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Potsdam-Mittelmark: Spitzenwein von Himbeer-Toni

Toni Geißhirt setzt mit seiner Kelterkunst Maßstäbe beim Blütenfest. Der 17-Jährige will Obstbauer werden

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Wer früher in Werder aufgewachsen ist, musste als Kind oft den Eltern im Garten oder bei der Weinherstellung helfen. Bei Toni Geißhirt ist es andersherum: Seine Eltern müssen ihm helfen, Pflaumen oder Pfirsiche zu entsteinen und Obstwein zu verkaufen. Seit vier Jahren frönt der 17-jährige Werderaner dem Hobby, Obstweine zu keltern. Als er begann, produzierte er 40 Liter Pflaumenwein in zwei Kruken, die noch von seinem Vater stammten. Anfangs hatte Toni dazu ein Problem mit seinem Hobby: „Mit 13 konnte ich meine Weine natürlich nicht selbst probieren, das musste ich meiner Familie und den Nachbarn überlassen.“

Nach dem Pflaumenwein machte sich Toni daran, Himbeeren zu keltern. Da ihm das nach Meinung von Freunden und Verwandten sehr gut gelungen ist, hat er seither den Spitznamen „Himbeer-Toni“. Dem macht er in diesem Jahr alle Ehre, sein Himbeer- und sein Sauerkirschwein gewannen die Goldene Kruke des Obst- und Gartenbauvereins.

Verkauft werden sie noch bis Sonntag auf Tonis Ständen auf der Baumblüte vor dem neuen Rathaus und im Hohen Weg. 18 Sorten stehen insgesamt zur Auswahl. 1500 Liter Wein hat Toni in diesem Jahr gekeltert. Je nach Sorte kostet die Flasche bis zu sieben Euro. Die ganzen Sommerferien lang war Toni unterwegs, um in Werderaner Gärten von Bekannten Obst zu ernten. „Im vergangenen Jahr habe ich lediglich 600 Liter Wein gemacht und einen Stand gehabt, da war ich schon am vorletzten Tag ausverkauft“, sagt der Gesamtschüler.

Tonis Tage beginnen derzeit früh: Um fünf Uhr morgens steht er auf, um Weinflaschen abzufüllen und seine Stände vorzubereiten. Bis 22 Uhr verkauft er dann im Stand. Bei dem ganzen Stress darf Toni natürlich die Schule nicht vergessen, er ist in der elften Klasse der Potsdamer Voltaire-Gesamtschule und hat am Dienstag eine Deutsch-Klausur geschrieben. Zeit für seine Freunde und andere Hobbys bleiben da nicht, die Mitschüler müssen ihn schon auf dem Baumblütenfest besuchen.

Was nach dem Abitur kommt, ist für Toni derzeit noch unklar. Gern würde er eine Ausbildung auf einem Weingut machen, er hat bereits ein dreiwöchiges Praktikum in Baden-Württemberg hinter sich. Andererseits will er seine Heimat nicht verlassen. Sein Ziel ist aber klar: „Ich möchte einen Obsthof in Werder mit eigenem Laden und selbst produziertem Wein haben.“ Die Werderaner Bauern wird das freuen, klagen sie doch oft über Nachwuchsmangel.

Auch seine Mutter wird sich freuen, wenn Toni endlich seinen Hof hat. Derzeit nimmt er mit der Weinproduktion regelmäßig ihre Küche in Beschlag, da er keine anderen Räume zum Zerstampfen der Früchte hat. „Die Küchengardinen muss Mama so um die 30-mal im Jahr waschen“, gibt Toni zu. Auch die Lagerung des Weines ist derzeit ziemlich schwierig, die Gärbehälter nehmen einen Schuppen und den Keller des Hauses ein. Enrico Bellin

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