zum Hauptinhalt

DasWAR“S: Einheit am Himmel

DasWAR“S Warum Peter Könnicke am 3. Oktober mal nach oben schaut Leicht versetzt zieht der Mond vor der Sonne vorbei Klingt irgendwie romantisch, oder?

DasWAR“S Warum Peter Könnicke am 3. Oktober mal nach oben schaut Leicht versetzt zieht der Mond vor der Sonne vorbei Klingt irgendwie romantisch, oder? Liest sich wie eine Passage in einem Afrika-Roman oder in einem Bergsteiger-Tagebuch. Doch wir reden hier von einer partiellen Sonnenfinsternis. Am Montag wird das passieren. Am 3. Oktober. Am Tag der Einheit wird“s dunkel. Ein bisschen zumindest. Der Mond wird sich am Morgen langsam vor die Sonne schieben und wir werden am Tag, an dem wir ein Volk wurden, zum Himmel starren und uns freuen, dass es uns Sonne und Mond gleich tun und sich vereinen. Allerdings nur teilweise. An den 3. Oktober vor 15 Jahren kann ich mich kaum noch erinnern. Ich saß im Garten meiner Eltern, es war schon dunkel als mein Vater nach Hause kam und ich ihn fragte, ob er gefeiert habe. Er fragte, was es zu feiern gebe. Kurz zuvor war ich nach Berlin-Schöneberg gezogen, wo ich am Bayrischen Platz meine erste eigene Wohnung hatte. Ich empfand Berlin als große Herausforderung. Ich hatte mich an der Freien Universität eingeschrieben und wer sich einmal als Ortsfremder durch die Rostlaube in Dahlem geschlagen hat, weiß, wie sehr dies den Grad an Selbstständigkeit erhöht. Ich wollte Germanistik und Englisch studieren. In Englisch fiel ich durch den Diagnostiktest, weshalb ich „English for you“ und „Anne“ und „Mike“ aus dem DDR-Bildungsfernsehen verdammte. Ich glaube, ich konnte besonders gut den Satz „Say after me please!“ sagen, doch hat das beim Diagnostiktest nicht gereicht. Auch kannten sie an der FU weder Anne und Mike, noch interessierte es jemanden, dass ich einmal drei sowjetische Brieffreundinnen gleichzeitig hatte: Ella, Lena und Irina. Statt Englisch begann ich Grundschulpädagogik zu studieren, bis ich mein erstes Orientierungspraktikum hatte. Das war an einer Hauptschule in Neukölln. Das Praktikum erfüllte seinen Zweck und ich orientierte mich neu. Überhaupt war das erste Jahr der deutschen Einheit eine wichtige Orientierungsphase. In einer Nebenstraße vom Hohenzollerndamm fuhr ich mein erstes Auto, einen Jetta, zu Schrott. Ich war noch nicht reif für ein Automatikgetriebe. Bei einem Türken in der Wilmersdorfer Straße habe ich einmal drei Döner hintereinander geschafft. Der vierte wäre umsonst gewesen. Und im Einheitsherbst habe ich das erste Mal eine Erotikshow gesehen. Der Eintritt war frei, aber ein Bier hat schlappe 10 Mark gekostet. Wenn ich dran denke, werde ich am Montag mal zum Himmel schauen. Man soll sich dabei nicht blenden lassen, raten die Astrologen. Als ob wir das in 15 Jahren nicht gelernt hätten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false