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Potsdam-Mittelmark: Vertretung? Nie wieder

Aushilfslehrer für eine Woche. Für den Michendorfer Hans Joachim Pieper wurde das zum Ärgernis

Michendorf - Unterrichten ist wie Fahrradfahren, sagt Hans Joachim Pieper. Man verlernt es nicht. „Deshalb hatte ich gedacht, das mit der Unterrichtsvertretung geht ganz leicht“, sagt der der pensionierte Lehrer. Vorher ein paar Unterschriften beim Schulamt und schon geht es zurück an die Tafel. Von wegen, sagt Pieper und schüttelt mit dem Kopf. „Ich hatte mit Behördenkram gerechnet, aber nicht in dieser Fülle.“

Aushilfslehrer für eine Woche. Was für Hans Joachim Pieper nach einer leichten Angelegenheit klang, wurde für den pensionierten Lehrer aus Michendorf zum Ärgernis schlechthin. Behördenkram hier, Streit um die Bezahlung dort. Während in den Schulen und auch im Staatlichen Schulamt in Brandenburg (Havel) Ferien gemacht werden, ärgert sich Pieper bis heute immer weiter.

Seinen ganzen Esstisch bedecken die Formulare, Schreiben und Korrespondenzen, die Pieper mit dem Schulamt geführt hat. „Drei Stunden habe ich unbezahlt gearbeitet“, sagt der Pensionär und fährt sich mit der Hand entnervt über die lange Stirn. Der 66-Jährige war im März einer der ersten, die das neue Vertretungsbudget des Landes getestet hatten.

Insgesamt zehn Millionen Euro hatte das Bildungsministerium den Schulen in diesem Jahr bereitgestellt, um weiteren Unterrichtsausfall zu vermeiden. Mit etwa 3000 bis 16 000 Euro pro Jahr sollten sie unkompliziert wirtschaften können: Werden Lehrer krank, können die Schulen aushilfsweise Referendare oder Pensionäre anstellen. So die Theorie. In der Praxis musste Hans Joachim Pieper mit einem bürokratischen Monster kämpfen, wie er sagt.

Im Frühjahr hatte Pieper von Problemen an der Michendorfer Grundschule gehört: Lehrer waren krank, Ersatz war kaum zu finden, etliche Stunden Unterricht fielen aus. „Na gut“, dachte er sich, „ich will das noch mal machen.“ Als früherer Lehrer für Deutsch, Geschichte, evangelische Religion, Sozialkunde und Politik ist er ein Allroundtalent – ein Traum für jede Grundschule. Selbstverständlich war die Begeisterung groß, als er sich bei der Michendorfer Grundschule meldete, sagt Pieper. Endlich Hilfe.

Am 24. März sollte er seinen Dienst beginnen, ein Montag. Dumm nur, dass sein Arbeitsvertrag vom Schulamt erst genau an diesem Tag in der Schule ankam. „Die hatten dort noch gar nicht mit mir gerechnet.“ Der Montag war dahin. Pieper ging unverrichteter Dinge nach Hause, der Unterricht fiel aus. Immerhin den Rest der Woche konnte er helfen.

„Das hat mir Spaß gemacht“, sagt Pieper. Fünft- und Sechstklässern erklärte er deutsche Grammatik, bildete mit ihnen Wortstämme, las Kurzgeschichten vor. Weil der Bedarf so groß war, gab er auf Bitten der Schulleitung schließlich anstatt der vereinbarten zwölf gleich 16 Unterrichtsstunden. „Ich weiß jetzt, dass ich das nicht noch einmal machen werde“, sagt Pieper und kramt ein Schreiben des Schulamtes hervor.

Lang und breit und vorallem kompliziert wird darin erklärt, warum er statt für die 16 Stunden hinterher nur Geld für 13,3 Stunden erhalten hat: Das entspreche seiner durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 2,66 Stunden pro Tag. Mal fünf – so viele Tage war Pieper in der Schule – macht das 13,3. „So weit, so gut“, sagt Pieper, „ich verstehe trotzdem nicht, warum die mir nicht 16 Stunden bezahlen.“ Die Frage ist bis heute nicht geklärt, trotz weiterer komplizierter Erklärungen vom Amt. „Die sind angewiesen, so zu rechnen“, sagt Pieper. Er hat weitere Widersprüche aufgegeben.

Am Ende blieben ihm 516 Euro brutto. Eine ordentliche Summe, aber war es den Ärger wert? Nein, sagt Pieper. „Mein Eindruck ist, dass die Schulämter gar nicht wollen, dass das Vertretungsbudget genutzt wird.“

Tatsächlich ist der Landesfonds umstritten. Erhebungen, wie viel Unterricht damit tatsächlich vertreten wurde, gibt es derzeit noch nicht. In der Region Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf wird das Landesgeld wie berichtet nur in Ausnahmefällen angenommen. Die Schulen dort greifen lieber auf die Vertgretungsbudgets der Kommunen zurück, weil das einfacher ist. Ohne viel Bürokratie können Ersatzkräfte dort schon seit einigen Jahren angestellt werden. So wurden in Teltow 1477 Unterrichtstunden im Jahr 2013 vor dem Ausfall bewahrt. In Kleinmachnow wurde anders gerechnet: Dort wurde im vergangenen Jahr 9,5 Prozent aller Unterrichtsstunden aus der Stadtkasse bezahlt.

„Die Kommunen machen das richtig“, sagt Hans Joachim Pieper. Einfach und unkompliziert, so sollte es sein. „So kann Unterrichtsausfall tatsächlich verhindert werden“, sagt der Michendorfer. „Meine Vermutung ist, dass sich das Land mit dem Vertretungsbudget nur beliebt machen wollte.“ Funktioniert hat es bei ihm jedenfalls nur schlecht statt recht.

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