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Diebstahl auf Südwestkirchhof Stahnsdorf: Schädel-Klau in der New York Times

Nach der Schändung des Grabes von "Nosferatu"-Regisseur Murnau bekam der Südwestkirchhof Stahnsdorf Anrufe aus aller Welt. Der Kopf bleibt indes verschwunden.

Stahnsdorf - Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt hätte sich eine andere Werbung für den Stahnsdorfer Südwestkirchhof gewünscht: Der Diebstahl des Schädels von Stummfilmregisseur Friedrich Wilhelm Murnau (1888–1931) hat ein weltweites Medienecho ausgelöst. „Es gab seit Dienstag unzählige Anrufe“, so Ihlefeldt. Neben allen einschlägigen deutschen Medien haben die New York Times, die Washington Post, der Guardian, die BBC und viele andere über die Grabschändung berichtet. „Ich würde natürlich lieber mit schöneren Sachen für den Südwestkirchhof werben“, sagte Ihlefeldt am gestrigen Donnerstag den PNN.

Unbekannte hatten aus der Gruft des Film-Regisseurs, der mit der Dracula-Verfilmung „Nosferatu“ im Jahr 1922 einen der ersten Horrorklassiker schuf, den Schädel gestohlen. Murnau liegt in einem Mausoleum unweit des Haupteingangs des Kirchhofs begraben. Vermutlich am Wochenende waren die Täter auf das Friedhofsareal gelangt, hatten die zweiflüglige Holztür zur Gruft aufgebrochen und den Kopf vom Leichnam, der in einem Metallsarg liegt, abgelöst. „Die Frage ist, was überhaupt passiert ist, als sie den Kopf angefasst haben“, so Ihlefeldt.

Wo ist der Schädel von "Nosferatu"-Regisseur Murnau?

Der Schädel sei nach wie vor nicht auffindbar, wie ein Polizeisprecher am Donnerstag auf Anfrage sagte. „Eine heiße Spur gibt es noch nicht.“ Auch der Zeugenaufruf habe noch zu keinen brauchbaren Ergebnissen geführt. Derzeit sei die Kriminalpolizei dabei, mehrere Spuren, die am Dienstag gesichert wurden, auszuwerten. Genaueres wollte der Sprecher mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen. Bekannt ist, dass in der Gruft Wachsreste gefunden wurden. Die Frage, ob es sich bei den Tätern um fehlgeleitete Fans des Filmemachers oder Okkultisten handelt, ließ sich damit nicht beantworten.

Friedhofsverwalter Ihlefeldt überlegt, wie er auf den Diebstahl reagiert. Zuletzt hatten ihm vor allem Kupferdiebe zu schaffen gemacht. An Murnaus Grabstätte hatte es allerdings schon mal in den 1970er-Jahren Beschädigungen gegeben. Dabei wurde die Glasscheibe zerstört, mit der der einbalsamierte Leichnam abgedeckt war. Die Gruft wurde danach vermauert, erst in den 1990er-Jahren sei sie saniert worden, so Ihlefeldt. Der Eingang bekam seine Holztüren zurück, die mit einem Keilschloss verschlossen sind.

Gruft von Murnau zumauern?

Laut Ihlefeld gibt es nur noch vier Gruften auf dem Friedhof, in denen Leichname liegen. Als vor drei Jahren das Mausoleum des Lustpielautors Gustav Kadelburg (1851–1925) – gegenüber von Murnaus Grabstätte – demoliert worden war, wurde der Leichnam von den unbekannten Tätern zwar nicht angerührt. „Als sie den Sargdeckel geöffnet hatten, sind sie vor dem grausigen Anblick wohl geflohen.“ Ihlefeldt ließ Gustav Kadelburg danach dennoch vor der Gruft sicher in der Erde bestatten. Ähnliche Überlegungen hat er jetzt für Murnau. Eine zweite Variante sei, dessen Gruft zuzumauern. „Das wäre gut für den Toten, aber schade für mich und die Besucher.“ Die Gruft sei mit ihrem Glasmosaik-Sternenhimmel „ein Vorzeigegrab“. Auch die Geschichte dazu sei bemerkenswert.

Die Überführung Murnaus aus den USA sei seinerzeit von Greta Garbo und Fritz Lang finanziert worden. Monate nach seinem Tod gab es in Stahnsdorf eine Trauerfeier mit großem Staraufgebot. Auch Murnaus Brüder Robert und Bernhard Plumpe liegen in zugelöteten Zinksärgen in der Gruft. „Das war damals die übliche Methode, nach dem Ewigkeits-Gedanken sollten die Körper auf der Erde erhalten bleiben“, erklärte Ihlefeldt. Die letzte entfernte Verwandte Murnaus, die er zum weiteren Vorgehen hätte befragen könne, sei vor einigen Jahren verstorben. Jetzt habe er die Grabstätte erst mal zusätzlich gesichert. „Ich werde künftig mit einem anderen Gefühl davorstehen.“

Murnau beeinflusst Filmemacher noch heute

Murnaus Hauptdarsteller aus „Nosferatu“ Max Schreck, der auf dem Film seinen Ruhm begründete, hat auf dem benachbarten Güterfelder Waldfriedhof in einem einfachen Grab seine letzte Ruhe gefunden. Für die Filmwelt seien Murnaus folgenden Werke noch bedeutender gewesen, sagte der Potsdamer Filmwissenschaftler Guido Altendorf der Deutschen Presse-Agentur. „Für den Film ,Der letzte Mann’ wurde 1924 erstmals die Kamera vom Stativ genommen und es entstanden geradezu revolutionäre Einstellungen“, sagt Altendorf. Es folgte der Ruf nach Hollywood in die Fox-Studios. „Dort bekam er volle künstlerische Freiheit und sein Film ,Sunrise’ bekam gleich drei der 1928 erstmals vergebenen Oscars“, so Altendorf.

Murnau sei einer der bedeutendsten deutschen Regisseure und beeinflusse die deutschen Filmemacher bis heute. Volker Schlöndorff sei beispielsweise ein Bewunderer von ihm. Werner Herzog schuf mit seinem „Nosferatu – Phantom der Nacht“ mit Klaus Kinski in der Hauptrolle 1979 eine preisgekrönte Hommage an den Stummfilmregisseur. 

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