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Seit vier Monaten Chef. Robert Teschke ist Werders erster hauptamtlicher Stadtwehrführer. Sein Vorgänger war noch ehrenamtlich tätig, wegen gestiegener Fallzahlen hat die Stadt die neue Stelle geschaffen. Die gesamte Feuerwehrführung wird neu aufgestellt.

© Enrico Bellin

Potsdam-Mittelmark: Rabattkarte fürs Ehrenamt

Robert Teschke ist Werders neuer Stadtwehrführer. Er will mehr Menschen für die Feuerwehr begeistern

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Vergünstiger Eintritt ins Museum, weniger Jahresbeitrag beim Sportverein und ein Rabatt an der Supermarktkasse: Sogenannte Ehrenamtskarten bieten in einigen Städten Deutschlands engagierten Menschen verschiedene Vergünstigungen. Auch der neue Stadtwehrführer der Werderaner Feuerwehr, Robert Teschke, will mit einem solchen System mehr Menschen für die Freiwillige Feuerwehr begeistern.

Seit genau vier Monaten ist der 39-Jährige im Amt, gleichzeitig ist der Potsdamer noch Ortswehrführer der Drewitzer Feuerwehr. „In Zusammenarbeit mit der Werderaner Stadtverwaltung müssen wir das Ehrenamt attraktiver machen“, sagt Teschke am Dienstag den PNN. Zwar sei die Feuerwehr mit ihren 144 Mitgliedern im Stadtgebiet und den Ortsteilen nicht gefährdet, bisher hätten alle Einsätze abgedeckt werden können. Auch die Jugendwehr ist mit rund 75 Mitgliedern gut besetzt. Allerdings könne man nie genug Einsatzkräfte haben.

So ist laut Fachbereichsleiterin Ulrike Paniccia die Zahl der Mitglieder nicht gleichzusetzen mit der Einsatzbereitschaft. Demnach gebe es in der Kernstadt Werder etwa 30 Feuerwehrmitglieder, die größtenteils aber erst abends einsetzbar sind. Viele von ihnen arbeiten in Berlin. „Bis die aus der Friedrichstraße zurück sind, ist das brennende Haus nur noch ein Häufchen Asche“, so Paniccia. Deshalb brauche man mehr Kameraden, sodass die in Werder Arbeitenden tagsüber die Rufbereitschaft übernehmen und die auswärts Arbeitenden am Abend.

Allerdings: „Wir müssen auch dafür sorgen, dass bei Einsätzen kein Stress vom Chef kommt“, so die Fachbereichsleiterin. Zwar bekommen Unternehmen auf Antrag den Arbeitslohn von der Stadt erstattet, den sie ihrem im Einsatz befindlichen Mitarbeiter zahlen. Für kleinere örtliche Unternehmen sei es trotzdem teilweise schwierig, Mitarbeiter gehen zu lassen, wenn dadurch etwa ein Projekt nicht wie versprochen fertig werden kann. Arbeitgeber würden jedoch auch von der Feuerwehrmitgliedschaft profitieren: Die Stadt zahlt jährlich etwa fünf Kameraden den Lastwagen-Führerschein.

Bei den örtlichen Unternehmen werben will auch Robert Teschke für die Ehrenamtskarte. In Leipzig gibt es so ein Modell seit 2004. Insgesamt 40 Institutionen gewähren verschiedene Rabatte. Mehrere Tausend solcher Pässe wurden bereits ausgestellt. Um einen von ihnen zu erlangen, müssen Ehrenamtler mindestens 200 Stunden im Jahr tätig sein. Das ist auch für die Ehrenamtskarte Berlin-Brandenburg Voraussetzung, die im Januar erstmals öffentlich vorgestellt wurde. In beiden Bundesländern gibt es insgesamt 130 Partner, die bei Vorlage der Karte Rabatt gewähren. Ob sich die Werderaner Feuerwehr diesem System anschließt oder man mit der Stadt und örtlichen Unternehmen und Vereinen ein eigenes System stemmt, ist Teschke zufolge noch nicht entschieden.

Neben neuen Ideen hielt mit Teschke auch eine neue Organisation Einzug in die Werderaner Feuerwehr. Sein Vorgänger Lothar Boreck war noch ehrenamtlich tätig, Teschke ist jetzt hauptamtlich bei der Stadt angestellt. Angesichts gestiegener Einsatzzahlen hat sich die Stadt zu diesem Schritt entschieden. Allein im Vorjahr gab es 263 Einsätze. Für eine Steigerung habe etwa die Baustelle zwischen den Autobahndreiecken Potsdam und Nuthetal gesorgt. Bei Unfällen in Rückstaus vor der Baustelle müssen die Werderaner Kollegen ausrücken, sie sind für insgesamt 60 Kilometer Autobahn verantwortlich.

Neben dem Feuerwehrchef Teschke sind die verschiedenen Ortsfeuerwehren jetzt in drei Zügen zusammengefasst, jeder Zug stellt einen stellvertretenden Stadtwehrführer. So entsteht ein vierköpfiges Führungsteam. Die Stellvertreter sollen auf der nächsten Stadtverordnetenversammlung gewählt werden, eine neue Feuerwehrsatzung wird gerade erarbeitet.

Grundsätzlich sind die Arbeitsbedingungen in der Stadt dem Wehrführer zufolge sehr gut, allein im vergangenen Jahr habe die Stadt 1,2 Millionen Euro in die Feuerwehr investiert. Der Hauptteil davon floss in ein neues Gerätehaus im Ortsteil Töplitz, dass in den nächsten Tagen offiziell übergeben wird. In dem Ortsteil gehe die Feuerwehr auch in der Jugendwerbung neue Wege: So gibt es an der Töplitzer Grundschule eine Arbeitsgemeinschaft Brandschutz, die die Kinder möglichst für Feuerwehr begeistern soll, bevor sie sich für zu viele andere Vereine entschieden und keine Zeit mehr haben.

Für Robert Teschke selbst begann die Feuerwehrarbeit ebenfalls zu Schulzeiten: Als Schüler in Drewitz war er bei der AG-Brandschutz, hatte Ausbildungseinsätze bei der Werksfeuerwehr der Filmstudios Babelsberg. Seit 1994 war er dann in der Freiwilligen Feuerwehr Drewitz, die er seit vier Jahren anführt. „Jetzt muss ich umgekehrt auch die  Verwaltung gegenüber der Feuerwehr verteidigen“, sagt Teschke. Was oft gar nicht so einfach wäre: Kameraden würden natürlich schauen, wie benachbarte Ortswehren ausgestattet sind, und das auch für sich fordern – egal ob es nötig ist oder nicht. „Ein Feuerwehrmann will immer alles haben.“

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