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Zweimal täglich Stau. Bereits seit Jahren liegen beim Landesbetrieb für Straßenwesen Pläne für eine Ortsumfahrung von Ruhlsdorf in der Schublade.

© Manfred Thomas

Potsdam-Mittelmark: Ein Dorf wird zum Nadelöhr

Seit der Potsdamer Flughafenzubringer eröffnet ist, sucht sich der Verkehr in Ruhlsdorf ungeahnte Wege

Teltow - Das beschauliche Ruhlsdorf hat viel zu bieten: In Teltows Ortsteil steht das Deutsche Schweinemuseum. Gleich in der Nähe wachsen Teltows berühmte Rübchen. Es gibt eine idyllische Kirche, viele Pferde, Hühner und seit Anfang des Jahres mindestens zweimal täglich einen dicken, fetten Verkehrsstau, der den ganzen Ort lähmt.

„Es ist katastrophal“, sagt Ruhlsdorfs Ortsvorsteher Berndt Längrich (SPD). Seit im vergangenem Dezember im Süden des rund 1500 Einwohner zählenden Dorfes der autobahnähnliche Flughafenzubringer zwischen der Potsdamer Nutheschnellstraße, der Bundesstraße 101 und der Großbaustelle Schönefeld eröffnet wurde, drängelt sich viel mehr Verkehr durch den Ort. Nur knapp zwei Kilometer sind die neuen Auf- und Abfahrten des vierstreifigen Zubringers, der neuen Landesstraße 40, von Ruhlsdorf entfernt. Viele Autofahrer, Transporter und Lkws nutzen die Ortsdurchfahrt Ruhlsdorf, um so ihren Weg von dort nach Berlin, Teltow, Kleinmachnow oder Stahnsdorf abzukürzen. Jeden Morgen kurz vor Dienstbeginn und jeden Nachmittag kurz nach Feierabend ist die Hauptstraße im Dorf verstopft.

„Es ist schlimm geworden“, sagt Längrich. „Die Autos stehen meilenweit“ – teilweise sogar die zwei Kilometer bis zur Autobahn. Egal ob der Verkehr aus Potsdam, Großbeeren oder Ludwigsfelde kommt oder eben aus der Gegenrichtung von Berlin genau dorthin will: Alle müssen über die einzige Ampelkreuzung im Dorf. „Die Leute in Ruhlsdorf grummeln und grummeln schon“, sagt Längrich. „Es muss eine Lösung her.“

Und die gibt es sogar. Bereits seit Jahren liegen beim Landesbetrieb für Straßenwesen Pläne für eine Ortsumfahrung von Ruhlsdorf in der Schublade. Das sagt Chefplaner Frank Schmidt. Konkret geht es dabei um den Ausbau des sogenannten Schenkendorfer Wegs, so ist es im Landesstraßenbedarfsplan für die Jahre 2010 bis 2024 festgeschrieben. Über die darin geplante Straße könnten die Autofahrer Ruhlsdorfs einzige Ampelkreuzung umfahren. Aber: „Das ist keine Maßnahme mit Priorität“, sagt Schmidt.

Mit anderen Worten: Die Ausweichstraße kommt in den nächsten Jahren nicht. „Die Finanzlage beim Land ist nicht so doll, wir investieren deshalb lieber erst in bestehende Straßen, statt neue zu bauen“, sagt Schmidt. Also Stau und Lärm für alle Ruhlsdorfer auf lange Zeit? Nicht ganz, sagt Schmidt. Eine Hoffnung für die geplagten Dorfbewohner bleibt der Neubau einer anderen Straße: der Landesstraße 77neu.

Um das Verkehrsnetz der Region zu verstehen, lohnt ein Blick auf die Straßenkarte. Darauf ist zu erkennen, dass auch die geplante L77 neu Ruhlsdorf entlasten könnte: Die neue Straße soll eines Tages parallel zur Ruhlsdorfer Ortsdurchfahrt vom Potsdamer Flughafenzubringer abgehen. Sie würde zum nahen Stahnsdorfer Gewerbegebiet führen. Von dort könnten Autofahrer weiter nach Teltow, Kleinmachnow und Berlin fahren. Es wäre die derzeit fehlende Masche im Verkehrsnetz, sagt Schmidt. Immerhin ist der Bau geplant, das Geld steht in Aussicht. Noch immer Klagen aber zwei Flächeneigentümer dagegen. Der Baustart ist ungewiss.

Für Ruhlsdorf heißt es deshalb wohl vorerst weiter warten. „Ich habe keine Vorstellungen, wie der Stau sonst weg soll“, sagt Ortsbürgermeister Längrich. Dabei sei es nicht nur der Stau, der Lärm und die Abgase, die den Ruhlsdorfern zu schaffen machen, sondern auch die Schwierigkeit, sich selbst mit dem Auto im Ort fortzubewegen. „Es ist ganz entsetzlich“, sagt Längrich. Er selbst habe minutenlang in seinem Wagen an einer kleinen Seitenstraße gestanden und vergeblich auf eine Lücke im Verkehr gehofft, um nach links auf die Hauptstraße abbiegen zu können. „Man steht und steht und steht und ist auf Gottes Gnaden angewiesen“, sagt Längrich.

Bis die erhofften Ausweichstraßen kommen, hat er deshalb beim Landesbetrieb für Straßenwesen eine weitere Entlastungsmaßnahme angeregt: Demnach könnte an Ruhlsdorfs Dorfplatz ein großer ovaler Kreisverkehr entstehen. Die Flächen für den Bau hat die Kommune bereits erworben, sagt Längrich. Was zur Umsetzung fehlt, ist das Geld vom Land – keine Chance, heißt es dazu aber auch von Chefplaner Frank Schmidt.

Ortsvorsteher Längrich will trotzdem nicht aufgeben: Die Umfahrungsstraßen oder zumindest der Kreisverkehr seien aus seiner Sicht die einzigen Möglichkeiten, Ruhlsdorf wieder vom Verkehr zu befreien. „Damit wir das Dorf wieder als Dorf wahrnehmen können“, sagt Längrich. Mit Pferden und Hühnern, aber ohne viel Verkehr.

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