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Die Ermittlungen zum Tötungsdelikt in Teltow dauern an.

© dpa

Weiteres Asylbewerberheim in Potsdam-Mittelmark: Landkreis braucht neues Heim für 200 Flüchtlinge

Am Donnerstag wurde ein neues Flüchtlingsheim in Stahnsdorf eröffnet. Trotzdem fehlen weitere Unterkünfte im Landkreis. Und es wird schwieriger, Sozialarbeiter für die Einrichtungen zu finden.

Von Enrico Bellin

Potsdam-Mittelmark - Potsdam-Mittelmark muss noch in diesem Jahr ein weiteres Wohnheim für mindestens 200 Flüchtlinge einrichten. Das bestätigte die Leiterin des Fachbereichs Soziales und Wohnen, Gertrud Meißner, am gestrigen Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Grund seien die weiter steigenden Flüchtlingszahlen. Der Landkreis werde statt geplanter 750 bis 800 Flüchtlinge in diesem Jahr Unterkünfte für mehr als 1000 Flüchtlinge bereitstellen müssen. Zu einem möglichen Standort wollte die Kreisverwaltung noch keine Aussage treffen.

„Wir stehen aber zu unserem Wort, keine weiteren Heime in der Teltower Region anzusiedeln“, sagte Meißner. Wenn das am Donnerstag bezogene zweite Gebäude in Stahnsdorf voll belegt ist, werden allein in Stahnsdorf und Teltow zusammen rund 700 Asylbewerber leben. Mehr seien für das soziale System der Region wie die Kitas und Schulen nicht zu verkraften, hieß es. Teltow sei grundsätzlich aber eine sehr gute Lage für die beiden Wohnheime, in denen derzeit 410 Asylbewerber wohnen. Es sei nahe an Potsdam und Berlin, zudem seien die Einwohner sehr um die Flüchtlinge bemüht.

Alle Standards in Teltow erfüllt

Wie berichtet wurde am Dienstag ein 21-jähriger Somalier im Wohnheim an der Potsdamer Straße erstochen. Gegen einen 35-jährigen Somalier, der mit dem Opfer ein Zimmer teilte, wurde Haftbefehl erlassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit zum Tathergang. „Der Vorfall hätte nicht verhindert werden können“, sagte der stellvertretende Landrat Christian Stein (CDU). Eine Betreuung bis in die privaten Zimmer der Flüchtlinge sei nicht möglich. „Wir tun alles, um für Menschen, die zum Teil traumatisiert hier ankommen, den Aufenthalt so weit wie möglich zu verbessern“, sagte Stein. So würden im Teltower Übergangswohnheim alle vorgegebenen Standards mehr als erfüllt. Eine von Flüchtlingsorganisationen geforderte dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern sei nicht möglich.

Laut Oliver Skibbe, im Kreis für das Gebäudemanagement zuständig, stünden den Flüchtlingen in Teltow statt vorgeschriebener sechs Quadratmeter pro Person acht bis zwölf zur Verfügung. Das Gebäude, in dem der Somalier starb, ist hauptsächlich für alleinstehende Flüchtlinge gedacht. Dort leben 210 Asylbewerber, im Block für Familien leben noch einmal 200 Flüchtlinge. Beide Häuser werden rund um die Uhr von zwei Wachschützern bewacht, die auch auf den Fluren kontrollieren. Auch das sei mehr als gesetzlich vorgeschrieben. „Die Pauschale, die wir vom Land für den Wachschutz bekommen, deckt nur die Hälfte der Kosten ab“, sagte Skibbe. Den Rest zahlt der Landkreis.

Einwohnerversammlungen sind nicht geplant

Eine Einwohnerversammlung in Teltow, um die Bevölkerung über die Gegebenheiten rund um das Flüchtlingsheim aufzuklären und eventuellen Ängsten nach dem Tötungsdelikt zu begegnen, sei derzeit nicht geplant. „Die Teltower sind gut mit den Flüchtlingen vernetzt, außerdem informiert die Stadt regelmäßig im kommunalen Portal“, sagte Meißner.

Direkt nach dem Mord wurde der Wachschutz für zwei Tage verdoppelt. Auch sind laut Gertrud Meißner Notfallseelsorger vor Ort, um Mitarbeiter und Bewohner zu betreuen. Den Bewohnern hätten Dolmetscher den Tatbestand erläutert. Eine Übersetzung sei jedoch besonders für die somalischen Bewohner schwer, da es nur einen Dolmetscher für die Sprache in Berlin gebe. Der Kreis suche derzeit verstärkt nach Übersetzern für mehrere afrikanische Sprachen, damit die Flüchtlinge ihre Sorgen und Probleme künftig besser mitteilen können.

Mehr Sozialarbeiter wünschenswert

Generell sind Sozialarbeiter vor Ort, die vier Tage pro Woche Sprechstunden anbieten und mehrere Sprachen sprechen. Ein Sozialarbeiter sei für 93 Bewohner zuständig, gesetzlich sei einer für 120 vorgeschrieben. Natürlich wären mehr Sozialarbeiter laut Meißner schön, „der Wunsch ist aber anders als die Wirklichkeit“. Zudem befürchtet sie, dass es nach dem Tötungsdelikt in Teltow schwieriger wird, neue Sozialarbeiter zu finden, die für zusätzliche Einrichtungen benötigt würden. Es gebe ohnehin kaum Bewerber. Der aktuelle Vorfall verschlechtere die Chancen, neues Personal zu finden.

Der logistische Aufwand für Wachschutz und Betreuung seien der Hauptgrund, warum künftige Wohnheime eine Kapazität von mindestens 200 Flüchtlingen haben müssten, hieß es. Lediglich Kontingentflüchtlinge aus Syrien sollen weiterhin in einzelnen Wohnungen dezentral untergebracht werden. Dazu habe es vor Kurzem Gespräche mit Michendorf und Kleinmachnow gegeben. Auch in Werder wohnen syrische Flüchtlinge in einem privaten Haus. Für ein großes Flüchtlingsheim habe die zweitgrößte Stadt im Kreis laut dem ersten Beigeordneten Christian Große (CDU) aber keine geeigneten Immobilien.

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