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Auslaufmodell. Ein Eimerkettenbagger im Tagebau Jänschwalde. Die Braunkohle-Verstromung in Deutschland soll spätestens 2038 enden.

© Patrick Pleul/dpa

Ausstieg aus der Kohle: Kohle-Aus beschert Lausitz Milliardenpaket

Beschluss zur Abschaltung der Kraftwerke. Förderpaket für betroffene Region. Woidke: „Historischer Tag“.

Potsdam/Berlin - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach von einem „historischen Tag“. Nach jahrelangem gesellschaftlichem Ringen haben Bundestag und Bundesrat am Freitag den Weg für den Ausstieg aus der Kohle frei gemacht. Bis spätestens 2038 werden alle Stein- und Braunkohlekraftwerke in Deutschland stillgelegt – und wenn möglich bis 2035. Gleichzeitig wurde das Strukturstärkungsgesetz beschlossen, das die Kohleregionen mit Investitionen im Umfang von bis zu 40 Milliarden Euro vor dem wirtschaftlichen Ruin bewahren soll.

Zehn Milliarden Euro für die Braunkohleregion Lausitz

In Brandenburg ist die Lausitz stark vom beschlossenen Ausstieg aus der Braunkohle betroffen. Deshalb bekommt das Land für die Region rund zehn Milliarden Euro Hilfen vom Bund. So sieht der Ausstiegsplan aus: Das Kraftwerk Jänschwalde soll von Ende 2025 bis Ende 2028 vom Netz gehen, das Kraftwerk Schwarze Pumpe bis Ende 2038 stillgelegt werden. Kernprojekte der Strukturstärkung sind das Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus mit medizinischer Hochschulausbildung, der Ausbau der Bahn-Instandhaltung Cottbus mit rund 1200 zusätzlichen Arbeitsplätzen, der Ausbau der Bahnverbindung Cottbus-Berlin und der Autobahn A13, die Ansiedlung neuer Bundeseinrichtungen wie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Cottbus sowie Projekte zur Wasserstofftechnologie.

Das Ende der Stromerzeugung mit Kohle soll der Bundesrepublik helfen, die Klimaziele für 2030 zu erreichen: Bis dahin muss die Energiewirtschaft den Ausstoß von Treibhausgasen um etwa 62 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 verringern. Dabei geht es darum, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf „weit unter“ zwei Grad Celsius zu beschränken.

Kritik am Zeitplan und Entschädigungszahlungen

Doch es gibt heftige Kritik: Vor allem der Zeitplan und die vorgesehenen Entschädigungszahlungen für Kraftwerksbetreiber in Höhe von gut vier Milliarden Euro werden bemängelt. Bei der Debatte im Bundestag forderte die Grünen-Parteivorsitzende Annalena Baerbock den Ausstieg schon bis 2030. Dieser sei nötig, um die Klimaziele zu erreichen. Stattdessen sei das Kohleausstiegsgesetz an entscheidenden Stellen aufgeweicht worden.

Bld nicht mehr unter Dampf. Die Kühltürme des Braunkohlekraftwerkes Jänschwalde der LEAG (Lausitz Energie Bergbau AG).
Bld nicht mehr unter Dampf. Die Kühltürme des Braunkohlekraftwerkes Jänschwalde der LEAG (Lausitz Energie Bergbau AG).

© Patrick Pleul/dpa

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch hielt dagegen, dass es ein „Riesenerfolg“ für den Klimaschutz sei, dass mit Deutschland erstmals ein hochindustrialisiertes Land per Gesetz gleichzeitig aus Kohle und Atomkraft aussteige. Auch Woidke betonte diesen doppelten Ausstieg. Wenn es nun gelinge, die Erneuerbaren Energien zu Wirtschaftstreibern zu machen, „dann werden andere Regionen in Europa und weltweit diesem Beispiel folgen“, sagte er. Brandenburgs Regierungschef erklärte weiter, der Kohleausstieg helfe nicht nur dem Klimaschutz, sondern fördere dank der Strukturhilfen auch die Sicherheit der Beschäftigten in der Branche. Bis zur Verabschiedung der Gesetze sei es „ein langer Weg“ gewesen, so Woidke. Nun habe man die Mittel in der Hand, den Ausstieg aus der Kohle zur Erfolgsgeschichte zu machen.

Sorben sehen Bekenntnis zum sorbischen Volk

Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte, der Ausstieg komme zu spät, sei zu teuer und lege künftigen Regierungen unnötig Fesseln an. Der Bund Lausitzer Sorben (Domowina) sieht in den beschlossenen Gesetzen hingegen ein Bekenntnis Deutschlands zum sorbischen Volk. So seien Maßnahmen zur Förderung und Bewahrung von sorbischen Traditionen in der Lausitz als bisheriger Bergbauregion aufgenommen worden, sagte Domowina-Chef Dawid Statnik. Die Lausitzer Wirtschaft forderte die schnelle Umsetzung der Hilfen. „Mit der überfälligen Verabschiedung der Gesetze können die Menschen, die Unternehmen und die Institutionen der Region jetzt endlich den langen Prozess der Strukturentwicklung angehen“, erklärte der Geschäftsführer der Wirtschaftsinitiative Lausitz, Klaus Aha. Der in der Lausitz aktive Braunkohlebetreiber Leag kündigte für September ein Konzept zum geregelten Kohleausstieg an. (mit dpa)

Mey Dudin

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