hergeben.

Die in Japan in den 70er-Jahren entwickelte Miyawaki-Methode – nach dem Botaniker Akira Miyawaki – wird immer häufiger auch in Deutschland im Kampf gegen den Klimawandel angewandt. Der in Eberswalde ansässige Verein Miya e.v. – Fachverband zur Förderung der Miyawaki-Methode hat bereits rund 15 Miniwälder deutschlandweit gepflanzt, allein vier davon in Brandenburg. Dafür wurde er 2022 vom Bundesumweltamt als Preisträger beim Wettbewerb „Blauer Kompass“ ausgezeichnet.

Die Miniwäldchen sollen die Luft von Schadstoffen befreien, Städte in heißen Sommern kühlen, Wasser speichern und Tiere und Pflanzen anlocken. „Es ist ein Ort der Artenvielfalt“, sagt Stefan Scharfe vom Verein. Auch könne der Mikrowald vor Starkregen schützen, da der Waldboden Wasser aufnehme und speichere und somit vor Überflutung schütze. Optimal sei der Miniwald beispielsweise auch als Sichtschutz zwischen Straße und Wohngebiet.

Hier können schon Kinder lernen, wie ein Wald funktioniert.

Stefan Scharfe, Forstwissenschaftler

Mit den Mikrowäldern liegt der Forstwissenschaftler im Trend. „Wir bekommen unglaublich viele Anfragen. Mein Handy klingelt von morgens bis abends“, sagt der 28-Jährige. Scharfe will das Team daher vergrößern. Dabei sei das, was er und seine Kolleginnen und Kollegen machen, gar nicht schwer. Zwei bis drei Tage Kurs – und auch andere könnten zum Miniwaldpflanzer werden.

Der Mikrowald kann ab einer Fläche von 100 Quadratmeter angepflanzt werden. Nachdem die Erde umgegraben und mit Nährstoffen, beispielsweise Kompost, versetzt worden ist, wird sie gemulcht. Die Schicht aus Holzschnitzeln oder anderen Materialien schützt den Boden vor dem Austrocknen. Scharfe sagt, je trostloser die Fläche ist, desto mehr muss dem Boden an Nährstoffen hinzugefügt werden. „Das ist etwas Aufwand, aber einer, der sich rentiert.“

Die Bäume, die sich durchsetzen, sind stark

Die Bäume werden dicht an dicht gepflanzt. Dadurch wachsen sie schneller – eine natürliche Konkurrenz, denn alle wollen ans Sonnenlicht. „Wir versuchen, die Natur zu simulieren“, erklärt Scharfe. „Fällt ein großer Baum im Wald um, wachsen dort auf einem Quadratmeter rund 40 dünne Bäumchen nach. Wir pflanzen nur zehn Prozent davon im Tiny Forest. Die Bäume, die sich am Ende durchsetzten und bleiben, sind sehr starke.“ Üblich sind heimische Baumarten. Bewährt hätten sich in den schon gepflanzten Wäldern Ulmen, Eschen, Linden und einige Eichenarten. 

Neben den klimatischen Aspekten schafften die Pflanzaktionen auch ein Gemeinschaftsgefühl. „Die Menschen wollen etwas gegen den Klimawandel tun. Hier können schon Kinder lernen, wie ein Wald funktioniert, wie Bäume wachsen und welche Baumarten sich besser entwickeln als andere.“

In Stahnsdorf hat man auch die Esskastanie in den Miniwald gepflanzt. Der Klimabaum ist genügsamer, kommt besser mit Hitzestress klar.

Matthias Kretzer, zuständig für Baumschutz bei der Gemeinde Stahnsdorf, steht neben einer jungen Hainbuche auf dem neuen Miniwald-Areal.
Matthias Kretzer, zuständig für Baumschutz bei der Gemeinde Stahnsdorf, steht neben einer jungen Hainbuche auf dem neuen Miniwald-Areal.

© Anna Bückmann

Mit neuen Baumarten hat es die Gemeinde auch an anderen Orten wie beispielsweise an der Potsdamer Allee zu tun, sagt Matthias Kretzer, zuständig für den Baumschutz bei der Gemeinde. In ihre Baumschutzsatzung hat Stahnsdorf neben 20 heimischen Baumsorten rund 40 Klimabaumarten aufgenommen, die zum Beispiel für Ersatzpflanzungen verwendet werden sollen. „Das Thema beschäftigt uns“, sagt er.

Das Wäldchen neben dem Friedhof kostet die Gemeinde inklusive Pflege rund 3500 Euro. Das Geld stammt aus Ausgleichszahlungen für ausgebliebene Ersatzpflanzungen. „Wir wollen hier auch Vorbild sein“, sagt Gemeindesprecher Stephan Reitzig. Das Areal ist für Stahnsdorf eine Testfläche. Von den Miniwäldchen sollen noch weitere entstehen, beispielsweise am neuen Lindenhof-Campus, einer Grundschule mit Sportplatz.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false