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Potsdam-Mittelmark: High-Tech aus dem Oderbruch

Die Traditionsfirma Sauer aus Müllrose baut eine gewaltige Orgel in Düsseldorf / Die Auftragsbücher sind gefüllt

Die Traditionsfirma Sauer aus Müllrose baut eine gewaltige Orgel in Düsseldorf / Die Auftragsbücher sind gefüllt Von Jörg Schreiber Regelrecht winzig wirkt Orgelbaumeister Peter Fräßdorf vor dem riesigen, fast bis zum Deckengewölbe reichenden Instrument auf der Empore. Der technische Geschäftsführer der Traditionsfirma Sauer Orgelbau aus Müllrose bei Frankfurt (Oder) hat für mehrere Wochen vom Osten in den Westen der Republik gewechselt: In der Evangelischen Auferstehungskirche von Düsseldorf-Oberkassel wird der 59-jährige Intonateur die neueste Sauer-Orgel bis Ende April zum Klingen bringen. Mit 65 Registern gehört die Nummer 2272 zu den größten Orgeln, die die 1857 gegründete Firma seit dem Zweiten Weltkrieg baute. Ein Jahr lang hatten Sauer-Mitarbeiter in Müllrose Pfeifen, Windladen und viele andere bis zu 300 Kilogramm schwere Einzelteile gefertigt. Seit September vergangenen Jahres wurde das Instrument in Düsseldorf aufgebaut, sagt Fräßdorf. Zu Himmelfahrt soll das nach Angaben der Kirchengemeinde gut eine Million Euro teure Wunderwerk mit dem anspruchsvollen Namen Europa-Orgel „Felix Mendelssohn“ eingeweiht werden. Der Versuch, gleichzeitig den Komponisten – der drei Jahre lang Musikdirektor in Düsseldorf war – und das gemeinsame Europa zu würdigen, „ist mir in dieser Kühnheit bisher nicht bekannt“, verweist Fräßdorf auf den sehr hohen Anspruch des Vorhabens. So werde das Instrument Klangtraditionen aus klassischen europäischen Orgelbauländern wie Frankreich oder Spanien ebenso aufnehmen wie moderne Klangformen. Auch Computertechnik sei eingebaut worden. „Aus Sicht des Orgelbaus ist das High-Tech“, sagt der Meister, der 45 Jahre Berufserfahrung hat. Der Bau der Düsseldorfer Orgel nahm die kleine Firma lange, aber nicht ausschließlich in Beschlag. „Jetzt backen wir wieder kleinere Brötchen“, sagt Fräßdorf. Er sehe aber „mit innerer Ruhe“ in die Zukunft, die Auftragsbücher seien bis ins Jahr 2005 hinein gefüllt. Fertig gepackt stehen Kisten für den Transport ins russische Tomsk bereit, wo Sauer gegenwärtig eine 1981 erbaute Orgel in einem Konzertsaal modernisiert. Ein Auftrag aus Frankreich sei bereits für 2005 gebunden. Und Anfang 2005 solle auch die Sauer-Orgel im Berliner Dom zu ihrem 100. Jubiläum aufgefrischt werden. Das Instrument sei durch die dauernden Bauarbeiten in dem Sakralbau und die heizungsbedingte Trockenheit stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Eine Befeuchtungsanlage sei angedacht, um dieses Kulturgut zu retten. Pflegeverträge führen die Sauer-Mitarbeiter regelmäßig fast durch ganz Deutschland bis ins Rheinland, nach Niedersachen und Thüringen. Routine komme aber nie auf, sagt Fräßdorf. Jede Orgel sei eine Besonderheit. Der Bau der Pfeifen, die Auswahl des Materials, die Anpassung an die Architektur des Gebäudes und schließlich die Intonation seien immer wieder eine Herausforderung. Bei der Vielzahl der Arbeiten müssten die 19 Mitarbeiter - darunter 4 Auszubildende - sehr flexibel einsetzbar sein. Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ist stabil, seit Jahren werden „bescheidene Gewinne“ eingefahren, sagt Fräßdorf. Die Folgen des Konkurses der einstigen Muttergesellschaft Walcker-Mayer im saarländischen Kleinblittersdorf vor über vier Jahren seien überwunden. Im April 2000 hatten vier Sauer-Mitarbeiter die „W. Sauer Orgelbau Frankfurt (Oder) GmbH“ gegründet. Inzwischen habe die neue Gesellschaft auch das Firmengrundstück in Müllrose von der Gläubigerversammlung gekauft. Das schaffe Sicherheit, beende aber auch alle Spekulationen, das Unternehmen wieder an seinen Gründungsort Frankfurt zurückzuverlegen. Weiteres im Internet unter: www.sauerorgelbau.de und www.evinok.de

Jörg Schreiber

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