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Die Freiwillige Feuerwehr in Döllen in der Prignitz.

© IMAGO/F. Anthea Schaap

Freiwillige Feuerwehren in Nöten: Schlechte Ausstattung behindert die Retter

Klimawandel, alte Gerätehäuser, Nachwuchssorgen: Die Wehren in Mittelmark stehen unter Druck - auf dem Dorf stärker als in der Stadt.

Für die neue Wache der Feuerwehr in Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark) wurde gerade der Grundstein gelegt. Ein zweigeschossiges, vollunterkellertes Gebäude mit Umkleiden, Sanitär- und Schulungsräumen sowie Büros und Küche soll es werden. Die Fahrzeughalle umfasst 600 Quadratmeter und bietet Platz für sieben Stellplätze. Darunter liegen Waschhalle, Lager und Werkstätten. Im Sommer 2024 soll die neue „Annawache“ - sie steht in der Annastraße - fertig sein.

Mit Blick auf die meisten anderen Feuerwachen in der Mark werden die Kameradinnen und Kameraden in Stahnsdorf dann eine Luxusausstattung genießen. „Es gibt ein starkes Nord-Süd-Gefälle“, sagt Kreisbrandmeister Jens Heinze, wenn man ihn nach der Lage der Wehren im Landkreis Potsdam-Mittelmark fragt. Reichere Kommunen im Speckgürtel Berlins oder solche, die von Einnahmen durch Gewerbegebiete profitierten wie beispielsweise Werder (Havel) oder Beelitz, könnten ihre Feuerwehren besser aufstellen als solchen in entfernteren Regionen wie Treuenbrietzen oder Wiesenburg an der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt.

Kreisbrandmeister Potsdam-Mittelmark Jens Heinze

© Kreis Potsdam-Mittelmark

Fast alle arbeiten im Ehrenamt

Dabei sind eine gute Ausstattung und Platz für neue Löschfahrzeuge extrem wichtig, wie angesichts der jüngsten großen Waldbrände im Landkreis im vergangenen Sommer überdeutlich wurde. 198 Ortsfeuerwehren zählt der Kreis Potsdam-Mittelmark und 3600 Feuerwehrleute in den 19 Ämtern, Städten und Gemeinden. Fast alle von ihnen sind ehrenamtlich im Einsatz. Nur eine Wache im Kreis ist auch mit hauptamtlichen Kräften besetzt: die Feuerwehr Teltow. Sie kann eine 24-Stunden-Einsatzbetreuung gewährleisten.

Brandenburgweit sind es nach Angaben des Landes-Feuerwehrverbandes über 38.000 Feuerwehrleute, die ehrenamtlich löschen und retten. Hinzu kommen 700 Beamte und Angestellte in fünf Berufsfeuerwehren, rund 300 Beamte und Angestellte in 13 hauptamtlich besetzten Freiwilligen Feuerwehren sowie rund 900 Einsatzkräfte in neun Werkfeuerwehren.

Hochmodern: So soll die neue Feuerwache in Stahnsdorf einmal aussehen.

© Gemeinde Stahnsdorf

Alte Gerätehäuser erschweren Arbeit

In Potsdam-Mittelmark blieb die Zahl der Feuerwehrleute über die vergangenen Jahre relativ konstant. Heinze fürchtet, dass dies nicht mehr lange der Fall sein wird. „Die jüngere Generation hat nicht mehr so viel Interesse am Ehrenamt in der Feuerwehr“, sagt der 47-jährige Treuenbrietzener. Ein sich häufendes Problem: Die Ehrenamtler wohnen nicht vor Ort, weil sie dort keine Arbeit finden. Viele von ihnen arbeiteten im Schichtdienst, das mache es schwierig, Tagesbereitschaften zu besetzen.

Daneben erschwerten alte Gerätehäuser den Einsatzkräften die Arbeit. „In vielen kleineren Orten gibt es nur eine Halle, in der sich die Feuerwehrleute auch umziehen müssen“, sagt Heinze, der seit August 2018 Kreisbrandmeister ist. Zuvor war der Familienvater 13 Jahre lang stellvertretend auf dem Posten tätig und davor Stadtwehrführer in Treuenbrietzen. Auch fehle das sogenannte Schwarz-Weiß-Prinzip, die Trennung von schmutziger und sauberer Kleidung. „Wir atmen bei jedem Brand gesundheitsschädliche Stoffe ein.“

Problem: Klimawandel

Der Klimawandel stellt die Wehren vor neue Herausforderungen. Neben Autounfällen und Wohnungsbränden häufen sich die Einsätze wegen Waldbränden, Herbst- und Frühlingsstürmen sowie Überschwemmungen. „Wir haben massive Niederschläge“, sagt Heinze. Dass das Grundwasser in Brandenburg immer weiter sinkt, bereitet bei Einsätzen Probleme. Die Löschwasser-Entnahmestellen sind nicht mehr ausreichend gefüllt. „Weniger Grundwasser bedeutet auch weniger Löschwasser“, fasst Heinze zusammen.

Um dennoch an Wasser zu kommen, müssten regelmäßig neue Brunnen angelegt werden. „Wir ziehen das Grundwasser teils aus 130 Metern Tiefe. Dazu muss gebohrt werden, dafür brauchen wir Notstrom, denn im Wald gibt es keinen Strom“.

 Wir haben massive Niederschläge.

Jens Heinze, Kreisbrandmeister in Potsdam-Mittelmark

Ein weiteres Thema ist die Munitionsbelastung - gerade in Brandenburgs Wäldern liegt viel Sprengstoff unter der Erde. Munitionsbelasteten Flächen dürfen die Einsatzkräfte nicht näher als 1000 Meter kommen. Das macht die Löscharbeiten unglaublich schwierig, weiß Heinze. Der Abstand gelte auch für die Löschflugzeuge, die in Brandenburg immer häufiger bei Waldbränden zum Einsatz kommen. „Wenn Flugzeuge einen Abstand von 1000 Meter einhalten, kommt unten nicht mehr viel Wasser an.“

Munitionsbelastete Flächen waren auch bei den Waldbränden in Treuenbrietzen ein Problem. Heinze war hier als Anwohner und Feuerwehrmann im Einsatz gleich doppelt betroffen. „Das geht schon nahe, wenn das eigene Haus, das der Nachbarn, von Freunden und Familie von Flammen bedroht wird“, sagt er. „Die nächsten Jahre werden uns vor Herausforderungen stellen.“ Fühlt er sich vorbereitet? „Wir sind auf einem guten Weg, uns besser aufzustellen.“

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