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Neu und teuer. Die Nebenkosten für Mieter im Teltower Mühlenviertel sind deutlich höher als beim Bau der Häuser angenommen. Zum wiederholten Male flatterten den Mietern hohe Abrechnungen ins Haus. Eine neue Anlage, die die Kosten für die Fernwärme senken soll, wird derzeit erprobt.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Mieter in TelTown packen ein

Erneut Ärger um Fernwärmeabrechnungen. Erste Bewohner ziehen aus dem Mühlenviertel aus

Teltow - Die Klagen über die exorbitant hohen Energiekosten in den Niedrigenergiehäusern in Teltows Vorzeigeviertel TelTown sind noch nicht verhallt, da trudeln bei den Mietern bereits neue Abrechnungen ein. Die Empörung ist groß, noch größer die Enttäuschung. Noch immer ist das Fernwärme-Problem nicht gelöst. Wieder sollen die Mieter tief in die Tasche greifen und hohe Summen nachzahlen. Doch nicht alle sind bereit, länger auf Lösungen zu warten. Im Quartier rollen die ersten Möbelwagen an.

Mieter- und Interessensvertreter Robert Fels, der seit Monaten für das Mühlendorf kämpft, denkt daran, Teltow den Rücken zu kehren. Er fühlt sich im Stich gelassen: „Die Politik in Form unseres Bürgermeisters hat sich gänzlich aus der Sache herausgezogen, auf Schreiben nicht mehr reagiert und auch den versprochenen Energiegutachter der Verbraucherzentrale nicht beauftragt. Ein Runder Tisch kam ebenso nicht zustande“, klagt er.

Stattdessen hielt auch Robert Fels Ende Februar die neue Endabrechnung in den Händen. Obwohl er schon Abschläge in Höhe von 120 Euro im Monat zahlt, soll er für die Fernwärme noch 600 Euro nachzahlen. Von der Gesamtsumme von etwa 1890 Euro, die er und seine Familie für sein 128-Quadratmeter-Heim zahlen müssen, fallen 60 Prozent allein für die Grundgebühr an. „Das ist eine absolute Frechheit“, ärgert er sich. Die Fernwärme in den Niedrigenergiehäusern sei fast doppelt so teuer wie in einem sanierten Mehrfamilienhaus vergleichbarer Größe. Auch der Aufschrei bei anderen Mietern sei groß gewesen, sagt Fels, viele würden ihre Zahlungen an die Fernwärme Teltow GmbH erneut nur unter Vorbehalt vornehmen. Fels selbst erwägt rechtliche Schritte.

Der ehemalige Bauherr der Reihenhaussiedlung bedauert den neuerlichen Ärger der Mieter. Die Deutsche Eigenheim habe damals eine ökologisch sinnvolle Anlage eingebaut, die nicht ständig Warmwasser vorhalte, sondern nur, wenn es tatsächlich gebraucht wird, sagte deren heutiger Geschäftsführer Michael Stüber den PNN. Damals sei jedoch nicht abzusehen gewesen, dass das Gebührenmodell der Teltower Fernwärme GmbH nicht zur Anlage passe, betonte er erneut. Dort orientiert sich der Grundpreis an der maximalen Wärmeleistung der Heizanlage. Die ist in Teltow hoch, da warmes Wasser nicht vorgehalten wird, sondern kurzfristig erhitzt werden muss. Somit gerate das Bauunternehmen zu Unrecht in Verruf.

In den vergangenen drei Jahren hatte die Deutsche Eigenheim (frühere Design-Bau) im Mühlendorf 93 Reihen- und Doppelhäuser errichtet, einen Teil der zuletzt gebauten Häuser verkaufte sie an die Ärzteversorgung Niedersachsen, einen anderen an die „Preeff“, einen im Immobilieninvestment tätigen Vermögensverwalter der Deutschen Bank. Während den Investoren hohe Renditen versprochen worden waren, wurden die Niedrigenergiehäuser bei potenziellen Mietern als besonders energiesparend angepriesen. Die Realität sieht nun anders aus, die Nebenkosten seien teilweise doppelt so hoch wie einst avisiert.

Da der Energieversorger, die Teltower Fernwärme GmbH, es aber weiter ablehne, die Preisberechnung zu verändern, bleibe Stüber zufolge nur eine technische Lösung zur Behebung des Problems. Zwischenzeitlich war überlegt worden, die Häuser mit Wärmespeichern nachzurüsten. Das soll aber nicht passieren, so der Eigenheim-Geschäftsführer. Stattdessen werde derzeit bei Interessensvertreter Fels eine andere technische Möglichkeit erprobt. Damit ließe sich die Leistung der Anlage drosseln, erklärt Fels. Ein endgültiges Ergebnis gäbe es aber noch nicht.

Immerhin einen Lichtblick gibt es für die Mieter in Teltows jüngstem Neubauviertel. Die nach dem Einzug von Mietern geltend gemachten Mängel sind inzwischen fast alle behoben. Wie berichtet war es nach der Insolvenz des früheren Hausverwalters Hermes schwierig im Mühlendorf geworden. Mieter klagten über bröckelnden Putz, rissige Scheiben, defekte Filteranlagen und klemmende Türen – zwischenzeitlich lagen fast zwei Dutzend Mängelanzeigen vor. 80 bis 90 Prozent seien Stüber zufolge inzwischen bearbeitet.

Für einige Mieter kommt all das dennoch zu spät. Sie sind bereits ausgezogen. Auch in den benachbarten Häusern an der Kanadaallee, die der Ärzteversorgung Niedersachsen gehören, häufen sich die Auszüge, sagt Nachbarin Anja Kuhn. „Ich denke, einigen ist das Hin und Her langsam zu viel geworden.“

Neben all dem Ärger um Baumängel und hohe Fernwärmerechnungen erschreckt Robert Fels vor allem auch die hohe Kriminalität in dem Viertel. Nicht nur der jüngste Kunstraub beim Malerfürsten Markus Lüpertz in unmittelbarer Nachbarschaft verstärkte das mulmige Gefühl bei den Bewohnern. „Erst kürzlich wurden wieder mehrere Autos aufgebrochen und die Polizei kam laut Aussagen unserer Nachbarn erst 25 Minuten später mit Blaulicht, obwohl man die Diebe sogar noch gesehen hat“, erklärt er. „Kurzum: Kriminalität extrem hoch, Polizei unterbesetzt, Vermieter unmöglich, Fernwärme überteuert, Kita kostet Geld im Gegensatz zu Berlin und der Bürgermeister kümmert sich scheinbar nicht“, fasst Fels zusammen – Gründe zu bleiben sieht er derzeit nicht.

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