zum Hauptinhalt
Modellprojekt. Seniorengerechter Wohnungsbau in Nuthetal.

© B. Stelley

Potsdam-Mittelmark: Knapper Wohnraum, hohe Hürden

Auch künftig entstehen laut dem Chef der Teltower Wohnungsbaugesellschaft WGT nicht genügend Neubauwohnungen – obwohl der Bedarf da sei

Teltow - Eine eigene Wohnung und doch nicht allein. Vor sieben Jahren entstand in Teltow ein Wohnhaus für Senioren mit Mehrzweckraum für gemeinsame Veranstaltungen und Spiele, einem Pflegedienst, der im Notfall verfügbar ist, und Nachbarn, die hilfreich zur Seite stehen. Die Nachfrage nach Seniorenwohnungen ist im Umland enorm gewachsen, gedeckt werden kann sie derzeit und wohl auch in Zukunft nicht. Denn obwohl Modelle wie das Seniorenwohnhaus in der Geschwister-Scholl-Straße in Teltow beliebt und zukunftstauglich sind, werden sie kaum gebaut. Grund sind die hohen Baupreise und spezielle Auflagen, die die Kosten in die Höhe treiben. Auch konterkarieren sie das Ziel, preiswerten Wohnraum für die älter werdende Bevölkerung anzubieten, wie der Geschäftsführer der Teltower Wohnungsbaugesellschaft (WGT), Michael Kuschel, sagt.

In den kommenden Jahren werden nicht nur Einwohnerzuwächse insgesamt für die Berliner Umlandkommunen prognostiziert, auch die Zahl der älteren Menschen in den Speckgürtelgemeinden wird enorm zunehmen. In den vergangenen Jahren hat die Wohnungsbaugesellschaft viel in den seniorengerechten Ausbau der vorhandenen Wohnbauten investiert.

„Entscheidend für Seniorenwohnungen ist, dass sie barrierefrei zugänglich sind“, sagt der Experte. Das bedeute etwa, Aufzüge nachzurüsten. Doch nicht alle der alten DDR-Platten lassen kostengünstige Veränderungen zu. Oftmals werden mit den Aufzügen zu wenige Wohnungen erreicht, was die Mietnebenkosten für die einzelnen Mieter, die durch Investition und Wartung der Fahrstühle entstehen, steigen lässt, so Kuschel.

Inzwischen hat die Wohnungsbaugesellschaft 240 barrierefreie Wohnungen in ihrem Bestand, 90 davon wurden neu gebaut, wie zuletzt an der Paul-Singer-Straße. Im kommenden Jahr wird es einen weiteren Neubau an der Zehlendorfer Straße geben. Reichen wird das nicht.

Schon heute ist der Wohnraum für Senioren, aber auch junge Leute zu knapp. Kuschel spricht von Wartezeiten in Teltow bis zu einem Dreivierteljahr. Ähnlich sieht es in Stahnsdorf und Kleinmachnow aus. „Die Wartezeit für eine Wohnung liegt im Moment bei einem Jahr“, sagt auch Kleinmachnows Gemeindesprecherin Martina Bellack. In der Nachbarkommune sind in den vergangenen Jahren 104 seniorengerechte Wohnungen am Rathausmarkt und in der Heinrich-Heine-Straße entstanden, 20 bis 25 Wohnungen werden noch an der Förster-Funke-Allee gebaut. Für weitere größere Projekte gebe es in Kleinmachnow kaum mehr Grundstücke.

Dabei ließe sich der Wunsch, dauerhaft in der lieb gewordenen Wohnung zu verbleiben, oft nur durch einen Neubau realisieren, sagt WGT-Chef Kuschel. Häufig sind es die kleinen Dinge, die für Senioren zu Problemen führen, etwa Türausschnitte, die für einen Rollator zu klein geraten sind, Türschwellen oder ein unzureichender Wendekreis im Bad.

In Stahnsdorf, wo die Teltower Wohnungsbaugesellschaft auch Wohnungen verwaltet, ist bislang am wenigsten passiert – obwohl hier die größten Zuwächse erwartet werden (siehe Kasten). Die Gemeinde hat mittlerweile reagiert und ein Konzept für senioren- und altersgerechtes Wohnen entwickelt.

Der Stahnsdorfer Seniorenbeirat will sich dafür einsetzen, dass mehr seniorengerechte Wohnungen in Stahnsdorf entstehen, etwa an der Annastraße, am benachbarten Güterfelder Damm, an der Hildegardstraße. Zwar gebe es noch mehr freie Flächen, doch nicht jede sei geeignet, schließlich wollen die Senioren nicht an der Peripherie, sondern mitten im Leben wohnen.

Auch Michael Kuschel weiß, dass geplante Neubauten keine Lösung für die akut gewordene Situation sind. Dafür sei das Bauantragsverfahren zu kompliziert und langwierig. Von der Idee bis zur Umsetzung vergingen einige Jahre. Kuschel rät zu mehr seniorengerechten Angeboten wie dem Seniorenwohnhaus in der Geschwister-Scholl-Straße.

Doch auch hier gibt es Hürden, die Auflagen für solche Bauten sind hoch. „Die Situation ist paradox“, erklärt er. Würde er ein Wohnbauprojekt von Beginn an als Seniorenwohnhaus deklarieren, kämen zusätzliche Hygiene- und Brandschutzvorschriften hinzu, die den Bau immens verteuerten. Diese reichten von automatischen Brandschutztüren bis hin zum Vorhalten eines Hausschlüssels in einem an der Außenwand angebrachten beheizten Tresor. „Das wirkt sich auf die Miete aus“, sagt Kuschel. Zudem schlage auch die hohe Nachfrage zu Buche, die die Baupreise in die Höhe schnellen ließe. Während für umgerüstete Wohnungen derzeit zwischen sechs und 7,20 Euro netto kalt zu berappen sind, sind Neubau-Wohnungen günstigstenfalls ab acht Euro netto kalt zu haben. „Wir wissen aber, dass die Mehrheit unserer Klientel nicht über eine üppige Rente verfügt“, so Kuschel. Er sieht die Politik gefordert. „Die Stadt braucht ein Gesamtkonzept und ein Gremium, wie etwa einen Runden Tisch, das Bauherren und Entscheider aus Politik und Verwaltung zusammenbringt“, fordert er. Und auch die Wohnraumförderung müsse überdacht werden. Heute könne man mit einem Wohnberechtigungsschein in eine Sozialwohnung einziehen, müsse sie aber nicht verlassen, wenn sich der Status ändere. Das führe dazu, dass am Ende vielleicht gar nicht die Bedürftigen in den Sozialwohnungen leben, so Kuschel.Solveig Schuster

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false