zum Hauptinhalt

Von Erhart Hohenstein: Säulen des Vereinslebens

Heimatverein Werder setzt auf Kontinuität / Befragung zum Kriegsende 1945

Werder (Havel) - Das Kriegsende 1945 in Werder ist in diesem Jahr Themenschwerpunkt des Heimatvereins. Die lückenhaften Kenntnisse über die kampflose Übergabe der Stadt und die Besetzung durch sowjetische Truppen sollen u.a. durch Zeitzeugenbefragungen und Gespräche am allmonatlichen Vereinsstammtisch ergänzt werden. Dafür wurde eine fünfköpfige Arbeitsgruppe gebildet. Einbezogen werden zwei Gymnasiastinnen, die eine Belegarbeit dazu schreiben. Außerdem sollen Kontakte zu den benachbarten Heimatvereinen in Glindow und Kemnitz geknüpft werden.

Dies berichtete Klaus Froh (70) den PNN. Der Militärhistoriker hat den Vorsitz des 68-köpfigen Vereins übernommen. Er folgt Baldur Martin, der dieses Ehrenamt aufgegeben hat und aus dem Vorstand ausgeschieden ist. Der als Stadthistoriker bekannte Pädagoge wurde in den Kreistag gewählt. Dort steht er dem Kulturausschuss vor – um einen Interessenkonflikt auszuschließen, legte Martin nach 12-jähriger Tätigkeit den Vorsitz des Heimatvereins nieder.

„Er ist weiter mit Herzblut dabei und wird den Vorstand unterstützen“, sagt Froh. So bleibe die Hauptredaktion der Broschürenreihe „Heimatkundlichen Beiträge“, für einen Verein übrigens eine beachtliche Leistung, in seiner Hand. Auch sonst setzt der neue Vorsitzende, der ab 2003 bereits Geschäftsführer war, auf Kontinuität. Wie gewohnt war der Verein beim Umzug zum Blütenfest mit einem Festwagen dabei, diesmal einem Raddampfer, auf dem früher die Werderanerinnen Obst und Gemüse auf die Berliner Märkte brachten. Vereinsmitglied Horst Bertz hatte einen Lkw zu diesem historischen Gefährt umfrisiert.

Der 2001 von einer Handvoll Mitglieder begründete Stammtisch hat sich derweil zu einem Renner mit rund 30 Teilnehmern entwickelt. Ohne Themenzwang kann hier frei von der Leber weg über das alte und neue Werder geredet werden. Stadtgeschichtliche Kenntnisse, die verloren gehen würden, werden so bewahrt. Und wenn man sich mal nicht einigen kann, ist es Seniorin Ilse Hahn (83), die aus ihren Lebenserinnerungen manchen Irrtum richtig stellt.

Eine Säule des Vereinslebens sind ebenso die monatlich stattfindenden „Werderaner Gespräche“ zu stadthistorischen, aber auch darüber hinausgehenden Themen. In diesem Jahr waren das schon die Geschichte des Schaltgerätewerkes und seiner Privatisierung nach 1990, der Umzug des Orgelbauers Schuke von Potsdam nach Werder, doch ebenso die von dem in der Stadt ansässigen Militärhistoriker Torsten Diedrich verfasste Biographie „Paulus – das Trauma von Stalingrad“. Am kommenden Dienstag stellt „Die Werdersche“ Sitten und Bräuche der Obstmucker vor (19.30 Uhr, Hotel zur Insel).

Auch dank seiner Ehegattin Gitta Nickel-Froh (73) kann Klaus Froh einmal jährlich ein Highlight bieten. Die international anerkannte Dokumentaristin stellt dann jeweils einen ihrer preisgekrönten Filme vor. Gitta Nickel und Klaus Froh sind keine alteingesessenen Werderschen, sie haben 1996 ein Reihenhaus in der Blütenstadt gezogen. Zuvor waren sie in Kleinmachnow und Potsdam zu Hause. Den Umzug hatte ihnen ihr Freund Jürgen Straub empfohlen, der Olympiazweite im 1500-m-Lauf 1980 in Moskau.

In Werder fühlt sich das Ehepaar wohl, zumal es neue Freunde und Bekannte gefunden hat. Die 1957 zur Defa gekommene Regisseurin von mehr als 60 Filmen arbeitet derzeit ihr Archiv auf, an dessen Übernahme filmwissenschaftliche Institutionen Interesse bekundet haben. Klaus Froh, der seit 1981 am Militärgeschichtlichen Institut der DDR tätig war, will bis Jahresende das Manuskript einer „Chronik der Nationalen Volksarmee“ abschließen. Sein 2000 mit Rüdiger Wenzke verfasstes Sachbuch „Die Generale und Admirale der NVA“ war bei dem historisch interessierten Publikum zum Bestseller geworden. Auch darin hatte der frühere Berufsoffizier auf jegliche Polemik verzichtet.

Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false