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Solaranlage bei Treuenbrietzen. In ländlichen Gegenden wird mehr Strom erzeugt als dort verbraucht wird. Foto:

© Bernd Settnik/dpa

Grüner Strom in Potsdam-Mittelmark: Landkreis versorgt sich annähernd selbst

Erneuerbare Energien deckten im Vorjahr schon fast 93 Prozent des Bedarfs. Das liegt vor allem an den Windparks im Fläming. Teltow und Werder tun sich deutlich schwerer.

Von Enrico Bellin

Potsdam-Mittelmark - Der Landkreis ist seinem Ziel, seinen Strombedarf bis 2022 komplett aus regenerativen Energien zu decken, einen großen Schritt näher gekommen. Laut einem im Kreisausschuss am gestrigen Donnerstag vorgestellten Bericht hat der Kreis im Jahr 2014 bereits 92,7 Prozent seines Stromverbrauches selbst erzeugt – durch Windkraft, Solaranlagen und Blockheizkraftwerke. Im Jahr 2013 waren es noch 83,9 Prozent.

Laut Bericht, der vom Referenten Wolfgang Lorenz und Elke Tauer vom Fachdienst Zentrale Steuerung erarbeitet wurde, wurden im Vergleich zum Vorjahr 5,4 Prozent mehr grüner Strom erzeugt. Gleichzeitig ist der Stromverbrauch im Landkreis um fast fünf Prozent zurückgegangen. „Das sind die ersten Rückgänge hier seit 2003, vorher stieg der Verbrauch jährlich um etwa fünf Prozent“, so Wolfgang Lorenz gegenüber den PNN. Pro Einwohner wurden im Kreis genau 229 Kilowattstunden weniger Elektrizität verbraucht. Eine statistische Erklärung dafür gebe es nicht. „Auffällig ist jedoch, dass vom Rückgang des Stromverbrauchs alle Ämter und Gemeinden des Landkreises betroffen sind, unabhängig von der Siedlungsstruktur und der vorhandenen Wirtschaft“, so Lorenz. Einen Einzelfaktor für den gesunkenen Stromverbrauch gebe es nicht. „Einen großen Anteil daran hat sicherlich die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LEDs, zudem war das Jahr recht warm.“ Dadurch hätten beispielsweise Wärmepumpen weniger stark arbeiten müssen.

Eigenverbaruch ist momentan am wirtschaftlichsten

Die knapp 93 Prozent Eigenenergieversorgung im Vorjahr sind ein rein rechnerischer Wert. Statistiken darüber, wie viele Mittelmärker tatsächlich Ökostrom beziehen, gibt es Lorenz zufolge nicht. Verfälscht wird die Statistik dadurch, dass Anlagenbesitzer, die ihren erzeugten Strom selbst verbrauchen, nicht auftauchen. Deren Zahl erhöhe sich jährlich, da der Eigenverbrauch momentan die wirtschaftlichste Variante der Energieerzeugung ist – beispielsweise für Hausbesitzer mit Solaranlagen auf dem Dach.

Womöglich versorgt sich der Landkreis in diesem Jahr bereits rechnerisch selbst mit Strom, Lorenz zufolge könne man das noch nicht genau beziffern. Andere brandenburgische Landkreise wie Teltow-Fläming oder die Uckermark würden bereits jetzt deutlich mehr Strom erzeugen als sie verbrauchen. Laut Energiestrategie soll sich das Land Brandenburg bis zum Jahr 2030 zu 40 Prozent mit Energie versorgen. „Die Strategie soll im kommenden Jahr untersucht werden, womöglich wird das Ziel der Versorgung mit Erneuerbaren dann hochgesetzt“, sagte Energieministeriumssprecherin Claudia Lippert gegenüber den PNN. Schließlich sei man mit der Versorgung inzwischen relativ weit vorangeschritten.

Wie sehr die Produktion grüner Energie gestiegen ist, wird in der Mittelmark am Vergleich zum Jahr 2000 deutlich: Damals wurden nur 4,2 Prozent des Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt. Wie damals macht noch heute Windkraft den größten Teil des Stromes aus. Die Anlagen produzierten gut 1300 Watt pro Einwohner, Solaranlagen etwa 1040 Watt und Blockheizkraftwerke gut 120 Watt.

Besonders ländliche Regionen schneiden gut ab

Für die hohe Selbstversorgung mit Strom sind besonders die ländlichen Regionen des Kreises verantwortlich. So wurde im Gebiet um Niemegk gut fünfmal mehr Strom produziert als dort benötigt wird. Einen ähnlichen Wert erreicht das Gebiet um Treuenbrietzen. Am wenigsten können sich die dicht besiedelten Gemeinden der Metropolregion selbst versorgen. Kleinmachnow deckte nur 0,6 Prozent seines Strombedarfes, Schwielowsee 0,7 Prozent. In Teltow und Werder (Havel) wurde immerhin etwa jede zehnte benötigte Kilowattstunde selbst produziert.

Der Landkreis lässt sich derzeit zur Erstellung einer Energie- und Klimastrategie beraten. Laut Wolfgang Lorenz will man damit unter anderem Unternehmen überzeugen, sich im ländlichen Raum niederzulassen – schließlich seien dort Gewerbeflächen günstig und die Firmen könnten ihren Strom mit benachbarten Windrädern selbst produzieren. „Zudem müssen wir den Wärmebedarf im Kreis deutlich absenken, da ist bisher kaum etwas passiert“, so Wolfgang Lorenz. Großen Bedarf an neuen Windparks im Kreis sieht Lorenz nicht mehr. In Zukunft werde es eher um das Ersetzen kleinerer älterer Räder gehen. Eine moderne Anlage produziere etwa zweieinhalbmal mehr Strom als die mehr als zehn Jahre alten Modelle.

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